Luftalarm in der ganzen Ukraine

F-16 getroffen: Pilot lenkt Jet von Wohngebiet weg und stirbt

Sonntag, 29. Juni 2025 | 09:37 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters

Russland hat am Wochenende seine Luftangriffe auf die Ukraine mit unverminderter Härte fortgesetzt. Laut der ukrainischen Luftwaffe attackierte die russische Armee in der Nacht auf Sonntag die Ukraine mit 477 Drohnen und 60 Raketen. Dies sei die bisher höchsten Zahl russischer Luftangriffe. Mindestens zwölf Menschen wurden Behörden zufolge in den fernab der Frontlinie liegenden Regionen Tscherkassy und Iwano-Frankiwsk verletzt, in Frontregion Charkiw wurde ein Mann getötet.

In der Region Tscherkassy wurden nach jüngsten Angaben von Regionalgouverneur Ihor Taburets im Onlinedienst Telegram elf Menschen verletzt, darunter zwei Kinder. In der Region Iwano-Frankiwsk wurde nach Behördenangaben eine Frau verletzt. In der Region Charkiw wurde am Sonntagmorgen nach Behördenangaben ein Mann getötet, als eine russische Drohne sein Auto traf.

Kampfjet abgestürzt

Der ukrainischen Luftwaffe zufolge griff die russische Armee die Ukraine über Nacht mit insgesamt 477 Drohnen und 60 Raketen an, 475 Drohnen und 39 Raketen seien abgefangen worden.

Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe starb bei der Abwehr der russischen Angriffe auch ein ukrainischer Pilot. Sein F-16-Kampfflugzeug sei in der Luft beschädigt worden, er habe keine Zeit mehr gehabt, den Schleudersitz zu betätigen.

Der Oberstleutnant habe in der Nacht russische Angriffe abgewehrt, als der F-16-Jet getroffen worden sei, teilten die ukrainischen Luftstreitkräfte in der Früh mit. Der Pilot habe selbst sieben Ziele abgeschossen und dann nach einem Treffer an seiner Maschine noch alles getan, um sein Flugzeug von einem Wohngebiet wegzulenken. Der 1993 geborene Offizier habe es dann aber nicht mehr geschafft, sich aus dem Kampfjet herauszukatapultieren. “Leider haben wir einen weiteren schmerzhaften Verlust erlitten”, hieß es in der Mitteilung. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach den Angehörigen sein Beileid aus und ordnete eine Aufklärung der Todesumstände an.

Für die Ukraine sind diese im Westen ausgebildeten Piloten im Kampf gegen den seit mehr als drei Jahren andauernden russischen Angriffskrieg von großer Bedeutung. Verluste in den F-16-Geschwadern sind bisher vergleichsweise selten.

Bei russischen Angriffen auf Odessa in der Nacht auf Samstag hatte nach ukrainischen Angaben eine Drohne ein Wohnhaus getroffen. Gouverneur Oleh Kiper zufolge wurden dabei zwei Menschen getötet und 14 weitere verletzt, darunter drei Kinder. Angriffe auf die Zivilbevölkerung gelten als Kriegsverbrechen.

Das russische Verteidigungsministerium meldete seinerseits den Abschuss mehrerer ukrainischer Drohnen in beiden Nächten.

Selenskyj will US-Abwehrsystem “Patriot”

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bekräftigte angesichts der erneuten Angriffswellen auf sein Land die Notwendigkeit, die Luftverteidigung seines Lands zu stärken. Dies sei die beste Möglichkeit, um “Leben zu schützen”. Er wiederholte dabei auch die Bereitschaft, von den USA Abwehrsysteme vom Typ “Patriot” zu kaufen.

Diplomatie kommt nicht vom Fleck

Die insbesondere von US-Präsident Donald Trump nach seinem Amtsantritt angestoßenen Gespräche über eine Beendigung des Ukraine-Kriegs waren in den vergangenen Wochen ins Stocken geraten, eine diplomatische Lösung zeichnet sich weiterhin nicht ab.

Am Sonntag gab der Leiter des russischen Auslandsgeheimdiensts SWR, Sergei Naryschkin, ein Telefonat mit dem Leiter des US-Auslandsgeheimdiensts CIA, John Ratcliffe, bekannt. Beide hätten vereinbart, “einander jederzeit anzurufen, um Angelegenheiten in unserem Interesse zu besprechen”, erklärte Naryschkin zu dem Gespräch, ohne weitere Angaben zu machen.

Am Samstag war der ukrainische Präsident Selenskyj seinerseits nach Polen gereist, um dort den künftigen Staatschef Karol Nawrocki zu treffen. Kiew werde “alles in unser Macht Stehende tun um sicherzustellen, dass die Beziehungen zwischen unseren Staaten noch enger werden”, sagte Selenskyj im Anschluss.

Der von der rechtsnationalen Oppositionspartei PiS unterstützte Nawrocki hatte Anfang Juni die polnische Präsidentschaftsstichwahl gewonnen. Im Wahlkampf hatte Nawrocki der Ukraine Undankbarkeit für die Hilfe nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen das Land und Selenskyj persönlich “Frechheit” vorgeworfen.

In Deutschland warnte Außenminister Johann Wadephul davor, die Bedrohung durch Russland für europäische Staaten zu unterschätzen. “Russland bedroht direkt auch unser Leben in Frieden und Freiheit in Deutschland”, sagte Wadephul den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine bleibe “die größte Bedrohung der Sicherheit in Europa und wichtigstes Thema der deutschen Außenpolitik”, fügte Wadephul an. Vor diesem Hintergrund seien Investitionen in die Verteidigung ebenso wie Unterstützungsleistungen für die Ukraine “Investitionen in eine Zukunft in Frieden”.

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