Plenarsitzung im Landtag

Kommunikationsbeirat und “korrektes Deutsch in Politik und Verwaltung”

Dienstag, 05. März 2024 | 18:46 Uhr

Bozen – Nach der Aktuellen Fragestunde (1, 2) bzw. der Unterbrechung für eine Sitzung des Fraktionssprecherkollegiums wurde am Dienstag im Landtag mit der Plenarsitzung fortgefahren.

Zunächst gab Präsident Arnold Schuler jedoch bekannt, dass im Fraktionssprecherkollegium vereinbart worden sei, dass ein Tagesordnungspunkt eingefügt wird: die Änderung der Geschäftsordnung. Dieser Punkt werde morgen Vormittag als erster behandelt. Vertagt würde indes die Behandlung der Tagesordnungspunkte 2 (Bestellung der Gesetzgebungsausschüsse) und 3 (Namhaftmachung der Mitglieder (7) der beim Präsidium des Ministerrates eingerichteten ständigen Kommission für die Probleme der Provinz Bozen (Paketmaßnahme 137)), ersterer weil zunächst die Geschäftsordnung geändert und Änderung veröffentlicht werden müsse, letzterer weil man sich noch nicht auf die namhaftzumachenden Personen geeinigt habe.

Es folgte die Behandlung des Tagesordnungspunkts 4, Namhaftmachung von sechs Expertinnen/Experten (in den Bereichen Kommunikation, Information, Telekommunikation und Multimedia) des Landesbeirates für das Kommunikationswesen (Artikel 1 Absatz 5 und Artikel 4 des Landesgesetzes vom 9. Oktober 2020, Nr. 11): Für die deutsche Sprachgruppe wurden Eberhard Daum, Judith Gögele und Thomas Schnitzer vorgeschlagen, für die ladinische Gerhard Vanzi, als Vertreterin der Minderheit Renate Mumelter und als Vertreter der italienischen Sprachgruppe Felice Espro. Der Vorschlag wurde in offener Abstimmung mit 31 Ja und 1 Enthaltung angenommen.

Als erster Punkt in der der Opposition vorbehaltenen Zeit wurde der Beschlussantrag Nr. 24/24 Korrektes Deutsch in Politik und Verwaltung (eingebracht von den Abg. Wirth Anderlan und Colli am 15.01.2024) behandelt: Der Landtag möge beschließen: 1. Die Südtiroler Landesregierung wird aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Verwaltung und Behörden in der Außenkommunikation auf die Verwendung von Sonderzeichen im Wortinneren im Sinne der Gendersprache verzichten und sich am amtlichen Regelwerk des Rats für deutsche Rechtschreibung zu orientieren; 2. der Landtag und die Landtagsverwaltung vermeiden es, in ihrer Außenkommunikation Sonderzeichen im Wortinneren im Sinne der Gendersprache zu verwenden und orientieren sich am amtlichen Regelwerk des Rats für deutsche Rechtschreibung. Die Webseiten des Landtags sind entsprechend zeitnah zu überarbeiten. 3. Bildungseinrichtungen des Landes haben von der Vermittlung von Gendersprache als der „richtigen“ oder „geschlechtergerechten“ Art des Schreibens und Sprechens (und eines den amtlichen Regeln entsprechenden Sprachgebrauchs als „diskriminierend“) Abstand zu nehmen. Mit Blick auf den Spracherwerb liegt der schulische Bildungsauftrag in der Vermittlung eines korrekten Deutsch gemäß der amtlichen Regeln der deutschen Rechtschreibung. Insbesondere darf die Verwendung von Gendersprache nicht durch Lehrkräfte verlangt werden oder gar zu besseren Benotungen führen (bzw. die Nichtverwendung von Gendersprache zu schlechteren Benotungen).

Brigitte Foppa (Grüne) erklärte, sie werde als Feministin und Frau so schreiben, wie sie es für richtig halte. Sie wolle diesen Antrag ernst nehmen und über einiges hinwegsehen, was der Abg. Wirth Anderlan gesagt habe. Es gebe viele Menschen, die sich in den beiden Geschlechtern nicht wiederfinden – auch wenn dem Abgeordneten dies nicht passe. Das Sternchen oder der Doppelpunkt seien Ausdruck dessen. Als Frau wolle sie nicht mitgemeint, sondern gemeint werden.

Maria Elisabeth Rieder (Team K) sprach u.a. von der gleichen gesellschaftlichen Würde von Mann und Frau und anderen in der Verfassung verankerten Grundsätzen zur Gleichstellung von Frauen und Männern. Gendergerechte Sprache trage dazu bei, dass das, was gemeint, auch gesagt werde. Es sei überholt, dass Texte nur männlich gehalten seien. Wenn man von einer Landeshauptfrau oder einer Astronautin spreche, entstünden vor dem inneren Auge andere Bilder, als wenn man von einem Landeshauptmann oder einem Astronauten spreche. Das generische Maskulinum widerspreche dem Prinzip der Gerechtigkeit. Das Team K werde mit “Nein” stimmen.

Sandro Repetto (PD – Demokratische Partei) meinte u.a., dass die Kollegen von Fratelli d’Italia mit dem Beschlussantrag möglicherweise einverstanden sein könnten – weil Ministerpräsidentin Meloni ja als “Presidente” bezeichnet werden möchte. Weibliche Bezeichnungen für zahlreiche Berufe seien akzeptiert, tendenziell aber nicht für “höhere” Berufe; und nach wie vor gebe es solche, die “männlich” seien – und die Frauen ausblenden. Der Abg. Repetto erwähnte zudem die Leitlinien für geschlechtergerechte Sprache und den Aequitas-Plan des Landes, in dem die geschlechtergerechte Sprache ebenso erwähnt wird. Das Weibliche gebe es sowohl im Italienischen als auch im Deutschen – es gelte, dieses auch zu verwenden.

Der Inhalt des Antrags, so Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit), sei durchaus gerechtfertigt: Laut Umfragen sage die Bevölkerung zu 65 Prozent, sie sei gegen das Gendern; bei den Frauen seien es 59 Prozent – sogar die Mehrheit der Grünen-Wählerinnen seien gegen das Gendern. Gelte in diesem Bereich nun die direkte Demokratie nicht, für die seine Vorredner sonst seien? Es gehe nicht darum, den Frauen die Sichtbarkeit zu nehmen, sondern die Frauen beim Namen zu nennen. Die Politik habe nicht das Recht, den Menschen vorzuschreiben, wie sie benannt werden. Das Gendern sei ein Absurdum der deutschen Sprache.
Madeleine Rohrer (Grüne) sagte u.a., dass der erste Antrag der “Neuen” im Landtag etwas Besonderes sei – ihr erster befasse sich mit dem Klimaschutz. JWA habe im Wahlkampf immer betont, man wolle die Hälfte der Gesetze abschaffen, nun überrasche es sie, dass genau die gendergerechte Sprache Thema des ersten Antrags von JWA sei – welche Priorität das Thema für JWA offenbar habe. JWA sei wohl die Verbotspartei im Landtag.

Anna Scarafoni (Fratelli d’Italia) fand u.a., es sei unglaublich, dass es immer ideologisch werde, wenn es um bestimmte Themen gehe: Im Antrag des Kollegen Wirth Anderlan gehe es um die Sonderzeichen. Diese Sonderzeichen ändern die Sprache und die Gewichtung der Sprache im Schriftlichen und Gelesenen. Der Kollege habe über die deutsche Sprache gesprochen, aber das gebe es auch im Italienischen: Das “schwa” zum Beispiel sei lästig. Auch sie sei gegen Sonderzeichen. Sie werde sich bei der Abstimmung enthalten.

Zum Abschluss der Sitzung wies Präsident Arnold Schuler darauf hin, dass die Sitzungsfolge dieser Woche nach der Behandlung der Punkte der Opposition Donnerstagmittag beendet wird. Die Arbeiten im Plenum werden morgen um 10.00 Uhr fortgesetzt.

Von: luk

Bezirk: Bozen

Kommentare
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Dolomiticus
Dolomiticus
Universalgelehrter
2 Monate 12 Tage

Presidente ist eigentlich weder weiblich noch männlich, sondern neutrum. Den Unterschied macht jedoch, ob ich Frau Meloni als Signor Presidente oder als Signora Presidente anspreche. Ersteres ist grammatikalisch falsch, da kein weibliches Subjekt mit einem männlichen Artikel in Verbindung gebracht werden darf. Wer es doch tut, ist ein Esel.

Paladin
Paladin
Universalgelehrter
2 Monate 12 Tage

“Gendern ist eine sexistische Praxis, deren Ziel es ist, Sexismus zu bekämpfen.” Nele Pollatschek.
Dazu vielleicht auch ein sehr interessanter Artikel dieses Schriftstellers ( ja es handelt sich um eine Frau und warum ich hier nicht von einer Schriftstellerin spreche, ergibt sich aus ihrem Artikel). www.tagesspiegel.de/kultur/gendern-macht-die-diskriminierung-nur-noch-schlimmer-4192660.html

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