Von: luk
St. Pauls – Am Montag, den 8. Dezember 2025, versammelten sich rund 2.000 Teilnehmer in St. Pauls, um anlässlich des Todestages von Sepp Kerschbaumer seiner und der verstorbenen wie lebenden Tiroler Freiheitskämpfer der 1950er- und 1960er-Jahre zu gedenken.
Im Mittelpunkt standen der Einsatz für Freiheit, Menschenrechte und Selbstbestimmung sowie die Erinnerung an eine prägende Epoche der Tiroler Zeitgeschichte.
Frontabschreitung, Einmarsch und Messfeier
Die Feier begann mit der Meldung der angetretenen Formationen und der Frontabschreitung durch Bürgermeister Lorenz Ebner, die Landeskommandanten Mjr. Christoph Schmid (SSB) und Mjr. Thomas Saurer (BTSK), Mjr. Umberto Facchinelli (WTSB) sowie den Obmann des Südtiroler Heimatbundes Roland Lang. Die Musikkapelle St. Pauls führte die Formationen anschließend zum Gottesdienst im „Dom am Lande“. Pater Reinald Romaner OFM hob in seiner Predigt die Vorbildwirkung Sepp Kerschbaumers hervor, dessen Haltung und Opfermut bis heute Orientierung gebe.
Gedenkfeier im Friedhof
Am Friedhof begrüßte SHB-Obmann Roland Lang die Anwesenden und nahm Bezug auf aktuelle politische Entwicklungen. Er kritisierte die geplante Autonomiereform, das Festhalten an kolonialistischen Ortsnamenerfindungen sowie die mangelnde Bereitschaft der Landesregierung, historische Zusammenhänge offen zu benennen. Das Sprachbarometer zeige jedoch, so Lang, dass ein Umdenken innerhalb der italienischen Bevölkerung begonnen habe – ein Schritt hin zu einem respektvollen Zusammenleben auf Augenhöhe.
„Keine Freiheit ohne Recht, kein Rechtsstaat ohne Mut zur Wahrheit“
Höhepunkt der Veranstaltung war die Ansprache des Strafverteidigers und Menschenrechtsexperten Dr. Nicola Canestrini, Ehrenkranzträger des SSB. Er forderte eine vollständige Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen an Südtiroler Häftlingen in den 1950er- und 1960er-Jahren und erinnerte daran, dass viele Opfer Folter, Misshandlungen und fragwürdige Verfahren erlitten, ohne dass Italien je Verantwortung übernommen habe. Canestrinis Kernaussagen: “Ein demokratischer Staat zeige Größe, wenn er das Handeln seiner eigenen Organe überprüft. Das Ausbleiben einer juristischen Aufarbeitung sei ein bleibender Schatten über dem Rechtsstaat. Menschenrechte seien unumstößlich und dürften politischer Opportunität nie geopfert werden.”
Ehrensalve und Kranzniederlegung
Am ehemaligen Grab Sepp Kerschbaumers spielte die Musikkapelle St. Pauls das Lied vom „Guten Kameraden“. Die Ehrensalve wurde von der Schützenkompanie „Sepp Kerschbaumer“ Eppan unter Hauptmann Maximilian Schmid abgefeuert. Mit der Kranzniederlegung sowie der Tiroler Landes- und der Österreichischen Bundeshymne wurde das Gedenken würdig beschlossen.
„Mut statt Gleichgültigkeit“
Landeskommandant Mjr. Christoph Schmid knüpfte an Canestrinis Worte an und betonte die Notwendigkeit, staatliches Handeln kritisch zu hinterfragen. Er verwies auf den Fall Luis Amplatz, dessen strafrechtliche Aufarbeitung durch eine gezielte Änderung der italienischen Strafprozessordnung verhindert wurde. Schmid fasste seinen Appell in drei Punkten zusammen: Rechtsstaatlichkeit, Wahrheit und Menschenrechte sind unverhandelbare Grundsätze. Südtirols Politik müsse den Mut haben, Unrecht klar zu benennen – ohne Taktieren und ohne Anbiederung. Das Ziel der Selbstbestimmung sei der bleibende Auftrag, der aus dem Vermächtnis der Freiheitskämpfer erwachse. Mit Blick auf die aktuelle politische Lage warnte Schmid vor Lethargie, Gleichgültigkeit und „unheiligen Allianzen in Rom“, die für eine Minderheit brandgefährlich seien.
„Wir stehen heute hier im Gedenken an Menschen, die ihr Leben verloren haben, weil sie eine gerechte Zukunft für Tirol wollten. Ehre ihrem Andenken. Ehre für Tirol.“
Freiheit und Selbstbestimmung als bleibender Auftrag
“Die Gedenkfeier, getragen von Kirche, Schützen, Vereinen und Politik, bot einen würdigen Rahmen und machte deutlich, wie wichtig es ist, das Vermächtnis Sepp Kerschbaumers zu bewahren”, heißt es in einer Aussendung. “Die Teilnehmer verließen St. Pauls mit einem starken Gefühl der Verbundenheit – und dem klaren Willen, die Werte von Freiheit und Selbstbestimmung auch in Zukunft zu verteidigen.”




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