Von: APA/dpa/Reuters
Im aufgeheizten Konflikt zwischen den Atommächten Indien und Pakistan hat sich die Lage mit der Vereinbarung einer Waffenruhe vorerst offenbar beruhigt. Der Pakt schien zwar fragil, hielt am Sonntag vorerst aber. In der Nacht gab es keine schweren Vorwürfe oder Berichte über Angriffe beider Seiten mehr. Indien hatte den pakistanischen Streitkräften am Samstagabend noch Verstöße gegen die Feuerpause vorgeworfen. Diese wurden von der Gegenseite umgehend dementiert.
Die beiden Staaten, die seit Jahrzehnten um die Kontrolle über die Himalaya-Region Kaschmir streiten, hatten sich am Samstag nach vier Tagen gegenseitiger Drohnen- und Raketenangriffe auf eine Waffenruhe verständigt. Dabei hatten die USA vermittelt und Druck auf beide Seiten ausgeübt. Nach der Verkündung der Vereinbarung waren nach Angaben von Bewohnern und Behörden am späten Samstagabend jedoch Explosionen in den Städten Srinagar und Jammu im indischen Teil Kaschmirs zu hören.
Indien warf Pakistan Bruch der Waffenruhe vor
Indien warf Pakistan vor, die Waffenruhe gebrochen zu haben. Pakistan wies dies zurück und machte seinerseits Indien für Verstöße gegen die Vereinbarung verantwortlich. Reporter der Nachrichtenagentur Reuters berichteten, die über Nacht gemeldeten Kämpfe und Explosionen seien im Morgengrauen auf beiden Seiten der Grenze abgeflaut.
Im indischen Teil Kaschmirs wurde in den meisten Orten entlang der Grenze die Stromversorgung wiederhergestellt, nachdem es in der Nacht zuvor zu einem Stromausfall gekommen war. In der Grenzstadt Amritsar, der Heimat des von den Sikhs verehrten Goldenen Tempels, löste am Morgen eine Sirene Erleichterung aus, die zur Wiederaufnahme des normalen Lebens aufrief. Menschen waren in den Straßen zu sehen. In Pakistan teilten die Behörden mit, dass es in der Nacht in Bhimber im pakistanischen Teil Kaschmirs einige Schüsse gegeben habe. Sonst sei es aber ruhig geblieben, und es habe keine Opfer gegeben.
Trump: Arbeite mit beiden Staaten an Lösung für Kaschmir
US-Präsident Donald Trump zeigte sich zufrieden mit der von den USA vermittelten Waffenruhe. Er sei sehr stolz auf die starke und unerschütterliche Führung in Pakistan und in Indien, schrieb er am späten Samstagabend auf seiner Plattform Truth Social. Beide hätten die Stärke, voll und ganz zu verstehen, dass es Zeit gewesen sei aufzuhören. “Ich werde mit Indien und Pakistan zusammenarbeiten, um zu sehen, ob nach ‘tausend Jahren’ eine Lösung für die Kaschmir-Frage gefunden werden kann”, fügte er hinzu. Zudem werde er den Handel mit beiden Staaten ausweiten. Details nannte er jedoch nicht.
Um Kaschmir haben das mehrheitlich hinduistische Indien und das überwiegend muslimische Pakistan seit ihrer Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1947 bereits zwei ihrer drei Kriege geführt. Beide Länder beanspruchen die Region im Himalaya vollständig für sich, sie kontrollieren jedoch jeweils nur einen Teil davon.
Die jüngsten Kämpfe wurden ausgelöst durch einen Anschlag am 22. April im indischen Teil Kaschmirs, bei dem 26 Touristen getötet wurden. Indien macht dafür muslimische Extremisten mit Verbindungen nach Pakistan verantwortlich. Pakistan bestreitet eine Verwicklung. Nachdem es zunächst zu Schusswechseln und vereinzelten Gefechten in der Grenzregion gekommen war, startete Indien am vergangenen Mittwoch Luftangriffe auf – nach seinen Angaben – terroristische Ziele in Pakistan. Das Nachbarland reagierte mit Gegenangriffen. Insgesamt sollen auf beiden Seiten fast 70 Zivilisten ums Leben gekommen sein.
Zuvor wechselseitige Luftangriffe
Der Konflikt zwischen den beiden Ländern hatte sich in den vergangenen Tagen erheblich verschärft, es gab Gefechte an der Grenze und gegenseitige Luftangriffe. Am Samstag wurde dann überraschend die Einigung auf eine Waffenruhe bekanntgegeben. Die USA hatten nach Angaben von Trump zwischen den beiden südasiatischen Atommächten vermittelt. Laut US-Außenminister Marco Rubio vereinbarten die beiden Seiten den Beginn von Gesprächen über verschiedene Streitthemen, die auf neutralem Boden stattfinden sollen.
Bis in die Kolonialzeit zurückreichende Konflikte tragen zu den Spannungen bei – ebenso wie die Tatsache, dass Indien hinduistisch geprägt ist und in Pakistan vor allem Muslime leben. Zu den größten Streitpunkten gehört außerdem, dass Indien einen Vertrag ausgesetzt hat, der die Wassernutzung des Indus und seiner Nebenflüsse in beiden Ländern regelt.
Pakistans Regierung dankt Unterstützern
Der pakistanische Premierminister Shehbaz Sharif bedankte sich in einer Rede an die Nation bei Trump für dessen Unterstützung einer Waffenruhe. Auch andere Länder wie Saudi-Arabien, Großbritannien, die Türkei, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate hätten eine wichtige Rolle bei den Bemühungen um eine Feuerpause gespielt.
Laut CNN hatte sich die US-Regierung wegen besorgniserregender Geheimdiensterkenntnisse zu einer drohenden Großeskalation des Konflikts als Vermittler eingeschaltet – so hätten es drei gut informierte Quellen im Regierungsapparat dem US-Sender bestätigt. Unter anderem habe Trumps Vizepräsident JD Vance deshalb am Freitag mit dem indischen Premierminister Narendra Modi telefoniert.
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