Droht der Verkehrskollaps?

Erneuerung der Lueg-Brücke: Ab 2024 wird es ernst

Montag, 13. März 2023 | 17:08 Uhr

Brenner – Die Luegbrücke auf der Autobahn im Tiroler Wipptal muss erneuert werden. Heute gab es dazu einen Austausch in Innsbruck mit Vertreterinnen und Vertretern des Südtiroler, Tiroler und Trentiner Landtages. Dabei wurde unter anderem bekannt: Die Sanierungsarbeiten sollen sechs Jahre andauern und werden spürbare Auswirkungen auf den Verkehr entlang der Brennerroute haben, dies- wie jenseits der Grenze.

Die Luegbrücke auf der A13 in Nordtirol muss nicht einer Grundsanierung, sondern einer kompletten Erneuerung unterzogen werden. Die Verbindungsstücke aus Eisen, die die Zementteile der Überführung zusammenhalten, sind korrodiert und es besteht die Gefahr, dass sie nachgeben. Die Arbeiten beginnen im Jahr 2024 und dauern voraussichtlich bis 2030.

Möglicherweise einspuriger Verkehr

Über den aktuellen Zustand der Luegbrücke wurden die Abgeordneten von Asfinag-Alpenstraßen-GmbH-Geschäftsführer Stefan Siegele informiert. Demnach erfordern die Korrosionsschäden an der 55 Jahre alten und 1,8 Kilometer langen Brücke neben den bereits getroffenen Maßnahmen unter Umständen noch weitere, wie etwa die Einführung einer Einspurigkeit pro Fahrtrichtung.

Bernhard Knapp, Leiter der Abteilung Verkehrs- und Seilbahnrecht des Bundeslands Tirol, berichtete über das vom Land Tirol geplante Maßnahmenpaket, das den Neubau der Luegbrücke begleiten soll. Dieses beinhaltet auch Vorkehrungen, sollte es aufgrund von gravierenden Akutschäden zu einer Totalsperre der bestehenden Brücke kommen. So seien Verkehrsdosierungen an allen Grenzübergängen vorgesehen, ebenso Fahrverbotsregelungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit auf diversen Straßen in ganz Tirol. Zudem würde es zu Einschränkungen des Lkw-Verkehrs auf der B182 Brennerstraße zwischen Matrei und dem Grenzübergang Brenner kommen.

Slot-System

Die Lkw-Slot-Studie für den Brennerkorridor hat indes Martin Vallazza, Direktor der Abteilung Mobilität des Landes Südtirol, präsentiert. Dabei wurde untersucht, inwieweit eine digitale Verkehrssteuerung – ähnlich der Güterabwicklung in Häfen oder Umschlagterminals – dazu beitragen kann, den Verkehrsfluss zu gewährleisten und gleichzeitig die negativen Auswirkungen des Autobahnschwerverkehrs zu reduzieren.

Nach Ansicht des Europarechtsexperten Walter Obwexer wäre ein Slot-System machbar, sofern ein internationales Abkommen zwischen Deutschland, Österreich und Italien abgeschlossen würde; die Anzahl der Slots sollte technisch entsprechend der maximalen Kapazitätsgrenze der Infrastruktur festgelegt werden, und die Zuteilung sollte niemanden diskriminieren, sagte Obwexer.

Über ein großes Investitionspaket auf der Brennerautobahn berichtete Hartmann Reichhalter, Präsident der A22 Brennerautobahn AG. Davon seien rund eine Milliarde Euro für die Sanierung von Kunstbauten – etwa Brückenkonstruktionen – vorgesehen. Im Zuge dieser vorsorglichen Arbeiten sollte es jedoch zu keinen gravierenden Einschränkungen des Verkehrsflusses kommen, so Reichhalter.

An der Veranstaltung teilgenommen haben die Präsidentin des Südtiroler Landtages, Rita Mattei,  Vizepräsident Josef Noggler, die Präsidialsekretäre Franz Locher und Helmuth Renzler, die Fraktionssprecherinnen und Fraktionssprecher Magdalena Amhof, Peter Faistnauer, Brigitte Foppa, Sven Knoll, Paul Köllensperger, Ulli Mair, Diego Nicolini, Sandro Repetto, Josef Unterholzner und Carlo Vettori sowie Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider. Sie trafen u.a. auf Abgeordnete des Tiroler Landtags, Tirols Landeshauptmann Anton Mattle, den Tiroler Verkehrslandesrat René Zumtobel und den Trentiner Landtagspräsidenten Walter Kaswalder.

STF warnt vor Verkehrschaos

Die Süd-Tiroler Freiheit warnt unterdessen vor einem Verkehrschaos. „Anstatt gemeinsam an Verkehrskonzepten zu arbeiten, kocht jeder sein eigenes Süppchen. Die ASFINAG musste sogar zugeben, dass ein grenzüberschreitender Tunnel unter dem Sattelberg ― als Alternative zum Neubau der Luegbrücke ― nicht einmal geprüft wurde“, erklärt die Bewegung.

Im schlimmsten Fall werde es während den Bauarbeiten zum Neubau der Brücke zu einer jahrelangen Einspurigkeit auf der Autobahn kommen, wenn nicht gar zu einer völligen Sperre dieses Abschnitts, so der Landtagsabgeordnete Sven Knoll.

Foppa: „Schiene forcieren“

Für die grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa war es sehr beeindruckend festzustellen, was für ein Nadelöhr diese Brücke und wie zerbrechlich das gesamte Transportsystem ist. „Millionen Tonnen Güter, die jährlich über den Kontinent rollen, sind von ein paar Stahl- und Betonteilen einer Brücke abhängig. Beeindruckend sind auch die Lösungsansätze, die allesamt auf Umleitung und Umlenkung fußen, aber den Verkehr immer auf der Straße halten“, erklärt Foppa.

Dabei könnte ihrer Ansicht nach die Sanierung der Luegbrücke eine Gelegenheit für ein grundsätzliches Umdenken sein. „Es wäre endlich der Moment, um die Schiene tatsächlich zu forcieren. Das lärm- und abgasgequälte Wipptal wäre dankbar, der Klimaschutz auch“, so Foppa.

Faistnauer für Slot-System

Der Abgeordnete der Landtagsfraktion Perspektiven Für Südtirol, Peter Faistnauer, spricht sich dafür aus, das von Südtiroler Seite erarbeitete Slot-System zu implementieren. Zudem wäre mit der Best-Weg-Strategie eine Möglichkeit gegeben, lenkend eingreifen zu können, indem Frächter durch gezielte Maßnahmen motiviert werden, den kürzesten Weg zu fahren und nicht, wie aktuell häufig, den billigsten.

„Bei gesetzlicher Verankerung der Best-Weg-Strategie würde ein Drittel der aktuell auf der Brennerachse verkehrenden Lkws umgehend wegfallen“, erklärt Faistnauer. Weiters gelte es, Maßnahmen zur Erreichung der EU-Ziele, bis 2050 die Hälfte der internationalen Transporte und ein Großteil der Personentransporte auf die Schiene zu verlegen, zu implementieren.

„Hinsichtlich der Erneuerung der Luegbrücke ab 2024 und um den kompletten Verkehrskollaps im Wipptal zu verhindern, ist ein Abfahrverbot für Transitverkehr auf rangniedere Straßen absolut notwendig“, so der Abgeordnete.

Von: mk

Bezirk: Wipptal