Von: mk
Bozen – Die Südtiroler Frächter und die Handelskammer protestieren unisono gegen den 100-Kilometer-Stau auf der Brennerautobahn, der infolge des Tages der Deutschen Einheit den Lkw-Verkehr lahm gelegt hat. Auch die Leitung der A22 hat gegen die Blockabfertigung auf österreichischer Seite kritisiert, auf Südtiroler Seite sogar mit der Schlussfolgerung, dass es Zeit sei, das in Tirol geltende Nachtfahrverbot, das Sonn- und Feiertagsverbot und das sektorale Fahrverbot zu kippen. Dies erklären die Landtagsabgeordneten der Grünen, Hans Heiss; Brigitte Foppa und Riccardo Dello Sbarba, in einer Aussendung.
Was die Grünen erstaunlich finden: Noch vor einer Woche habe die Leitung der Brennerautobahn triumphierend kundgetan, dass 2017 Länge und Dauer der Staus über zwei Kilometer im Vergleich zu 2016 um 44 Prozent abgenommen hätten. Insgesamt also habe der Verkehr zwar spürbar zugenommen, verlaufe aber ungleich flüssiger.
„Die Lage scheint also besser als die Protestwelle vermuten lässt“, behaupten die Grünen. Sie verweisen auf das „eigentliche Problem längs der Brennerautobahn“, das im empörten Protest untergehe, und zwar auf die „dauernden Schadstoff-Überschreitungen, vor allem von Stickstoffdioxid“.
„Während der zulässige Jahresmittelwert bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter liegt, betrug er in Neumarkt 2016 im Jahresmittel 43 und in Schrambach gar 62 Mikrogramm (seit Anfang 2017 gibt es dort bekanntlich keine Messungen mehr). Der Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm/Kubikmeter ist seit 2015 für alle EU-Länder verbindlich, bisher freilich ohne jede Folge. Von Rechts wegen wäre die Einleitung eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens gegen Italien überfällig. Wir Grüne werden uns mit dieser Möglichkeit näher befassen. Denn es ist unerträglich, dass die Anwohner längs der Brennerachse immer noch einen Großteil der externen Kosten des überbordenden Verkehrs tragen, viel zu geduldig, wie wir meinen. Auch der vor Jahren hörbare Protest von Ärzten und Umweltmedizinern gegen Luft- und Lärmverschmutzung ist längst verhallt“, betonen die Grünen.
Es bleibe ein Ärgernis, dass die Brennerachse neben dem starken Quell- und Zielverkehr im eigenen Großraum die stärkstbefahrene Transitachse des Alpenraums ist. „Höchste Zeit, die von der Tiroler Landesregierung angekündigte Lkw-Obergrenze anzudenken und Instrumente wie die rhetorisch allseits hochgelobte Alpentransitbörse als Verteilungsmechanismus endlich ins Werk zu setzen. Inzwischen ist auch südlich des Brenners die Rola nach Tiroler Vorbild deutlich zu stärken. Ein zügiger Verkehrsgipfel der Euregio, zumal der LH Platter, Rossi und Kompatscher und der Mobilität-Landesrätinnen wäre dringlich. Insgesamt aber muss, bei allem Respekt vor den Klagen der Frächter, das eigentliche Problem ins Zentrum rücken – die Gesundheit der Menschen an den Transitachsen“, erklären die Grünen.