Von: luk
Bozen – Die Themen Leihmutterschaft und leistbares Wohnen standen am Donnerstag ebenfalls auf der Tagesordnung im Landtag.
Beschlussantrag Nr. 351/20: Das Land soll sich im Parlament dafür einsetzen, dass die Leihmutterschaft auch dann als Straftatbestand gilt, wenn ein italienischer Staatsbürger im Ausland von dieser Gebrauch macht (eingebracht vom Abg. Urzì am 16.11.2020). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1) sich weiterhin gegen jede Art von Gewalt an Frauen einzusetzen; zu den Opfern gehören auch all jene Frauen, „die aufgrund ihrer Armut ausgebeutet werden und die gezwungen werden, ihre Gebärmutter gegen Bezahlung zu verleihen“; 2) sich im Parlament und bei den Südtiroler Parlamentariern für eine Gesetzesinitiative einzusetzen, welche die Leihmutterschaft auch dann als Straftatbestand ansieht, wenn ein italienischer Bürger im Ausland auf diese Praxis zurückgreift.
Der Antrag war bereits am 13.01.2021 andiskutiert worden.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) sah Leihmutterschaft auch als eine Form von Gewalt gegen Frauen. Das staatliche Gesetz sehe dagegen Haft- und Geldstrafen vor, gelte aber nur auf Staatsgebiet und sei deshalb nicht wirksam gegen den sog. Reproduktionstourismus. Bei der Leihmutterschaft habe die biologische Mutter keine Rechte, das Kind werde sofort nach der Geburt von ihr getrennt und wie ein Produkt behandelt. Das Europäische Parlament wie auch der italienische Ethikrat hätten sich gegen die Leihmutterschaft ausgesprochen und sie als Herabsetzung der Würde der Frau bezeichnet.
Der Antrag wurde mit drei Ja, 23 Nein und fünf Enthaltungen abgelehnt.
Landesgesetzentwurf Nr. 23/19: Maßnahmen für leistbares Wohnen (vorgelegt von den Abg. Leiter Reber und Mair). Mit Artikel 1 soll die erforderliche Mindestpunktezahl für die Zulassung zu den Wohnbauförderungen herabgesetzt werden und die Regelung zu den Wohnbaugenossenschaften dahingehend abgeändert werden, dass offene Plätze auch jenen zugewiesen werden können, die nicht die volle Punktezahl erreicht haben. Mit Artikel 2 wird ein Absatz ersetzt und ein neuer Absatz hinzugefügt. Im Artikel 3 wird festgelegt, dass die öffentliche Hand gegenüber dem Vermieter als Garant auftritt, um den Zweifeln entgegenzuwirken, die viele davon abhalten, ihre Wohnungen zu vermieten, da sie verschiedene Problematiken befürchten (säumige Mieter, nicht termingerecht geräumte Wohnungen usw.). In Artikel 4 geht es um die Beschleunigung der Räumungsverfahren. Mit Artikel 5 wird festgelegt, dass die Landesregierung alle Bauvorschriften und die für die Baustoffanforderungen geltenden Standards überprüft, um festzustellen, ob eine Reduzierung der Material- und Baukosten möglich ist.
Der Entwurf war bereits am 09.06.2021 und am 16.09.2021 andiskutiert worden.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) kündigte eine Reihe von Änderungsanträgen an, die auf in den vorangegangenen Debatten geäußerten Kritiken eingingen.
Maria Elisabeth Rieder (Team K) meinte, dass zu diesem Thema dringender Handlungsbedarf bestehe. Einige der vorgelegten Änderungsanträge stellten eine Verbesserung dar. Wichtig sei es, den Leerstand zu erheben und auf Landesebene zusammenzufassen. Man werde den Gesetzentwurf wahrscheinlich wieder mit dem Hinweis auf das kommende Wohnbaugesetz ablehnen, aber er enthalte einige gute Ansätze. Der Vorschlag des “sorglosen Vermietens” sollte ausprobiert werden. Man sollte mit vielen kleinen Maßnahmen versuchen, das Wohnen leistbarer zu machen.
Der Gesetzentwurf enthalte viele wichtige Punkte, erklärte Magdalena Amhof (SVP), aber er gehe von einer Negativhaltung aus. Sie sei einverstanden, dass der Leerstand mobilisiert werden solle, aber der vorliegenden Formulierung könne sie nicht zustimmen. Für die vorgeschlagene Herabsetzung der Punkte habe man derzeit nicht die finanzielle Deckung. Sie teile das Anliegen, das aber sehr komplex sei. Dafür biete der Gesetzentwurf nicht den technisch richtigen Weg. Wichtig sei es, der Jugend eine Perspektive zu geben, damit sie nicht das Land verlassen müsse, dazu habe die zuständige Landesrätin auch einen Vorschlag gemacht. Amhof bot an, das Thema parteiübergreifend zu besprechen.
In Südtirol sei es nicht das gleiche, wenn zwei Personen das gleiche sagen, kritisierte Ulli Mair (Freiheitliche). Vieles von dem, was im Gesetzentwurf stehe, sei auch von LR Deeg immer wieder öffentlich gesagt worden. Es fehle der politische Wille, der Opposition einmal zuzustimmen. Man wolle die Dinge lieber selbst machen. Sie habe wenig Verständnis für solche Politik.
Hanspeter Staffler (Grüne) sah den Entwurf der Freiheitlichen als Verbesserung innerhalb des bestehenden Systems. Das neue Wohnbaugesetz hätte eigentlich das neue Raumordnungsgesetz begleiten müssen, aber dazu sei es nicht gekommen. Irgendjemand ziehe da die Handbremse. Zum Raumordnungsgesetz habe es bereits eine Reihe von Änderungen gegeben, im Interesse der Bauern und in jenem der Bauwirtschaft, die an hohen Preisen interessiert sei. Das Herumdoktern am Bestehenden werde nur leichte Linderungen bringen aber nicht das, was etwa der Mittelstand brauche. Diesem wäre mit einem gemeinnützigen Bauträger mehr geholfen, dazu gebe es in Österreich Beispiele genug.
Die Diskussion und der Preistrend sei europaweit gleich, berichtete LR Waltraud Deeg. In Südtirol sei der verbaubare Grund knapp. Dazu komme, dass in Zeiten der Unsicherheit die großen Investoren Grund und Immobilien gekauft hätten. In Berlin seien die Mieten in den letzten zehn Jahren um 112 Prozent gestiegen. Viele Besucher aus nördlichen Regionen würden Südtirol beneiden, auch wegen des Bestandes an Eigentumswohnungen von über 70 Prozent. In Deutschland liege der Anteil bei 51 Prozent. Südtirol habe den richtigen Weg eingeschlagen, man müsse den Jugendlichen ein Eigenheim ermöglichen. Viele Punkte im Gesetzentwurf könne sie teilen, aber mit wenigen Punkten könne man das Problem nicht lösen. Das Wohnbaugesetz habe 36 Artikel, eben weil die Situation komplexer sei. Leiter Rebers Gesetzentwurf sei nicht ausgereift und nicht anwendbar, daher könne man ihm auch nicht zustimmen. Die Senkung der Punkte könnte mit Durchführungsbestimmung geregelt werden, dafür fehle aber die finanzielle Deckung. Rom würde ein solches Gesetz anfechten.
Nach einer Unterbrechung für eine Beratung in der SVP-Fraktion erklärte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche), die Landesrätin verlasse den Weg der sachlichen Debatte, “Waltrauds PPP-Projekt – peinlich, peinlich, peinlich”. In den Gesetzentwurf habe man mehrere Maßnahmen gepackt, die nicht das Ende des Liedes seien, die aber Verbesserungen brächten, die seit Jahren verlangt würden. Die mangelnde finanzielle Deckung sei kein Argument, da die Ausgaben erst 2022 fällig würden. Die Landesregierung vertröste seit Jahren auf das neue Wohnbaugesetz, während tausende Mitbürger wegen der hohen Preise in Not seien. Die Landesregierung stelle sich gegen die Vorschläge nur, weil ihr vielleicht ein Zacken aus der Krone falle. Die Opfer seien die Arbeitnehmer, die die Mehrheit im Lande stellten, aber keinen Einfluss hätten. Nicht einmal die Anpassung der Punkte, die 7-8 Mio. ausmachen würde, kriege man hin. Dieser Gesetzentwurf werde das Problem nicht insgesamt lösen, das werde Deegs Wohnbaugesetz auch nicht, aber er enthalte mögliche Verbesserungen, auf die die Leute warten würden.
Der Übergang zur Artikeldebatte – und damit der Gesetzentwurf – wurde mit 15 Ja und 18 Nein abgelehnt.
Die Arbeiten werden um 14.30 Uhr mit der Behandlung von Vorschlägen der Mehrheit wieder aufgenommen.