Land leistet Sensibilisierungsarbeit

Gewalt gegen Frauen: Mit Aktionskampagnen zu mehr Bewusstsein

Mittwoch, 21. November 2018 | 17:38 Uhr

Bozen – Mit drei Maßnahmen wie dem “besetzten Stuhl”, der Aktion “weiße Schleife” und einem Videospot leistet das Land Sensibilisierungsarbeit.

Alexandra Riffeser, Rita Pissarotti, Nicoleta Caciula und Monika Gruber – das sind die Namen der vier Frauen, die im Laufe des Jahres 2018 häuslicher Gewalt zum Opfer gefallen sind und von einem ihnen nahestehenden Menschen oder Bekannten getötet wurden. In Italien wurden in den vergangenen vier Jahren 600 Frauen ermordet. Nach den Daten des staatlichen Statistikinstituts ISTAT haben 31,5 Prozent der Frauen zwischen 16 und 70 Jahren während ihres Lebens eine Form von körperlicher oder sexueller Gewalt erlitten, 5,4 Prozent der schwerwiegendsten Formen von Gewalt wie versuchte Vergewaltigung oder Vergewaltigung.

Das Frauenbüro des Landes sammelt jährlich die Daten der Frauen, die Gewalt in Südtirol erleiden, die Dunkelziffer, so schätzt man, liegt um ein Vielfaches höher. Um das Schicksal der Frauen, die körperlicher, psychischer, wirtschaftlicher und sexueller Gewalt ausgesetzt sind, in den Mittelpunkt zu Rücken und Bewusstsein für das Probelm zu bilden, wird am 25. November der Tag gegen Gewalt an Frauen begangen.

Bereits heute haben Landesrätin Martha Stocker und die Vorsitzende der Kommission für Chancengleichheit, Ulrike Oberhammer, zu einer Pressekonferenz ins Landhaus 12 in der Kanonikus-Michael-Gamper- Straße in Bozen geladen. Vier rote Stühle gaben dort im Sinne der Kampagne “Besetzter Platz” die Orte an, an denen sich die vier 2018 getöteten Frauen befunden hätten. Hinter den Stühlen war eine Reihe von Kleidungsstücken ausgelegt, um unter anderem an das jüngste Urteil in Irland zu erinnern, das den Vergewaltiger eines Mädchens wegen der einfachen Tatsache freigesprochen hatte, dass sie einen String trug.

Die Landesrätin für Chancengleichheit zitierte zu Beginn den Artikel im Grundgesetz: “Die Würde der Person ist unantastbar”, und fuhr fort: “Leider entspricht diese Aussage immer noch nicht der Realität, denn jeden Tag sind Frauen Opfer von Gewalt. Anlässlich des Tages gegen Gewalt gegen Frauen wollen wir uns an den beiden Initiativen ‘Der besetze Platz’ und ‘Die weiße Schleife’ beteiligen, die der Erinnerung an Frauen gelten, die Mordopfer geworden sind, und auch das Bewusstsein von Männern gegen Gewalt gegen Frauen schärfen.” Die Präsidentin der Kommission für Chancengleichheit hingegen unterstrich, dass Frauen in Südtirol auf ein effizientes Unterstützungsnetz zählen könnten und auch die Staatsanwaltschaft in dieser Hinsicht gut arbeite. “Die Daten zeigen, dass in 80,5 Prozent der Fälle Gewalt von Angehörigen und Bekannten ausgeübt wird und daher die Behauptung, dass es sich um Migranten handelt, widerlegt werden muss”, betonte Oberhammer weiter.

Die jüngste Ausgabe des vom Frauenbüro herausgegeben Magazins “ëres” widmet sich ausschließlich dem Thema Gewalt gegen Frauen und bietet eine Fülle von Daten und Informationen dazu. Auch die Landesrätin für Familie, Waltraud Deeg, nimmt zum Thema Gewalt Stellung und gibt zu bedenken, dass Gewalt sich oftmals innerhalb der häuslichen Mauern abspiele. Deshalb sei es von grundlegender Bedeutung, innerhalb der Familie gewaltfreies Sozialverhalten einzuüben und somit als Eltern positive Vorbilder zu sein. “Das Verhalten der Väter prägt die Kinder wesentlich. Gerade deshalb ist es wichtig, Gewalt in jeder Form – physisch wie psychisch – zu meiden”, führt die Landesrätin weiter aus.

Frauen im KVW: Gewalt muss zu einem gesellschaftlichen Thema werden

Das Thema beschäftigt auch die Frauen im KVW. „Die Nachrichten über Frauenmorde durch Ehemänner oder Ex-Partner haben uns in den vergangenen Monaten geschockt, vor allem das Ausmaß und die Brutalität“, sagt KVW-Frauenvorsitzende Helga Mutschlechner Holzer. Gewalt gegen Frauen komme meist erst an die Öffentlichkeit, wenn es Tote gebe. Man könne davon ausgehen, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist. Gewalt in der Familie und in Partnerschaften werde oft verheimlicht. Dies geschehe aus Scham, da ansonsten Opfer und Täter bekannt würden. Es geschehe auch aus Rücksicht auf die Kinder oder auch aus Hilflosigkeit und Abhängigkeit heraus.

„Es gibt viele und sehr verschiedene Formen von Gewalt an Frauen. Alle haben sie schlimme Auswirkungen auf die Gesundheit der Betroffenen, auf die Familienmitglieder, die Gewalt miterleben und schweigen, und es hat Folgen für die Gesellschaft. Solange nicht darüber gesprochen wird, solange es keine Aufarbeitung gibt, wird Gewalt weitergehen, auch von Generation zu Generation“, meint Helga Mutschlechner.

Von: mk

Bezirk: Bozen