Er profitiert vom Krieg in Nahost

Hamas-Angriff als Geburtstagsgeschenk für Putin? – VIDEO

Samstag, 14. Oktober 2023 | 13:39 Uhr

Moskau/Kiew – Viele argwöhnen, dass vom aufgeflammten Krieg in Nahost vor allem Russland profitiert. Estlands Verteidigungsminister Hanno Sevkur ist sogar davon überzeugt, dass Russland sich am Angriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel beteiligt. Den Zeitpunkt des Beginns der Attacke am 7. Oktober, dem Geburtstag des russischen Präsidenten Wladimir Putin, sieht Sevkur als ein Indiz dafür.

Die Warnungen aus Tallinn rühren von der Befürchtung, dass die westlichen Verbündeten der Ukraine die russische Invasion aus dem Blick verlieren. Der Krieg dauere nun bereits so lange, dass er in der öffentlichen Wahrnehmung teilweise nur noch als “Hintergrundrauschen” wahrgenommen werde, sagt Estlands Premierministerin Kaja Kallas gegenüber ntv.de. Aufgrund des Israel-Kriegs “verschwimmt allmählich der Fokus” auf Moskaus Attacken in der Ukraine.

Die Zeitschrift Politico zitiert hingegen einen EU-Diplomaten mit den Worten, der Großangriff der Hamas auf Israel sei “wahrscheinlich das beste Geburtstagsgeschenk für Wladimir Putin”, weil er die Aufmerksamkeit teilen werde und die USA sich auf Israel konzentrieren würden. Putin wurde am Samstag 71 Jahre alt.

Der polnische Präsident Andrzej Duda wies ebenfalls darauf hin, dass Krieg unausweichlich Russland in die Hände spiele, weil es die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft von der Invasion in die Ukraine abziehe. Deutlicher wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Er wirft Russland vor, neben dem Angriffskrieg auf sein Land nun auch einen Flächenbrand im Nahen Osten entfachen zu wollen.

Das heutige Russland unterhält ganz offiziell Beziehungen zur Hamas, die von Israel, der USA und Europa als Terrororganisation eingestuft wird. Natürlich gibt es auch Verbindungen zur palästinensischen Fatah-Organisation. Moskau will möglichst mit allen reden. Zudem hatte Russland zumindest bislang ein pragmatisches Verhältnis zu Israel – ein Land, das bis jetzt davon abgesehen hat, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf mit eigenen hochtechnologisch entwickelten Waffensystemen zu unterstützen.

Allerdings gilt Russland gleichzeitig als enger Verbündeter Irans. Das iranische Regime unterstützt wiederum die Hisbollah, die ebenfalls mit Israel verfeindet ist und sich auf die Seite der Hamas stellt.

Durch den Krieg im Gaza-Streifen ist nun auch die große Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien ausgesetzt, die von den USA eingefädelt wurde und gar nicht nach dem Geschmack Russlands gewesen sein dürfte.

Fake News aus Russland

Gleichzeitig agiert Russland mit Fake News, wie tagesschau.de berichtet: Die russische Führung wirft dem Westen nicht nur Versagen in seiner Nahost-Politik und damit die Verantwortung für den Anschlag vor. Ein viel verbreitetes Narrativ lautet, dass Waffen, die die militant-islamistische Hamas für den Angriff benutzt hat, angeblich aus westlichen Waffenlieferungen für die Ukraine stammen würden. RT Deutsch postete beispielsweise: “Hamas-Angriff: Waffen aus der Ukraine?” und bezog sich dabei auf einen Post der US-amerikanischen Politikerin Marjorie Taylor Greene von den Republikanern, die eine Frage dazu gestellt hat.

Zudem wurde in prorussischen Kanälen ein angeblicher Bericht des BBC mehrfach geteilt. Darin wird behauptet, dass Recherchen der Organisation Bellingcat ergeben hätten, dass von der NATO an die Ukraine gelieferte Waffen an die Hamas verkauft worden seien. Doch diesen Bericht hat es nie gegeben, wie sowohl Bellingcat als auch BBC bestätigten.

Die Frage nach Belegen

Estlands Außenminister Margus Tsahkna räumt im Gespräch mit ntv.de zwar ein, dass er eine Einmischung Moskaus für “logisch” halte, gleichzeitig handle es sich aus seiner Sicht dabei um eine Annahme, da dafür die Belege fehlen würden.

Allerdings zirkuliert auf der Nachrichtenplattform X, vormals Twitter, ein Video, das zeigt, wie jemand den Terroristen, die über eine Maueröfffnung an der Grenze auf israelischen Boden eindringen, Befehle auf Russisch erteilt.

Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, zeigte sich unterdessen davon überzeugt, dass der Drohneneinsatz der Hamas beim Terrorangriff auf Israel ein klares Zeichen für eine Beteiligung Russlands sei. Die überraschend fortschrittliche Taktik der Hamas, Drohnen auf gepanzerten Fahrzeugen einzusetzen, müsse das Ergebnis russischer Ausbildung gewesen sein, sagte er in einem Interview mit der Zeitung “Ukrainska Pravda”.

Prorussische Telegram-Kanäle zitieren außerdem Mitglieder der Söldnergruppe Wagner, die behaupten, dass sie Angebote erhalten hätten, für die Palästinenser im Gaza-Streifen zu kämpfen. Der in Aussicht gestellte Lohn in Rubel macht umgerechnet 6.000 Dollar im Monat aus. Für Kämpfe in Libyen würden derzeit 2.000 Dollar geboten, in Syrien und in Zentralafrika seien es etwas mehr.

Von: mk