Kommentar

Schmerzhafte Scheidung – ungewisse Zukunft

Donnerstag, 06. April 2017 | 10:36 Uhr

London/Brüssel – Es steht Spitz auf Knopf in den Brexit-Verhandlungen. In Brüssel legte man fest, dass über das zukünftige Verhältnis zwischen EU und GB erst nach dem Austritt der britischen Inseln verhandelt wird. London weiß zudem längst, dass es keinen Zugang zum EU-Markt ohne Personenfreizügigkeit geben wird. Einem Dreivierteljahr nach der Brexit-Entscheidung bleibt selbst den Ausstrittswilligsten unter den Engländern der Jubel im Hals stecken. Die auf dem europäischen Festland lebenden Briten bemühen sich allerorts einen begehrten EU-Pass zu bekommen, um damit als zukünftiger Doppelpassinländer den Brexit-Schwierigkeiten zu entgehen. Auf den Inseln selbst brechen alte Wunden auf, weil jene Länder, die wie Nordirland und Schottland mehrheitlich gegen einen Brexit gestimmt hatten, London nicht in die ungewisse Zukunft folgen wollen.

Auf der anderen Seite ist die Lage auch nicht besser. Die Rest-EU hat die Gewissheit, dass das eigene Unvermögen, den Problemen der Zeit Herr zu werden, mit zum Austritt der Briten beigetragen hat. Von der Euro- über die Migrationskrise bis zu den Kriegen und Krisen im Süden und Osten der Union, herrscht allerorts mehr Wurstelei als entschlossenes Entscheiden. Hohe Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Misere im Süden und Ärger über die EU im Norden vertiefen das Misstrauen zwischen den Staaten. Kurz nach ihrem 60-Jahr-Jubiläum steht die EU am Scheideweg.

Gibt der Brexit den Übriggebliebenen den Kick, wie vor 60 Jahren auf den Trümmern eine Friedens- und Wohlstandsordnung aufzubauen, oder ist er nur der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Exits von Ländern, die die EU verlassen wollen?

Reuters

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Von: ka

Bezirk: Bozen