Ein Kommentar

Die Zeit drängt

Dienstag, 24. Januar 2023 | 01:13 Uhr

Bozen – Der Ukrainekrieg scheint sich derzeit in einen zermürbenden Stellungskrieg zu verwandeln. Keine der Kriegsparteien konnte bislang die eigenen Ziele erreichen, doch könnte Russland den längeren Atem haben. Sollte es den russischen Soldaten gelingen, sich entlang der Front festzukrallen, hätte Putins Streitmacht genügend Zeit, für Nachschub zu sorgen und sich in den kommenden Monaten auf eine neue Offensive vorzubereiten.

Während Russland Schätzungen von Militärexperten zufolge zu 2.000 Panzern noch einmal rund 2.000 zusätzlich an die Front bringen kann, diskutiert man im Westen von zehn bis 15 Panzern für die Ukraine. Zwar ist die Qualität besser, doch Russland kann auf schiere Masse zählen.

Erst kürzlich hat die Ukraine “einige hundert” Kampfpanzer für die angestrebte Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete gefordert. “Jeder Panzer, der kampffähig ist, muss heute an unserer Front sein”, schrieb Präsidentenbürochef Andrij Jermak am Montag. Doch davon ist man weit entfernt. Auch die Mobilisierung von neuen Soldaten scheint in Russland nach Anfangsschwierigkeiten nun doch zu laufen.

Die Ukraine ist von Waffenlieferungen des Westens abhängig. Die zögerliche Haltung von NATO-Mitgliedern wie Deutschland ist für das überfallene Land deshalb besonders bitter. Doch nicht nur Deutschland hält sich bedeckt.

Von den 50 bis 100 geforderten HIMARS haben die USA in der Vergangenheit nur 20 geliefert. Auch der Forderung nach Kampfflugzeugen ist der Westen bislang kaum nachgekommen. Die Niederlande haben erst jetzt signalisiert, dass sie möglicherweise Kampflugzeuge des Typs F16 liefern.

Dabei drängt die Zeit. Soll eine russische Offensive in den kommenden Monaten abgeblockt werden, braucht die Ukraine eine breite Palette an Waffensystemen, um sich zur Wehr zu setzen. Russland versteht nur Härte. Um Erfolg am Verhandlungstisch zu haben, braucht die Ukraine zunächst Erfolge auf dem Schlachtfeld.

Von: mk

Bezirk: Bozen