Von: APA/dpa
Präsidentin Maia Sandu hat am Sonntag die rund 3,3 Millionen bei der Parlamentswahl Wahlberechtigten zur Stimmabgabe für den proeuropäischen Kurs Moldaus aufgerufen. “Moldau, unser liebes Zuhause, ist in Gefahr und braucht die Hilfe von jedem von euch”, sagte Sandu in Chisinau und rief die Menschen auf, ihre Stimme nicht zu verkaufen. Unterdessen gingen in mehreren Wahllokalen im Ausland Bombendrohungen ein, die Wahlbehörden sahen sich Cyberangriffen ausgesetzt.
Sandu warnte immer wieder vor einer Einflussnahme Moskaus. Moldau, das wie die benachbarte Ukraine EU-Beitrittskandidat ist, sieht sich traditionell zwischen einem prowestlichen Kurs und Russland hin- und hergerissen. “Lasst uns den Dieben und Verrätern nicht erlauben, unsere Zukunft zu verkaufen”, sagte Sandu mit Blick auf die prorussischen Kräfte, die auf Stimmenzuwachs im Parlament hoffen. Sie selbst habe ihre Stimme für ein Parlament abgegeben, mit dem weiter ein europäisches Moldau aufgebaut werden könne, sagte Sandu, die die Regierungspartei Partei Aktion und Solidarität (PAS) gegründet hatte, aber überparteilich agiert.
Cyberattacken gegen Wahlkommission und Behörden
Regierungschef Dorin Recean (PAS) berichte indes von massiven Cyberattacken gegen die Infrastruktur der Zentralen Wahlkommission (CEC), zahlreicher Wahllokale sowie gegen die Regierungscloud. Seit Samstagabend habe es mehr als 14 Millionen Cyberangriffe auf die Server der Wahlbehörden, im Ausland eingerichteter Wahllokale sowie die Regierungsplattform gegeben, so Recean am Sonntag zu Mittag. Die Cyberschutzbehörde des Landes habe die Angriffe jedoch erfolgreich abwehren können.
Angesichts der andauernden Cyberattacken habe die moldauische Cyberschutzbehörde allerdings beschlossen, die Verwaltungsplattform der Regierung, “host.md”, und damit rund 4.000 Webseiten diverser Behörden und Ämter zeitweilig herunterzufahren, um einer möglichen Überlastung des Systems vorzubeugen, teilte Recean des Weiteren mit.
Das moldauische Außenministerium berichtete indes am Nachmittag davon, dass bei den Wahllokalen in Brüssel (Belgien), Bukarest (Rumänien), Genua und Rom (Italien), im spanischen Alicante sowie in Ashville (USA) im Laufe des Tages Bombendrohungen eingegangen seien. Vorläufig sei infolge einer Bombendrohung einzig der Wahlprozess in Genua ausgesetzt worden. Es sei offenkundig, dass vor allem Wahllokale aus dem europäischen Ausland anvisiert worden seien, um eine “ehrliche Stimmabgabe” möglichst zu erschweren – Bombendrohungen seien eben “Teil des Arsenals”, das die Russische Föderation gegen Moldaus Wahlprozess einsetze, so das Außenamt in Chisinau.
Die insgesamt 2.274 Wahllokale im Land öffneten um 07.00 Uhr Ortszeit (6.00 Uhr MESZ) und werden um 21.00 Uhr schließen. Im Ausland gibt es 313 Wahllokale einrichten, darunter drei in Österreich: in Wien, Innsbruck und Klagenfurt. Exit Polls werden keine erwartet, dafür erste Teilergebnisse im Laufe der Nacht auf Montag.
Pro-europäische Kräfte stehen pro-russischen Gegner gegenüber
Zwei Dutzend Parteien und Wahlbündnisse treten bei der Wahl an. Umfragen zufolge haben allerdings lediglich drei, bestenfalls vier davon tatsächlich Chancen, den Sprung ins Parlament zu schaffen: die pro-europäische Regierungspartei “Aktion und Solidarität” (PAS) um Staatspräsidentin Sandu, der “Patriotische Block”, ein pro-russisches Bündnis aus Sozialisten (PSRM) und Kommunisten (PCM).
Ihr bisheriger Bündnispartner, die Kleinpartei “Herz und Zukunft der Moldau” der früheren stramm pro-russischen Gouverneurin der Provinz Gagausien, Irina Vlah, wurde am Freitag per Gerichtsurteil überraschend von der Wahl ausgeschlossen. Am Samstag teilten die Wahlbehörden schließlich mit, dass auch bei der Partei Moldova Mare der Verdacht der illegalen Finanzierung bestünde und die Partei deshalb von der Wahl ausgeschlossen werde. Bei Moldova Mare besteht der Wahlkommission zufolge zudem der Verdacht, dass Wähler bestochen worden sein könnten. Des Weiteren werde vermutet, dass die Partei als Nachfolgerin der zuvor verbotenen Partei des flüchtigen pro-russischen Geschäftsmanns Ilan Shor agiert. Shor, der alle Vorwürfe bestreitet, lebt in Moskau.
Die vornehmlich aus Ex-Kommunisten bestehende Partei “Alternative” des russlandfreundlichen Hauptstadtbürgermeisters von Chisinau, Ion Ceban, und “Unsere Partei” des pro-russischen Oligarchen Renato Usatii könnten auch noch den Sprung ins Parlament schaffen.
Umfragemäßig führt zwar die Regierungspartei PAS, doch stellt sich moldauischen Politbeobachtern zufolge die Frage, ob sie ihre absolute Mehrheit verteidigen kann. Um die Regierung zu stellen, muss die PAS mindestens 51 der insgesamt 101 Parlamentsmandate einfahren, sofern sie nicht mit prorussischen Parteien koalieren will.
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