Mehr Anerkennung für Lehrpersonen

Größere Wertschätzung gegen Fachkräftemangel im Bildungsbereich

Dienstag, 04. September 2018 | 11:42 Uhr

Bozen – 52 Prozent der freien befristeten Stellen in den Südtiroler Schulen konnten bei den Stellenwahlen nicht vergeben werden, vor allem im Bereich Integration fehlen ausgebildete Fachkräfte massiv. „Dieser Entwicklung muss mit einer klaren Aufwertung des Berufsbildes entgegengewirkt werden“, meint SVP-Arbeitnehmer-Vertreter und Oberschullehrer Zeno Christanell.

Diese Woche geht die Schule los. Während die Schülerinnen und Schüler noch die letzten Ferientage genießen können, laufen die Vorbereitungen in den Direktionen schon seit Wochen auf Hochtouren. Gar einige Lehrstellen sind noch nicht besetzt. 1222 Lehrpersonen haben im neuen Schuljahr an den deutschsprachigen Grund-, Mittel- und Oberschulen eine unbefristete oder befristete Arbeitsstelle gewählt. 366 Lehrpersonen erhielten einen unbefristeten Arbeitsvertrag. 1702 Stellen waren für die befristete Aufnahme zur Verfügung, davon wurden 48 Prozent gewählt.

„Das bedeutet im Umkehrschluss, dass über die Hälfte an Stellen nun von den Direktionen vergeben werden – das oft an Mitarbeiter, die in der Regel keine Lehrbefähigung haben“, zeigt Zeno Christanell auf. Für den Integrationsunterricht in der Oberschule wurden die Stellen nur zu elf Prozent besetzt, das bedeutet, dass 89 Prozent nicht gewählt wurden. Das spreche grundsätzlich nicht gegen die Arbeitsqualität, trotzdem muss es das Ziel sein, dass wieder mehr Menschen bereit sind, sich zu Lehrpersonen ausbilden zu lassen.

Dafür seien zwei wesentliche Voraussetzungen notwendig, meint Christanell: „Zum einen braucht es eine Anpassung der Gehälter und die Möglichkeit auch durch freiwillige Zusatzleistungen mehr Geld zu erhalten. Zum anderen muss gesamtgesellschaftlich dem Lehrberuf wieder eine größere Wertschätzung entgegengebracht werden.“ Lehrpersonen würden eine aufwendige universitäre Ausbildung absolvieren, die große Bedeutung von guter Bildung sei unumstritten und das Aufgabenfeld sei augenscheinlich komplexer geworden.

Nicht zuletzt stelle die Digitalisierung und der damit einhergehende Mangel an persönlichen Kontakten eine neue große Herausforderung dar – wie der bekannte Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff bei der heutigen Pädagogischen Großtagung des ASM aufzeigte. Vielen Kindern fehle eine angemessene emotionale und soziale Intelligenz. Auch mit dieser Entwicklung müsse die Schule zu Recht kommen. „Investitionen in die Bildung sind deshalb die besten Investitionen in die Zukunft und ein gutes öffentliches Bildungssystem ist die beste Voraussetzung für Chancengerechtigkeit“, unterstreicht Christanell. Den Lehrerinnen und Lehrern wieder mehr Anerkennung entgegenzubringen werde dabei eine große Aufgabe der Politik, aber vor allem von jedem Einzelnen sein.

Von: mk

Bezirk: Bozen