"Kampfgeist ungebrochen"

Nach Gerichtsurteil: Pius Leitner tritt zurück

Montag, 13. März 2017 | 15:59 Uhr

Bozen – Nachdem der langjährige Landtagsabgeordnete der Freiheitlichen, Pius Leitner, am Freitag wegen Missbrauchs der Fraktionsgelder zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden war, zog er am Montag die Konsequenzen: Auf einer Pressekonferenz am Nachmittag erklärte er seinen Rücktritt. Dabei flossen auch Tränen.

Der Anklage zufolge sollen Fraktionsgelder für nicht-institutionelle Zwecke ausgegeben worden sein. Auch Richter Andrea Pappalardo kam zum Schluss dass Leitner rund 46.000 Euro Fraktionsgelder nicht nur für institutionelle Zwecke verwendet hatte. Der berühmte Penisring, den die Freiheitlichen ihrem Abgeordneten Sigmar Stocker zum Geburtstag geschenkt hatten, war laut Urteil nur einer von vielen Käufen, die mit Fraktionsgelder gezahlt worden sein sollen. Sein Anwalt kündigte sofort nach der Urteilsverkündung Berufung dagegen an.

Leitner hatte immer betont, dass er ein reines Gewissen habe, schließlich habe er von seiner Amtsentschädigung mehr Geld auf das Konto eingezahlt, als die beanstandete Summe ausmache.

Der Freiheitliche unterstrich heute in seiner Rede vor den Journalisten, dass er nichts gestohlen habe. Jeder wisse das. Er habe ein reines Gewissen und mache diesen Schritt nicht aus Schuldgefühlen heraus, sondern um den Landtag, seine Partei, seine Familie und seine Person zu schützen.

Stellungnahme von Leitner

Im Laufe der Pressekonferenz kamen auch die Gefühle hoch. Leitner brach die Stimme und die Tränen stiegen ihm in die Augen.

Der 62-Jährige ist seit 1993 im Südtiroler Landtag vertreten. Die laufende Legislaturperiode ist seine fünfte. Von 1994 bis 2013 war er Obmann der Freiheitlichen. In letzter Zeit wurde er von Parteifreunden gedrängt, wieder die Führung der Partei zu übernehmen. Eine Entscheidung dazu stand aber noch aus.

Mit dem Rücktritt kommt Leitner einer 18-monatigen Suspendierung von seinem Mandat zuvor, die eine noch nicht rechtskräftige Verurteilung vom vergangenen Freitag zur Folge hätte. Dies sei aber “kein Schuldeingeständnis”, sagte Leitner auf der Pressekonferenz am Montagnachmittag.

Sein Kampfgeist sei durch die Geschehnisse nicht gebrochen worden, betonte der Ehrenobmann der Freiheitlichen. Er wolle im Berufungsverfahren seine Unschuld beweisen und sei überzeugt, dass es einen Freispruch gebe.

Hannes Zingerle wird nachrücken

Für Leitner soll nun Hannes Zingerle, der in Vintl im Gemeinderat sitzt, in den Landtag nachrücken. Zingerle hatte bei der letzten Landtagswahl 2013 auf der Liste der Freiheitlichen kandidiert, ein Mandat aber nur knapp verfehlt. Er hat allerdings in der Zwischenzeit die Partei verlassen. Vonseiten der Freiheitlichen hieß es heute, dass man mit Zingerle reden werde. Leitners Amt als Fraktionssprecher übernimmt hingegen Ulli Mair.

Pöder: “Bedauern und Respekt”

“Mit großem Bedauern und mit Respekt” bewertet der Landtagsabgeordnete der BürgerUnion, Andreas Pöder, den Rücktritt von Pius Leitner.

“Pius Leitner hat als Abgeordneter im Landtag immer viel Herzblut und Fleiß in seine politische Arbeit gelegt. Den Wechsel zwischen Höhen und Tiefen in der rauen politischen Wirklichkeit hat er mit Charakter und Standhaftigkeit gemeistert. Es hat unterschiedliche Gangarten und auch bisweilen Meinungen gegeben, aber ich bedanke mich bei Pius Leitner auch für die vielen gemeinsam geschlagenen Schlachten im Landtag”, so Pöder abschließend.
Grüne: “Seine Stimme und Persönlichkeit werden dem Landtag sehr fehlen”

Heute Nachmittag hat Pius Leitner, Fraktionsführer der Freiheitlichen im Südtiroler Landtag, sein Abgeordneten-Mandat zurückgelegt. Der Grund lag in der vom Landesgericht Bozen ausgesprochenen Suspendierung nach dem Urteil über die Verwendung von Fraktionsgeldern seitens der Freiheitlichen Partei.

“Wir Grüne bedauern diesen schweren Schritt, der in seiner Konsequenz aber auch deutlich macht, worum es Pius Leitner während seiner langen politischen Laufbahn gegangen ist – nicht um Bereicherung und Posten, sondern um politische Ziele. Auch wer wie unsere Partei viele Positionen des freiheitlichen Parteigründers stets scharf kritisiert hat – vom Freistaat über die harsche Euro- und Islamkritik bis hin zur Migration – stellt nicht in Abrede, dass Leitner stets verlässlich und berechenbar war, offen in der Auseinandersetzung und kollegial im Umgang, ein „Mann mit offenem Visier“, wie er selbst sagen würde. Seine Stimme und Persönlichkeit werden dem Landtag sehr fehlen”, heißt es in einer Stellungnahme.

“Mit seinem Rücktritt verliert der Landtag nicht nur den am stärksten gewählten Mandatar nach dem Landeshauptmann und damit einen gewichtigen demokratischen Repräsentanten, sondern auch einen zentralen Gewährsmann parlamentarischer Demokratie, der Leitner einen Dienst erweist: Denn immerhin wird durch seinen Rücktritt auch die Zahl der Mandatare wieder komplettiert, die bei einer Suspendierung seines Mandats unvollständig geblieben wäre. Die von den Wählerinnen und Wählern nach der Landtagswahl 2013 gewünschte Gewichtung zwischen Mehrheit und Opposition bleibt so zumindest den Zahlen nach intakt, wenn auch nicht nach der Qualität”, so die Grünen weiter.

“Das Urteil, mit dem die Gerichtsbarkeit mit Leitners Suspendierung in die Legislative eingegriffen hat, ist durch die „Lex Severino“ möglich geworden und damit legal. Dennoch bleibt ein bitterer Nachgeschmack im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit des Spruchs. An seinen politischen Folgen wird nicht nur der Landtag, sondern auch die politische Kultur Südtirols noch lange zu leiden haben”, heißt es abschließend.

 

Von: luk

Bezirk: Bozen