Regionalrat: Mehrheit setzt sich mit Kandidatenvorschlägen durch

Scalet und Schullian sind Vertreter der Region in den Autonomiekommissionen

Mittwoch, 20. März 2019 | 16:39 Uhr

Bozen/Trient – Zu Beginn der heutigen Sitzung gedachte der Regionalrat bei einer Schweigeminute an den kürzlich verstorbenen ehemaligen Abgeordneten Sandro Canestrini.

Erster Punkt auf der Tagesordnung war die Bestellung der Gesetzgebungskommissionen, deren Anzahl und Aufgaben ohne Debatte und einstimmig gemäß dem Vorschlag der Fraktionssprecher erfolgte. Zu Mitgliedern der I. Gesetzgebungskommission wurden die Abg. Locher, Ladurner, Tauber, Ossanna, Paoli, Cavada, Mattei, Marini, Dello Sbarba, Zeni, Rieder, Mair und Urzì gewählt, zu Mitgliedern der II. Gesetzgebungskommission die Abg. Renzler, Amhof, Alfreider, Masè, Kaswalder, Moranduzzo, Rossato, Faistnauer, Staffler, Coppola, Ghezzi, De Godenz und Olivi.

Zu Mitgliedern des regionalen Organs für die neuerliche Prüfung der Haushaltsvoranschläge und Rechnungslegungen gemäß Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 470 vom 28. März 1975 wurden, in geheimer Abstimmung und getrennt nach Provinzen, Massimo Raffaelli (TN) und Joachim Buratti (BZ) gewählt.

Der Regionalrat hat auch seine Vertreter in den Autonomiekommissionen (Sechser- und Zwölfer Kommission) ernannt. Regionalratspräsident Roberto Paccher dankte zuvor den scheidenden Mitgliedern Dieter Steger und Franco Panizza für ihre Arbeit.

Nach einer Unterbrechung für eine Beratung der Opposition schlug Gerhard Lanz (SVP) Manfred Schullian vor, Maurizio Fugatti (Lega) schlug Fabio Scalet vor. Riccardo Dello Sbarba (Grüne) kritisierte die Entsendung von Politikern in diese Gremien und plädierte für Brunhilde Platzer, Richterin am Jugendgericht Bozen. Dello Sbarba warnte auch vor einer rein männlichen Besetzung der Autonomiekommissionen.

Paul Köllensperger (Team Köllensperger) schlug Francesco Palermo vor, den ehemaligen Senator und Verfassungsrechtler. Giorgio Tonini (PD) kündigte die Unterstützung für Scalet, einen unabhängigen Fachmann, und Schullian an. Paolo Ghezzi (Futura 2018) betonte, dass er gegen Scalet nichts habe, sprach sich aber für Platzer und Palermo aus. Alessandro Urzì (gemischte Fraktion) unterstützte Platzer und Scalet, da sie dem technischen Charakter der Autonomiekommissionen am besten entsprächen, während Palermo durchaus ein anerkannter Fachmann sei, aber auch mit einer politischen Einordnung behaftet.

Pietro De Godenz (UPT) sprach sich für Scalet und Schullian aus. Ugo Rossi (PATT) unterstützte die Vorschläge der Mehrheit: Scalet und Schullian. Beide seien Fachleute, aber ihre Wahl sei politisch, und das sei richtig so. Brigitte Foppa (Grüne) kritisierte die “Lemminge” in der Opposition, die die Vorschläge der Mehrheit unterstützten und warnte davor, die Autonomiekommissionen nur mit Männern zu besetzen.

Gerhard Lanz (SVP) betonte, dass er die Vorschläge bereits in der Fraktionssprechersitzung vorgelegt hatte und wehrte sich gegen den Vorwurf der Geheimniskrämerei; es sei die Opposition gewesen, die ihre Vorschläge erst jetzt unterbreitet habe. Giulia Zanotelli (Lage Salvini) plädierte dafür, nicht auf das Geschlecht, sondern auf die Kompetenzen zu achten.

Carlo Vettori (Lega Südtirol) gab Lanz recht: Die Opposition hätte ihre Vorschläge beizeiten bringen sollen. Dello Sbarba wehrte sich gegen das Kompetenzargument von Zanotelli; es könne nicht sein, dass man keine einzige Frau für kompetent halte. Alex Marini (Movimento 5 Stelle) unterstützte die Kandidatenvorschläge der Opposition.

Lucia Coppola (Futura 2018) sah die Genderfrage als zulässig und notwendig. Die Mehrheit solle sich nicht überrumpelt fühlen, wenn die Opposition Kandidatenvorschläge mache, erklärte Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit). Sie kündigte die Enthaltung ihrer Fraktion an, auch zu Platzer, die bisher den Staat in der Sechserkommission vertreten habe.

Sara Ferrari (PD) kündigte ihre Unterstützung für Scalet und Platzer an und sah die Genderfrage auch in diesem Zusammenhang als wesentlich. Mara Dalzocchio (Lega Salvini) meinte, dass die Frauen anderes bräuchten als die ständige Genderdiskussion. Mario Tonina (Civica Trentina) bezeichnete die beiden Kandidaten der Mehrheit als ausgewiesene Fachleute, die, unabhängig von der Geschlechterfrage, diese Region gut vertreten könnten.

Bei der geheimen Wahl entfielen 43 Stimmen auf Scalet, 38 auf Schullian, 15 auf Palermo und 16 auf Platzer. Fabio Scalet (12-er Kommission) und Manfred Schullian (Sechser und Zwölfer)sind damit die beiden Vertreter des Regionalrats in den Autonomiekommissionen.

Das Angebot der Einbringer der beiden Beschlussanträge, die auf der Tagesordnung stehen, diese zu vertagen, wurde vom Plenum, nach eingehender Debatte, mehrheitlich abgelehnt.

RoLa und olympische Spiele

Der Regionalrat sprach sich außerdem für eine bessere Förderung der Rollenden Landstraße (Antrag Team Köllensperger) und für die Nennung der Dolomiten beim Austragungsort der Spiele 2026 (Antrag UPT) aus.

Beschlussantrag Nr. 1, eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Köllensperger, Ploner Alex, Ploner Franz, Unterholzner, Faistnauer und Rieder, sieht vor, dass die Regionalregierung verpflichtet werden soll, die für die Förderung des RoLa-Transportsystems notwendigen Maßnahmen zu prüfen; der Regionalrat möge die Regionalregierung verpflichten, 1. gemeinsam mit dem italienischen Eisenbahnnetz und den Eisenbahnbetreibern die Möglichkeiten zu prüfen, wie die intermodalen Verladezeiten im Güterverkehr reduziert werden können, um die Verlagerung von der Straße auf die Schiene und umgekehrt immer schneller und effizienter zu gestalten; 2. mit den potenziell interessierten Eisenbahnbetreibern – einschließlich den österreichischen – die notwendigen Maßnahmen in Betracht zu ziehen, um die Fortsetzung der Fahrten der RoLa-Züge, die derzeit am Bahnhof Brennersee Halt machen, bis Trento Roncafort wirtschaftlich attraktiv zu machen; 3. mit den potenziell interessierten Eisenbahnunternehmen – einschließlich der österreichischen – die notwendigen Maßnahmen zu prüfen, damit die Fortsetzung des RoLa-Dienstes bis Verona rentabel wird.

Die RoLa sei ein wichtiges Mittel zur Verlagerung des Warenverkehrs auf die Schiene, erklärte Paul Köllensperger (Team Köllensperger). Die bisherigen Unterstützungsmaßnahmen durch Südtirol und das Trentino hätten zu wenig gefruchtet, die Verladezeiten und der Kilometerpreis seien zu wenig attraktiv. Erstrebenswert wäre eine Fortsetzung bis Verona. Die wichtigste Maßnahme wäre aber eine Erhöhung der Mautgebühren auf der A22. Köllensperger erklärte sich auch einverstanden mit zwei Änderungsanträgen der Lega.

Giulia Zanotelli (Lega Salvini) wies auf die schwierige Situation der heimischen Frächter hin, die derzeit auch durch Fahrverbote belastet werde. Es brauche stärkere Kontrollen gegen unlautere Konkurrenz, eine Mauterhöhung wäre eine weitere Belastung. Lucia Coppola (Futura 2018) unterstützte den Antrag. Die Verkehrsbelastung auf der A22 steige stetig. Die Fertigstellung der Valdastico, für die sich die Trentiner Mehrheit ausspreche, wäre eine weitere Belastung. Der Kombiverkehr sei noch nicht konkurrenzfähig, daher seien die Kosten des Bahntransports zu senken und jene der Autobahn zu erhöhen.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) sprach sich für den ursprünglichen Antrag aus, aber gegen die Änderungsanträge der Lega, die eine Fortführung des bisherigen Weges forderten. Hauptanliegen seien nicht die Transporteure, sondern die Gesundheit der Menschen. Er verteidigte die österreichische LKW-Kontingentierung, die einen Kollaps verhindere. Waren, welche die Euregio nur durchquerten, sollten auf die Bahn gezwungen werden.

Hanspeter Staffler (Grüne) begrüßte die geforderte Maßnahme, sah sie aber nur als Tropfen auf dem heißen Stein. Die Grenzwerte würden permanent überschritten. Die Politik müsse sich im Wesentlichen um die gesamte Bevölkerung kümmern, und nicht um einzelne Sektoren. Die Schweiz und Österreich hätten eine Verkehrspolitik für die Menschen gemacht, dort würden keine Zuwächse verzeichnet. Die RoLa werde nicht alles lösen, es brauche Verladebahnhöfe, um die Container auf die Bahn zu bringen. Außerdem sei die Maut zu erhöhen.

Die Autobahn sei am Limit angelangt, erklärte Helmut Tauber (SVP). Die RoLa müsse attraktiver werden, sie sei ein erster, richtiger Schritt. Man müsse aber auch die Mautpolitik überdenken und die Korridormaut einführen. Sandro Repetto (PD) unterstützte den Antrag, er enthalte praktische Vorschläge. Er vermisse eine Zusammenarbeit zwischen A22 und Staatsbahnen, eine gemeinsame Strategie. Diese wäre aber wesentlich.

Maurizio Fugatti, Vizepräsident der Region, erklärte sich im Namen der Regionalregierung mit dem Antrag einverstanden. Gerhard Lanz (SVP) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an. Alex Marini (M5S) kündigte ebenfalls Zustimmung an. Die RoLa sei nicht alles, aber ein Beitrag zur Lösung. Lucia Coppola (Futura 2018) erklärte Zustimmung zum Antrag, nicht aber zu den Änderungsvorschlägen der Lega. Der Antrag wurde in vier Teilabstimmungen mit breiter Mehrheit angenommen.

Beschlussantrag Nr. 2, eingebracht von den Regionalratsabgeordneten De Godenz, Rossi und Tonini, sieht vor, dass die Regionalregierung verpflichtet werden soll, sich dafür zu verwenden, damit die Bezeichnung der Olympischen Winterspiele von „Mailand-Cortina 2026″ auf „Mailand-Cortina-Dolomiten 2026″ abgeändert werde. Sie soll verpflichtet werden, 1. zu berücksichtigen, wie wichtig für die Region und für die Veranstaltung selbst die Zusatzbezeichnung „Dolomiten” bei der Kandidatur der Olympischen Winterspiele ist, die heute nur mit dem Namen Mailand und Cortina hinterlegt worden ist, auch angesichts der Tatsache, dass unser Gebiet ein Kompetenzzentrum für den Wintersport und für die Organisation der damit verbundenen Veranstaltungen ist; 2. sich durch den Präsidenten in allen institutionellen Gremien dafür zu verwenden und alle möglichen Anstrengungen zu unternehmen – beginnend mit der Wiederaufnahme des Dialogs zu diesem Thema mit den Regierungsverantwortlichen von Venetien und der Lombardei -, damit die Bezeichnung sowohl während der Bewerbungsphase als auch nach einem eventuellen Zuschlag der Olympischen Winterspiele von „Mailand-Cortina 2026″ auf „Mailand-Cortina-Dolomiten 2026″ abgeändert werde.

Einige Wettkämpfe würden auch in unserer Region ausgetragen, und das sollte vermerkt werden, meinte Pietro De Godenz (UPT), die Dolomiten seien außerdem ein bekannter Name. Gianluca Cavada (Lega Salvini) unterstützte den Antrag. Die Austragung der Spiele in unserer Region wäre von großem wirtschaftlichem Interesse, wobei die Anlagen bereits vorhanden wären und nur auf den neuesten Stand gebracht werden müssten. Paolo Ghezzi (Futura 2018) unterstützte den Antrag ebenfalls. Wenn “Milano-Cortina” bleibe, würde unsere Region ein Anhängsel der beiden anderen.

Helmut Tauber (SVP) sah die Austragung der Spiele als große Chance für alle. Er verwies auf die bereits gute Zusammenarbeit der Hotelleriebranche im Vorfeld der Bewerbung. Die Spiele seien auch eine Chance für die öffentliche Mobilität. Sven Knoll (STF) zitierte eine Aussage von LH Kompatscher vor einem Jahr, mit der er sich eindeutig gegen eine Bewerbung Südtirols ausgesprochen habe. Die olympischen Spiele seien keine nachhaltige Veranstaltung, eine gemeinsame Bewerbung mit Veneto und Lombardei – jedenfalls für Südtirol – unpassend.

Ugo Rossi (PATT) sah die Spiele hingegen als Werbeträger für unsere Region. Es werde nichts Neues gebaut, man nutze die bestehenden Anlagen. Dazu stehe auch LH Kompatscher, der nur ein paar Bedingungen gestellt habe. Rossi kritisierte aber eine etwas zu hohe Trentiner Beteiligung an den Bewerbungskosten. Er kündigte schließlich seine Zustimmung an.

Ulli Mair (Freiheitliche) erinnerte an den Dreier-Landtag 2010, der eine Bewerbung der Europaregion aufgrund des Widerstands der Trentiner abgelehnt habe. Jetzt würden sich die Trentiner mit dem Zusatz “Dolomiten” begnügen. Riccardo Dello Sbarba (Grüne) erinnerte an das Nein des Südtiroler Landtags gegen eine Südtiroler Bewerbung. Die Landesregierung sei aber im November umgeschwenkt. Manche Vorredner würden in den Spielen eine Chance für den öffentlichen Personenverkehr sehen, aber das sei nicht gesichert. Es gebe begründete Zweifel an der Nachhaltigkeit solcher Veranstaltungen. Der Antrag sei auch überflüssig, da sich die Landesregierung bereits um eine Namensänderung bemühten. Er kündigte Enthaltung an.

Walter Kaswalder (Autonomisti Popolari) sprach sich für den Antrag aus. Mit der Austragung in der Region könne man auch beweisen, dass die Spiele nicht unbedingt mit enormen Kosten verbunden seien. Maurizio Fugatti sprach sich im Namen der Regionalregierung für den Antrag aus. Ugo Rossi wies in seiner Stimmabgabeerklärung die Kritik Mairs zurück. Innsbruck habe eine Bewerbung per Referendum abgelehnt.

Pietro De Godenz unterstrich, dass die Namensänderung eine wichtige Marketingoperation wäre. Bei der erwähnten Euregio-Bewerbung wäre für Trentino und Südtirol nur wenig geblieben. Sven Knoll korrigierte Rossi: Die Euregio-Bewerbung sei 2010 abgelehnt worden, die Innsbrucker Spiele 2016. Das Trentino habe sich gegen die Euregio-Bewerbung ausgesprochen, um sich dann selbst zu bewerben.

Alessandro Urzì (gemischte Fraktion) sprach sich für den Antrag aus, weil er die Region ins Zentrum stelle. Besser wäre, wenn die Region direkt genannt wäre, aber mit den Dolomiten drücke man die Gemeinsamkeit mit der Region aus. Roberto Failoni (Lega Salvini) sprach sich dafür aus und wunderte sich, warum man nicht früher schon auf die Namensänderung gedrängt habe. Die Kostenaufteilung sei noch unter der Mitte-Links-Regierung vereinbart worden.

Gerhard Lanz (SVP) erinnerte daran, dass sich die genannten Bedenken Südtirols an eine frühere Konstellation richteten. Die heutige Ausrichtung sei hingegen unterstützenswert. Sandro Repetto (PD) meinte, ohne bestimmte Großveranstaltungen wären Südtirol und Trentino nicht so bekannt wie heute. Der Sport sei ein wichtiger Botschafter.

Alex Marini sprach sich ebenfalls für den Antrag aus. Der Antrag wurde mit 45 Ja, zwei Nein und fünf Enthaltungen angenommen.

Damit war die Tagesordnung erschöpft und die Sitzung beendet.

Von: mk

Bezirk: Bozen