Von: mk
Bozen – Der Landtag hat heute die Generaldebatte zu den drei Gesetzentwürfen zum Haushalt wieder aufgenommen.
Brigitte Foppa (Grüne) zeigte sich zunächst mit Kollegin Ladurner solidarisch, die gestern mit ihrer Haarfarbe angesprochen worden sei. Sie bezog sich auf die Meldungen zur SAD und zeigte sich entrüstet, dass in diesem Land mit der untersten Schublade Politik gemacht werde. Diese Art von Politik habe Österreich in eine politische Krise gestürzt. Foppa wandte sich an die Abg. Ladurner und Unterholzner und ihre Aussagen zur Impfung. Mit Unterholzner könne sie sich nicht identifizieren, mit Ladurner bis zu einem gewissem Punkt. Es könne nicht zur Strategie gehören, Menschen mit Ängsten zu beschimpfen und zu verhöhnen. Man werde dafür vielleicht viel Zustimmung bekommen, aber es bringe nichts, sondern erzeuge Widerstand. Man schaffe Ausgrenzung und Parallelgesellschaften, oft auf dem Rücken der Kinder.
Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) widersprach den Aussagen von LR Vettorato zur italienischen Schule. Das Schulamt verbreite Daten außerhalb der Realität zu den Kindern mit besonderen Bedürfnissen, einmal seien es 955, einmal 1.240 und einmal 411. Diese Schüler hätten derzeit keine Stützlehrer. Die italienische Schule habe Personalbedarf, das Land hätte die Zuständigkeit für die Lehrerausbildung, aber die Politik warte auf ein Einvernehmen mit Rom. Dieses Missverhältnis im Vergleich zu den anderen Sprachgruppen sorge für Unbehagen. Vettorato habe gestern das Bürgereinkommen als Einkommen der Nichtstuer bezeichnet, das sei eine Beleidigung der Geringverdiener durch jemanden, der monatlich 8.000 Euro netto bekomme. Es gebe mehr Missbrauch bei den Fahrtickets, aber niemand wolle sie deswegen abschaffen. Er habe nicht der Landesregierung vorgeworfen, sie sei “grün wie der Dollar”, er habe die Hoffnung geäußert, dass es nicht so sei.
Jasmin Ladurner (SVP) dankte Foppa für die Solidarität, wehrte sich aber gegen die Vorwürfe zur Impfdebatte. Sie fordere, dass über die Impfpflicht diskutiert werde. Josef Unterholzner (Enzian) betonte, dass es ein Menschenrecht sei, dass jeder entscheide, was er mit seiner Gesundheit mache. Skepsis gegenüber einem Mittel, das keine ordentliche Zulassung habe, sei berechtigt. Mit einem starken Immunsystem und einer guten Genesung habe er sicher genauso viele Antikörper gebildet wie ein Geimpfter. Jeden Tag erreichten ihn Anrufe von besorgten Eltern, gestern wegen einer überfallartigen Green-Pass-Kontrolle im Bus. Der Green Pass gebe den Menschen nur eine falsche Sicherheit, und dadurch werde derzeit der Virus verbreitet. Das sage die Wissenschaft. Geimpfte seien genauso ansteckend und könnten erkranken. Viele würden nach der Impfung sterben, aber es würden keine Obduktionen vorgenommen. Die Impfskeptiker zahlten ihre Steuern wie alle anderen.
Im Gefängnis habe der Bischof den Häftlingen zu Weihnachten einen Neuanfang gewünscht, bemerkte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). Auch dem Landtag habe er eine Botschaft überbracht, unter anderem den Wert des besinnlichen neben dem berechnenden Denken. Die Landesregierung habe es bisher noch nicht geschafft, die einzelnen Ausgaben im Haushalt auf ihren Sinn zu prüfen. Das Budget der Mobilität habe sich fast verdoppelt. Der ÖPNV müsse finanziert, die Straßen müssten instandgehalten werden, aber 542 Mio. Euro seien viel. Vieles davon werde in den Tiefbau gehen. Hoch dotiert sei die Sanität, wobei einige Spesen vom Staat gedeckt wurden. Wenn man einiges von der Mobilität in die Sanität stecken würde, könnte man viel machen. Vor allem bei der Pflege gebe es Nachholbedarf. Er fragte, ob es die Landesrätin für klug halte, wegen des Impfzwangs auf 700 Fachkräfte zu verzichten. Man hätte auch mit Tests und Maskenpflicht weiterarbeiten.
Seniorenheime und Angehörige der Senioren seien von den Einschränkungen hart getroffen worden. Dem Sozialbereich seien 100 Mio. entzogen worden, hoffentlich nicht der Pflege. Seit vier Jahren verspreche LR Deeg ein neues Wohnbaugesetz, um das Wohnen leistbarer zu machen. Ein Instrument wäre die Überarbeitung der Kriterien für den geförderten Wohnbau. Statt mit einem neuen Wohnbaugesetz komme Deeg nun mit einem Gesetz zum WOBI. Die Südtiroler würden auf Lösungen warten, aber sie seien es mittlerweile gewohnt, dass keine kämen. Der Schule würden viele Lehrer fehlen. Es wäre höchste Zeit, die Gehälter anzupassen. Der Logopädiedienst werde gestrichen, stattdessen habe man 200.000 Euro für die Merkel-Werbung übrig. Wenn man die Tests nicht gratis bieten wolle, sollte man sie wenigstens günstig anbieten.
Das neue Raumordnungsgesetz habe Schwächen, die aber nicht alle der Landesrätin anzurechnen seien. Er hoffe, dass der Vorschlag zu den Satteldächern angenommen werde. Das Ressort für Landwirtschaft und Tourismus erhalte zwei Mio. mehr, wohl auch, um die Einbrüche im Tourismus zu kompensieren, der allerdings aber heuer im Sommer einen Zuwachs von 30 Prozent zu verzeichnen habe. Zu den Maßnahmen in der Landwirtschaft habe Ex-EU-Kommissar Fischler kein gutes Urteil abgegeben. Es fehlten Maßnahmen, um das Produkt und seine Wertschöpfung in den Mittelpunkt zu stellen, stattdessen gehe es mehr um Kubaturen und Beiträge. Es sei möglich, die Ausschreibungen so zuzuschneiden, dass lokale Produkte zum Zuge kämen. Der Landeshauptmann sollte in punkto Landwirtschaft nicht immer auf die Grünen hören. Man dürfe an die Landwirtschaft nicht nur mit Wunschvorstellungen denken.
Die Coronamaßnahmen in Mittel- und Südeuropa habe zu großen gesellschaftlichen Umwälzungen geführt. Jene, die die Wissenschaft ablehnten, seien Leugner, aber auch jene, die die Impfung überbewerteten. Er erschrecke, wenn auch Akademiker im Umgang mit anderen jede Hemmschwelle missachteten. Ladurner z.B. habe gestern einen ganzen Bevölkerungsteil verurteilt. Sie habe vor Vergleichen mit Diktaturen der Vergangenheit gewarnt. Diese würden immer hinken, aber es gebe Muster, die man vergleichen könne. So habe es z.B. während der Option eine starke Propaganda gegeben, und man habe darüber gestritten, wer die besseren Südtiroler seien. Die kollektive Ausblendung von Fakten, egal von welcher Seite, das Verallgemeinern, der Personenkult – solche Zeichen lösten bei ihm Alarm aus. Die Landesregierung spreche von Freiwilligkeit, arbeite aber mit Zwang, fordere Zusammenhalt und sorge für Ausschließung. Wer mit Menschen so rede, könne sich nicht Vertrauen erwarten. Es gebe in punkto Vertrauen viele Gräben zu schließen, nicht nur wegen Corona. Ein Ausschluss von nachweislich gesunden Menschen, also getesteten, verletze Bürgerrechte. Diese Maßnahme sei nicht medizinisch gerechtfertigt, man wolle zur Impfung treiben. Die Gültigkeit des Grünen Passes werde willkürlich verändert, unabhängig von der Zahl der Antikörper. Leiter Reber warnte, dass dieses Modell auch morgen für andere Themen eingesetzt werde, vielleicht zum Klimaschutz. Vielleicht werde es dann einen Klimacheck für jeden Bürger geben. Leiter Reber forderte mehr Transparenz bei den Coronazahlen: Echte Daten gäben Sicherheit.
Er fragte, wann man die Steuerautonomie angehen wolle, und forderte Transparenz auch bei den Durchführungsbestimmungen. Er möchte wissen, ob sich die Wahlsüdtiroler Bressa und Boschi hier ins Zeug gelegt hätten. Sie seien hier gewählt worden und hätten die Pflicht, sich für dieses Land einzusetzen. Transparenz sei auch zu Olympia nötig, z.B. ob in diesem Haushalt schon Olympiagelder für den Straßenbau drin seien. Transparenz forderte Leiter Reber auch beim Recovery Fund, der Landtag wisse nichts über die finanzierten Projekte. Er hoffe, dass man im Landtag die richtigen Lösungen finde und dass man das richtige Maß zwischen rechnendem und besinnlichem Denken finde.
LR Giuliano Vettorato ging auf die Vorwürfe Nicolinis ein. Er habe auf den Stellenzuwachs in der italienischen Schule in den letzten Jahren hingewiesen, er habe auch das Problem der Supplenten angesprochen, die noch keinen festen Vertrag hätten, und eine Lösung angekündigt, die mit den Gewerkschaften abgesprochen sei. Die Frage der Stützlehrer werde bei der nächsten Sitzung der Landesregierung besprochen, hier brauche es eine Abstimmung zwischen den drei Schulen. Das Einvernehmen mit Rom brauche es für eine lokale Lösung zur Ausbildung und Einstellung, denn die deutschen und ladinischen Lehrer hätten keine Konkurrenz aus dem ganzen Staatsgebiet.
Stellungnahmen von Faistnauer, Lanz und Schuler – Replik von Kompatscher
Der Teufel stecke im Detail, meinte Peter Faistnauer (Perspektiven Für Südtirol) zum Budget für Raum und Landschaft. Zwei Drittel der Baukommissionen würden mit Verwaltungsbeamten ohne Kenntnisse im Bauwesen besetzt. Diese müssten einen 30-stündigen Kurs absolvieren. Er schlug vor, die geschlossenen Höfe den Ansässigen vorzubehalten, um Zweitwohnungstourismus zu vermeiden. Privatzimmervermieter und Urlaub auf dem Bauernhof seien gleich zu behandeln. Faistnauer kritisierte die Aussetzung der Maschinenförderung. Im Zivilschutz werde es mehr Mittel für außerordentliche Maßnahmen zum Schutz vor Naturgefahren brauchen. Für die Tarifverhandlungen für die Führungskräfte seien beträchtliche Mittel vorgesehen, für das andere Personal nicht.
Die Zeit sei von großer Unsicherheit geprägt, bemerkte Gerhard Lanz (SVP), die Leute seien auch sensibler geworden. Der Zugang zu Informationen seit heute ungleich größer, und dennoch würden alternative Fakten geglaubt. Die Aussage, dass “nur” 0,7 Prozent der Bevölkerung durch Corona sterben, sei kein Argument.
In diesen schwierigen Zeiten habe man einen reichlich ausgestatteten Haushalt. Daher verwundere es, wenn dauernd noch mehr Ausgaben gefordert würden. Der Ruf nach Gemeinsamkeit sei nicht glaubwürdig, wenn man sich aus gemeinsamen Initiativen verabschiede. Niemand verstehe es, wenn man dem eigenen Stürmer vor dem leeren Tor reingrätsche. Beim Thema Impfen sollte man sich zuerst auf die Fakten einigen, bevor man mit Meinungen komme. Vergessen werde oft, warum man in dieser Situation sei. Es gebe keine Alternative zum Impfen. Wenn das Immunsystem genug sei, um sich vor Corona zu schützen, dann würde es auch für andere Krankheiten gelten und man müsste die Krankenhäuser in Frage stellen. Unterholzner sollte nicht nur die anderen Abgeordneten respektieren, sondern auch das Faktenwissen der Experten.
Niemand habe eine Freude mit einer Steuererhöhung. Die Wertschöpfungssteuer Irap sei eingeführt worden, damit jene Betriebe, die durch erhöhten Materialeinsatz einen Mehrgewinn haben, davon etwas der Allgemeinheit zurückgeben. Das Personal werde nicht mehr berechnet, die Passivzinsen könnten nicht von den Kosten abgezogen werden, aber sie würden nicht besteuert. Das Land habe die Betriebe in der Krise unterstützt, daher könne man auch die Irap-Erhöhung vertreten, auch weil Südtirol für Unternehmen attraktiv sei.
Wie in einer Familie seien nicht alle mit den getroffenen Entscheidungen einverstanden. Wenn jemand befürchte, die heutigen Einschränkungen würden morgen auf andere Themen ausgeweitet würden, etwa den Klimaschutz, dann müsse man ihn daran erinnern, dass es bereits heute dazu Einschränkungen gebe. Die Pandemie habe Konflikte offengelegt, die es schon gegeben habe.
Das Verhältnis zwischen laufenden und Investitionsausgaben werde immer wieder aufgeworfen. Lanz kündigte eine Tagesordnung zum Thema an. Dieser Haushalt sei ein Rekordhaushalt, auch dank der geschickten Verhandlungen des Landeshauptmanns mit Rom. Für die künftigen Herausforderungen brauche es Reserven, aber es gebe auch das Bewusstsein von der Zusammensetzung unserer Gesellschaft und ihren Bedürfnissen. Er bedauerte, dass man mit der Mehrheit nicht den Dialog, sondern mehr den Konflikt suche. Man müsse aber den Dialog führen, wenn es um die Zukunftsgestaltung gehe, um die großen Themen. Zum sog. Ausverkauf der Heimat erklärte Lanz, dabei gehe es immer um einzelne Privatgeschäfte, um private Entscheidungen, an denen die Landesregierung nicht beteiligt sei.
Arnold Schuler (SVP) wehrte sich gegen den Vorwurf Faistnauers, er sei der Landesrat der Obst- und Weinbauern. Bei der Einführung der Maschinenförderung habe es nur diese Unterstützung gegeben, heute gebe es mehrere Maßnahmen, vor allem Steuerabzüge. Heute stelle der Staat viel Geld für die Maschinenförderung bereit, und es habe keinen Sinn, dass das Land im gleichen Ausmaß weiterfördere. Man werde aber jene unterstützen, die bei der staatlichen Förderung durch den Rost fielen. In seiner Amtszeit habe die Förderung der Bergbauern zugenommen, der Großteil des Agrarbudgets gehe an die Berglandwirtschaft.
LH Arno Kompatscher ging in seiner Replik auf drei große Themen ein, die Pandemie, die Nachhaltigkeit und den Haushalt selbst. Er habe in der Debatte Beiträge zur Pandemie gehört, die zum Nachdenken anregten. Es gehe um Vertrauensverlust, der leider auch die seriösen Medien betreffe, die Wissenschaft, die Institutionen insgesamt. Heute sei durch neue Kommunikationsmedien eine neue Dynamik entstanden. Das Problem stelle sich europaweit. Politik verspreche allzu oft viel, und in Südtirol habe man auch lange Zeit viele Wünsche finanzieren können. Der Massentest vor einem Jahr sei ein Erfolg gewesen, er habe Infektionsketten unterbrochen und Schlimmeres verhindert. Aber die Erwartungen seien höher gewesen, da hätte man klarer kommunizieren müssen. Die seriösen Wissenschaftler hätten nie gesagt, dass die Impfung hundertprozentig funktioniere, aber viele hätten es so verstanden und seien nun enttäuscht. Auch bei der Impfaktion vom Wochenende sei von einigen behauptet worden, bei Erfolg habe man sichere Weihnachten. In der Kommunikation müsse man abrüsten, das bedeute aber nicht, dass alle ein bisschen recht hätten. Wenn das Parlament auf der Grundlage der Verfassung Regeln aufstelle, dann hätten sich alle daran zu halten. Es gehöre aber zur Demokratie, dass man sich für die Änderung der Regeln einsetzen könne – bis dahin müsse man sie aber einhalten. Empathie ja, aber man könne nicht alles akzeptieren. Es gebe die Idee von der perfekten Welt, die irgendjemand für mich bereitstellen müsse. Der Staat könne nicht den Einzelnen jegliche Verantwortung abnehmen. Die Forderungskultur bemerke man durchaus bei der Wirtschaft, aber auch bei anderen.
Viele hätten bei der Nachhaltigkeit eine Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit bemängelt. Dem müsse er widersprechen. Man sei natürlich nicht am Ziel, aber man setze jeden Tag Maßnahmen. In diesem Zusammenhang seien die Straßenprojekte kritisiert worden, dabei handle es sich um Vorhaben, die vor Jahren beschlossen wurden und die zum Teil nur mehr fertigzustellen seien. Die Olympiagelder für die Mobilität bedeuteten zu drei Vierteln Ausbau der Schiene. Im Tourismus peile man einen Bettenstopp an. Auch in anderen Bereichen schaue man auf die Nachhaltigkeit, bei der Landwirtschaft ebenso wie bei der Schule. Der Klimaplan werde nun offen diskutiert, und alle könnten mitreden. Das nächtliche Ausschalten der Leuchtreklame werde die Welt nicht retten, sei aber ein kleiner Schritt.
Beim Haushalt kritisierten die einen den hohen Anteil der laufenden Ausgaben, die anderen die zu geringen Mittel für Soziales, Pflege, Gehälter und anderes. Das sei ein bisschen populistisch. Die Irap sei längst reformiert worden, die Gehälter würden nicht mehr besteuert, man könne sie sogar absetzen. Die Investitionsquote im Landeshaushalt sei eine der höchsten in Europa. Es sei nicht korrekt, das Anwerfen der Betonmaschine als gute Ausgabe, die Zahlung der Gehälter als schlechte Ausgabe darzustellen. Die Landesregierung habe viele Bereiche neu aufgestellt und andere abgeschafft. Kompatscher zeigte sich überrascht über die Forderung nach einer Spending Review, nach der man angeblich dasselbe Ergebnis mit weniger Personal erreichen könne. Er frage sich, wie eine Rationalisierung beim Pflegepersonal funktionieren solle. Das Land spare bereits beim Personal – indem es sich derzeit schwertue, Personal zu finden, vor allem Führungskräfte. Es schüre Neid, wenn man die Mittel für Letztere anprangere. Führungskräfte würden beim Land immer noch weniger verdienen als in der Privatwirtschaft. Es sei auch nicht korrekt, von einer ständigen Steuererhöhung zu reden. Die Irap-Erhöhung sei das erste Mal in seiner Amtszeit. Angeprangert worden sei auch Südtirols Rückgang im Ranking. Südtirol sei immer auf den vorderen Plätzen gelegen, mal Platz 10, mal sieben mal eins. Laut diesem Ranking liege Südtirol beim Ehrenamt ganz hinten – weil man nur das staatliche Onlus-Register konsultiert habe, obwohl Südtirol ein Landesverzeichnis habe. Wir Südtiroler seien aber nicht immer die besten, das hätten wir uns lange eingeredet.
“Tansparenz hilft immer”
Im zweiten Teil seiner Replik ging Landeshauptmann Arno Kompatscher auf einzelne Fragen und Bemerkungen während der Generaldebatte ein. Er mahnte zur Vorsicht bei Vergleichen zum Klimaplan, Deutschland könne derzeit nicht als Vorbild gelten. Bei den notwendigen Veränderungen zum Klimaschutz müsse man immer auch den sozialen Aspekt im Auge behalten, und das sei nicht so leicht. Für die Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst, z.B. Sanität und Schule, müsse man die Mittel aufbringen, dazu stehe er. Das müsse aber auch einhergehen mit Verbesserungen der Dienste. Die Abgeordneten sollten sich bewusst sein, dass sie gegenüber den Landesbediensteten auch Arbeitgeber seien und dass man den Dienst für die Bürger im Auge haben müsse.
Die kritisierten Speicherbecken seien im Sinne der Nachhaltigkeit, wobei jedes eigens betrachtet werden müsse. Das gelte auch für die Straßen- und Seilbahnprojekte, die nicht an sich als Widerspruch zur Nachhaltigkeit bezeichnet werden dürften. Nachhaltigkeit heiße nicht, dass man auf alle Infrastrukturprojekte verzichte. Der Tourismus sei insgesamt zu überdenken, aber zusammen mit den Touristikern. Man wolle den Nachhaltigkeitscheck einführen, ein digitales System zur Bewertung von Maßnahmen. Er habe nicht gefordert, dass die Bürger verzichten müssten, er habe von “wir” gesprochen. Dieser Verzicht könne auch neue Lebensqualität bringen, wenn man überlege, was einem wirklich Freude bereite. Man sei auf dem halben Weg zwischen Manchesterkapitalismus und ökosozialer Marktwirtschaft steckengeblieben, und dieser Weg sei weiterzugehen. Mit der GIS auf die Zweitwohnungen gebe man sich ein Steuerungsinstrument in die Hand, um Leerstand zu nutzen.
Kompatscher kritisierte die Abg. Rieder, die ein Foto von einer leeren Regierungsbank gepostet habe. Damit vermittle man ein falsches Bild, das sei nicht das, was sich in den letzten drei Tagen im Saal abgespielt habe. Bozen sei in seiner Rede nicht genannt worden, wie Repetto bemängelt habe, aber auch nicht die anderen Gemeinden. Man habe aber viel Geld zur Verfügung gestellt, um die von Bozen verlangten Projekte zu realisieren. Kompatscher versprach, die einzelnen Projekte im Rahmen der Olympiafinanzierung genauer vorzustellen.
Die Überwindung der Irap komme anscheinend schneller als erwartet, daher wolle man sich absichern. Die Kernleistungen der öffentlichen Verwaltung hätten im Haushalt Vorrang. Man werde die entsprechenden Dotierungen auch ausreichend ergänzen. Der Wolf sei ein Problem, aber man solle nicht so tun, als ob die Landesregierung ihn einfach mit Beschluss wegbringen könne.
Zur Frage, wer oder was zur Spaltung der Gesellschaft führe, meinte Kompatscher, eine Regelung an sich führe noch nicht zu einer Spaltung. Auf eine wissenschaftsfeindliche Haltung einzugehen, sei aber nicht so einfach. Deutschland und Österreich hätten vor einem Jahr wegen der Pandemie mit dem Finger auf Italien gezeigt und stünden jetzt selber schlecht da. Das zeige, dass man diese Pandemie nicht vorausberechnen könne. Es sei richtig gewesen, dass das Land in dieser Frage eigene Maßnahmen gesetzt habe. Transparenz helfe immer, auch in dieser Frage. In dieser Phase würden aber auch offizielle Daten in Frage gestellt. Er stimmte aber zu, dass man die getroffenen Maßnahmen besser begründen und kommunizieren müsse.
Kompatscher wehrte sich gegen die Feststellung, dass es mit dem Ehrenamt ständig abwärts gehe. Während der Pandemie seien 99 Vereine im Sozialbereich gegründet worden. Es gebe durchaus auch müde Vereinsmitglieder, auch wegen der Sicherheitsauflagen, aber in dieser Frage könne man keine Ausnahmen machen. So stark wie in Südtirol werde das Ehrenamt in keiner anderen Region finanziert. Es habe wenig Sinn, auf die Äußerungen Unterholzners zur Pandemie detailliert einzugehen. Er nehme immer wieder offizielle Daten her und interpretiere sie gegen die getroffenen Maßnahmen. Der Zusammenhang zwischen Testzahl und Inzidenz sei lange bekannt, aber kein Grund, weniger zu testen.
Es habe den Anschein, dass die Regierung Anträge ablehne, wenn sie von der Opposition kämen, wie Nicolini behaupte. Der Eindruck trüge, der Wille zur Zusammenarbeit bestehe. Die Meinungen gingen aber bei Proporz und anderen Autonomiebestimmungen auseinander. Diese Instrumente werde man nicht aufgeben. Man könne sich nicht darauf verlassen, dass der Minderheitenschutz jetzt eh bei allen verinnerlicht sei. Knoll freue sich über die Begnadigung Oberleiters, diese zeige auch, dass es nicht nützlich sei, den Staatspräsidenten beim Rockzipfel zu ziehen.
Furchtbar geärgert habe er sich über die Äußerungen Foppas, man habe beim Nahverkehr Aufträge “hintenherum” vergeben. Das Gericht habe festgestellt, dass keine Straftat begangen worden war. Der Wettbewerb sei sauber und im öffentlichen Interesse abgewickelt worden, die Verwaltung habe eben nicht dem privaten Druck nachgegeben.