Hoffnung auf bessere Zukunft

Putins Krieg treibt schwangere Russinnen nach Argentinien

Freitag, 06. Januar 2023 | 08:15 Uhr

Buenos Aires/Moskau – Kreml-Tyrann Wladimir Putin hat mit seiner Ja-Sager-Clique am 24. Februar 2022 Fakten geschaffen, als er kriegerisch in die Ukraine eingefallen ist. Dass er sein Land und die russische Bevölkerung damit über Jahre weltweit ins Abseits gebracht hat, scheint ihm relativ egal zu sein.

Bei den Russen hingegen kommt mehrheitlich keine große Euphorie über die veränderte Weltlage und den Krieg ihres Landes auf. Das zeigte sich nicht zuletzt durch dem Exodus Tausender russischer Männer bei der Teilmobilmachung vor einigen Monaten. Gerade jüngere Russen und kluge Köpfe suchten das Weite.

Argentinien als Sehnsuchtsort für schwangere Russinnen

Das bemerkte man auch in Argentinien. Tausende Russinnen sind 2022 ins südamerikanische Land geflüchtet, um dort ihr Kind zu gebären. Der Grund: Der Nachwuchs soll den argentinischen Pass erhalten, um später ein freieres Leben führen zu können.

Wie “The Guardian” berichtet, benötigen russische Staatsbürger kein Visum, um nach Argentinien einzureisen. Zudem betreibt Argentinien eine liberale Migrationspolitik. Wer dort auf die Welt kommt, erhält automatisch die argentinische Staatsbürgerschaft. Spezialisierte Agenturen helfen ausreisefreudigen Russen, bei dem “Projekt”. “Buenos Aires ist im Moment sehr gefragt”, so Eva Pekurova, die eine solche Agentur betreibt.

“Ein argentinischer Reisepass wird meinem Kind viele Türen öffnen”

Laut Pekurova können argentinische Staatsbürger kurzfristig und ohne Visum in 171 Länder, darunter die EU, das Vereinigte Königreich und Japan einreisen. Zudem sei auch das Beantragen eines langfristigen Visums “nicht sehr schwierig”.

Da haben es Russen schwieriger: Vor dem Krieg konnten sie nur in rund 80 Länder ohne Visum einreisen. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine wurde die spontane Ausreise enorm eingeschränkt. Zahlreiche europäische Länder verwehrten russischen Staatsbürgern die Einreise entweder ganz oder machten sie praktisch unmöglich.

Schwangere russische Frauen sehen es pragmatisch: “Ein argentinischer Reisepass wird meinem Kind viele Türen öffnen”, sagt Polina Tscherepowizkaja aus Moskau zur britischen Tageszeitung. Kurz nachdem Putins Truppen in der Ukraine einmarschiert seien, habe sie von ihrer Schwangerschaft erfahren. Ihr wurde bald klar: Sie muss hier weg – und zwar noch vor der Geburt ihres Kindes.

Überraschung auf der Entbindungsstation

Im Dezember 2022 war es dann soweit und sie erlebte in Südamerika eine Überraschung: Als sie auf der Entbindungsstation eines Spitals in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires eintraf, hörte sie plötzlich den Klang der russischen Sprache. “Es war verrückt, vor mir warteten mindestens acht schwangere russische Frauen.”

Sie war also kein Einzelfall: Dem “Guardian” zufolge sollen im vergangenen Jahr Hunderte Frauen aus Russland nach Argentinien gereist sein, um dort zu entbinden.

Boom wird von offizieller Seite bestätigt

Laut Georgy Polin, Leiter der Konsularabteilung der russischen Botschaft in Argentinien, waren es im 2022 zwischen 2.000 und 2.500 Russen, die nach Argentinien gezogen sind. Er geht davon aus, dass der Trend anhalten wird und 2023 rund 10.000 Russen nach Argentinien kommen werden.

Den Boom beim Geburtstourismus kann Kirill Makoveev bestätigen. Er hat die Agentur “Baby.RuArgentina” gegründet und gibt an, bis Mai 2023 ausgebucht zu sein.

Wenig Lust zur Rückreise

Und viele der “Geburtstouristen” haben offenbar auch nicht die Absicht von Argentinien schnell wieder nach Russland zu gehen. Polina Tscherepowizkaja und ihr Mann wollen laut dem “Guardian” vorerst bleiben und ebenfalls die argentinische Staatsbürgerschaft beantragen. Über ihre Tochter, die nun ja Argentinierin ist, kommen sie für ein erleichtertes Einbürgerungsverfahren infrage. In nicht mal 24 Monaten können Eltern eines in Argentinien geborenen Kindes bereits die argentinische Staatsbürgerschaft beantragen.

Von: luk