Neofaschisten nahestehende Buchautorin sorgt für Aufruhr

Scharfe Proteste gegen rechtsextreme Buchvorstellung im Gemeindesaal

Freitag, 29. März 2019 | 08:04 Uhr

Bozen – Die Präsentation des Buches „Inferno spa“ der italienischen Autorin Francesca Totolo, welche am Donnerstag, den 28. März um 20.30 Uhr im Bozner Gemeindesaal stattfand, schlägt in der Landeshauptstadt seit Tagen hohe Wellen. Der italienische Partisanenverband Anpi, Antifaschisten verschiedenster Couleur sowie linke Parteien und Organisationen laufen seit Tagen Sturm gegen die Buchpräsentation. Ins Visier der Kritiker geriet insbesondere auch der Bürgermeister der Stadt Bozen und seine Gemeindeverwaltung, weil der Autorin, die sich im rechtsextremen Milieu bewegt, für die Präsentation ihres Buches der Gemeindesaal zur Verfügung gestellt worden war.

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Betrachtet man die Autorin näher, sind die Proteste nicht verwunderlich. Francesca Totolo, die sich selbst als „Dama sovranista“ – als Dame der Italienischen souveränen Front – sowie als „stolze italienische Patriotin“ bezeichnet, kann allgemein dem italienischen rechten bis neofaschistischen Milieu zugeordnet werden. Die Autorin und Journalistin arbeitet unter anderem mit der 2013 von den Neofaschisten des dritten Jahrtausends von CasaPound gegründeten Onlinezeitschrift „Il Primato Nazionale“ zusammen. In diesem Sinne ist es auch wenig überraschend, dass ihr neuestes Buch, „Inferno spa“, bei „Altaforte Edizioni“ – der Verlagsanstalt von „Il Primato Nazionale“ – erscheint. Bei ihren Buchvorstellungen, die regelmäßig in den Buchgeschäften von „Altaforte Edizioni“ stattfinden, zeigt sich Francesca Totolo immer wieder mit den lokal führenden Politikern und Aktivisten von CasaPound. Auch bei der Buchvorstellung im Bozner Gemeindesaal kündigten die wichtigsten Bozner Vertreter von CasaPound Italia – unter anderem die Gemeinderäte Andrea Bonazza, Maurizio Puglisi Ghizzi und Sandro Trigolo – ihre Teilnahme an.

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In ihrem Buch „Inferno spa“ geht Francesca Totolo mit der offiziellen Flüchtlingspolitik hart ins Gericht. Das Buch selbst klagt den angeblich bestehenden „Markt der Aufnahme“ an und soll im Sinne der Autorin das ganze Netzwerk aus Rettungsorganisationen, Politikern und humanitären Vereinigungen, die allein den Protagonisten eines „grausamen Globalismus“ dienen, aufdecken.

Besondere Bekanntheit erlangte Francesca Totolo aber dadurch, dass sie bei ihrer Kritik an der Flüchtlingspolitik in ein tiefes Fettnäpfchen trat. Anlässlich der Rettung von Josefa, einer Frau aus Kamerun, die im Juli letzten Jahres vom Schiff der spanischen Nichtregierungsorganisation Open Arms aus dem Meer gezogen worden war, kritisierte Totolo die roten Fingernägel der Flüchtlingsfrau. Stammt der Nagellack von den Schleppern oder schlägt man sich bei Open Arms mit Nagellack die Zeit tot, machte sich die Autorin über die gerade noch mit dem Leben davongekommene Frau und ihre Retter lustig. Weitere Bilder, die bewiesen, dass Josefa bei ihrer Rettung keine roten Fingernägel besessen hatte, entlarvten den Tweet von Francesca Totolo als Ente. Später erklärte eine Aktivistin, dass Freiwillige von Open Arms, um Josefa zu beruhigen und mit ihr sprechen zu können, ihre Fingernägel bemalt hatten. Der widerliche Tweet trug Francesca Totolo den Vorwurf ein, Fake News zu verbreiten.

Facebook/Altaforte Edizioni (Bolzano)

Derweil gehen in Bozen die Wellen hoch. Der italienische Partisanenverband Anpi von Bozen ging dabei mit der Gemeinde Bozen hart ins Gericht. Der Anpi von Bozen erinnerte die Gemeinde daran, dass die Buchvorstellung „eines Verlags, der klar der extremen Rechten und den sich selber als solche bezeichnenden ‚Faschisten des dritten Jahrtausends‘ zugeordnet wird, mit den Grundwerten und dem Statut der Stadtgemeinde Bozen unvereinbar ist“. Der lokale Anpi kritisiert insbesondere, dass – wie das Beispiel von Meran zeigt – es keiner besonderen Maßnahme oder Verordnung bedurft hätte, eine solche Veranstaltung zu unterbinden, weil „sie zweifelsohne in scharfen Widerspruch zur Verfassung und zu den Werten des Zusammenlebens und der Toleranz, wie sie auch im Statut der Stadtgemeinde Bozen zu finden sind, in Widerspruch stehen“. Linke Parteien und Organisationen wie Die Linke und Bozen solidale bliesen ins gleiche Horn und kritisierten ebenfalls die Zurverfügungstellung öffentlicher Räume an Verlagen, Autoren und politischen Gruppierungen, die sich im rechtsextremen Milieu bewegen.

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Zu Recht fragen sich auch viele Boznerinnen und Bozner, wie es zusammengeht, dass die hohen Vertreter der Stadtgemeinde einerseits an mehreren Tagen im Jahr den Opfern des Faschismus und Nationalsozialismus gedenken und andererseits einer Autorin und einem Verlag, die sich im Umfeld der Faschisten des dritten Jahrtausends bewegen ohne Not den Gemeindesaal zur Verfügung stellen.

Von: ka

Bezirk: Bozen