Von: mk
Moskau/Lienz – Die Welt hat den Atem angehalten, als der russische Präsident Wladimir Putin verkündet hat, die die Abschreckungswaffen inklusive der Atomstreitkräfte in erhöhte Alarmbereitschaft zu versetzen. Doch wie ernst kann man eine solche Drohung nehmen? Der Osttiroler Experte für Körpersprache, Stefan Verra, analysiert, was Putin auch ohne Worte verrät.
Ist der Kremlchef wirklich zum Äußersten bereit? Viele stellen sich diese Frage, seit Russland Ende Februar die Ukraine überfallen hat.
Als ehemaliger KGB-Agent verfügt Putin über ein gelerntes Pokerface. Dennoch gibt es Signale seiner Körpersprache, die auch er nicht vollständig unterdrücken kann. Stefan Verra erklärt, warum die Botschaft für uns so beunruhigend wirkt.
„Er sitzt an einem Tisch, die Ellbogen breit ausgestreckt, die Finger vor sich verschränkt, also relativ formlos“, erklärt Verra. Gleichzeitig verkündet er etwas Ungeheuerliches, das die ganze Welt bewegt. „Da entsteht in der Kommunikation eine Asymetrie“, analysiert Verra.
Das bedeute in diesem Fall: Die Körpersprache wirke relativ salopp, aber der Inhalt sei unglaublich bedeutsam. Verra greift auf eine Analogie zurück, um die frappierende Diskrepanz zu verdeutlichen: „Das wirkt dann so, wie ein Vereinsobmann, der ein wenig zu lang Obmann und sich seiner Position zu sicher ist. Er muss sich nicht mal für so eine wichtige Rede in Haltung bringen“, betont Verra.
Jeder andere Staatsmann oder Politiker würde bei so einer Aussage vor einem Rednerpult stehen und ein vorgefertigtes Statement ablesen. Nicht so im Fall von Putin: Er redet frei.
Verra erkennt das daran, dass Putin häufig blinzelt. Jeder mache das, etwa beim Halten eines Vortrags, wenn man nicht mehr weiter weiß und man nach Worten sucht.
Dieser Unterschied zwischen der relativ lockeren Haltung und der Tragweite seiner Aussage rufe Unsicherheit im Beobachter hervor, unterstreicht Verra.
Von Ferndiagnosen über Putins geistigen Zustand hält der Experte für Körpersprache wenig. Evidenzbasiert könne man nicht sagen, dass Russlands Präsident nicht mehr zurechnungsfähig sei. Vielmehr glaubt Verra, dass Putin zu lange an der Macht war und nur mehr Gefolgsleute um sich hat, die ihm nicht widersprechen. Das würde auch seine lockere Haltung bei Äußerungen dieser Dimension erklären.