Ein Kommentar

Die Anbiederung

Dienstag, 16. Oktober 2018 | 10:18 Uhr

Kastelruth – Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini weiß, wie man im Wahlkampf die Werbetrommel rührt. Es geht um Emotionen und Volksnähe. Selfies werden dort geschossen, wo sich die Menschen versammeln und wohlfühlen – wie etwa beim traditionellen Fest der Kastelruther Spatzen.

Das jährliche Spatzenfest ist ein gänzlich unpolitisches, jährliches Massenevent für Fans der volkstümlichen Musik, viele davon reisen aus Deutschland an. Trotzdem wurde Salvini bei seinem Auftritt dort frenetisch empfangen. Auf zahlreichen Videos im Internet sieht man den Lega-Chef von Fans umringt.

Dass er gegen Migranten und Roma hetzt und auch die Nähe zum Faschismus nicht scheut, stört seine Bewunderer offenbar nicht. Ausgerechnet am Geburtstag des faschistischen Diktators Benito Mussolini schrieb er auf Twitter “Tanti nemici, tanto onore”, was so viel heißt wie “Viel Feind, viel Ehr”. Derselbe Spruch steht etwa auf den Böden der faschistischen Bauten des Sportstättenkomplexes Foro Italico (ehemals Foro Mussolini) in Rom, wo auch “Duce Duce Duce” eingelassen ist.

Ganz egal ist es zumindest einigen Freunden der Volksmusik dann doch nicht. Das Spatzengefieder sei „teilweise braun“ und „nach dem Auftritt mit Salvini vergießen die Dolomiten tatsächlich Tränen“, postete etwa ein User auf Facebook.

Die Rechtfertigung der Kastelruther Spatzen ließ nicht lange auf sich warten. Sänger Norbert Rier erklärte, die Band wolle mit Politik nichts zu tun haben. Die Musiker hätten Salvini nicht zu dem Fest eingeladen.

Südtirol ist nun mal ein Tourismusland. Man ist grundsätzlich zu jedem höflich. So scheint es zumindest. Doch die Spatzen können es drehen und wenden, wie sie wollen. Dass auf der Bühne das Glas gemeinsam zum Prosit erhoben wurde, ist und bleibt ein Signal – und hätte so nicht passieren müssen.

Von: mk

Bezirk: Salten/Schlern