Von: mk
Bozen – Wie hat sich die Geschlechtergleichstellung in Südtirol und Italien entwickelt? Wer waren die ersten Frauen, die in den Südtiroler Landtag gewählt wurden, und welche Erfahrungen haben sie gemacht? Wie steht es mit den Frauen in der Gemeindepolitik aus? Welche Aufgaben haben die Landtagsabgeordneten und wie schaut ihre tägliche Arbeit aus? Mit diesen Themen befassten sich heute Vormittag rund 130 Schülerinnen und Schüler aus Südtiroler Oberschulen aller drei Sprachgruppen (Franziskanergymnasium, Maria-Hueber-Gymnasium, Pascoli-Gymnasium, Realgymnasium und Fachoberschule für Bauwesen „Peter Anich“ in Bozen sowie Wirtschaftsfachoberschule Raetia in St. Ulrich) im Rahmen des Workshops der Tagung „60 Jahre Frauenvertretung im Südtiroler Landtag 1964 – 2024“ im Landtag in Bozen.
Die Jugendlichen wurden von Landtagspräsident Arnold Schuler willkommen geheißen, der unterstrich: „Die Beteiligung von Frauen in der Politik war und ist eine Bereicherung. Deshalb ist es wichtig, dass Frauen, die politisch tätig sein möchten, unterstützt werden.“ Landeshauptmann Arno Kompatscher merkte an, dass die ersten Grußworte von zwei Männern kämen und ergänzte: „Frauen in der Politik sind auch heute noch ein Thema, auch wenn das nicht so sein sollte. Eine gleichberechtigte Vertretung ist noch nicht erreicht, dabei wird Politik besser, wenn sie von Frauen und Männer gemeinsam gemacht wird.”
Begrüßt wurden die Jugendlichen auch von den Vertreterinnen der Einrichtungen, die die Tagung gemeinsam mit dem Landtag organisiert hatten: Katharina Crepaz vom Center for Autonomy Experience von Eurac Research, Ulrike Oberhammer, Vorsitzende des Landesbeirats für Chancengleichheit für Frauen, Gleichstellungsrätin Brigitte Hofer und Alessandra Spada, Präsidentin des Frauenarchivs Bozen.
Anlass für die Veranstaltung war die Wahl der ersten weiblichen Abgeordneten in den Südtiroler Landtag im Jahr 1964: Mit Lidia Menapace und Waltraud Gebert-Deeg saßen in der ersten Sitzung der V. Legislatur erstmals weibliche Mandatarinnen im Plenarsaal des Landtages und beteiligten sich damit an einem politischen Prozess, der zuvor – seit 1948 – ausschließlich Männern vorbehalten war. Die Erfahrungen der ersten beiden Landtagsabgeordneten waren dann auch Inhalt von zwei Vorträgen: Die freie Journalistin Renate Mumelter berichtete über das Familienleben und das soziale und politische Engagement von Gebert-Deeg, die in zwei Legislaturen zur Landesrätin bestellt wurde und als erste Frau das Amt der Landtagspräsidentin innehatte, Alessandra Spada referierte über den Weg Menapaces – von den Partisanenbewegungen über den politischen Aktionismus in Landtag und Senat bis hin zu ihrem feministischen Engagement. Chiara Paris (Center for Advanced Studies – Eurac Research) dagegen beleuchtete die „Entwicklung der Geschlechtergleichstellung in Südtirol und Italien”, Sara Boscolo (Institut für Public Management von Eurac Research) sprach über Frauen in der Gemeindepolitik. Die Künstlerin Valentina Stecchi kommentierte die Vorträge zeichnerisch.
Das angeeignete Wissen konnten die Schülerinnen und Schüler beim anschließenden Ratespiel zum Thema „Frauen in der Politik: global, lokal und national“ auf die Probe stellen. Es folgte eine Fragerunde mit den Landtagsabgeordneten Brigitte Foppa, Madeleine Rohrer, Waltraud Deeg und Maria Elisabeth Rieder. Das Interesse der Schülerinnen und Schüler an den Erfahrungen der Politikerinnen war groß, die angesprochene Themenpalette reichte von den unterschiedlichen Eigenschaften von Frauen und Männern und ihren Einsatz in der Politik, über die Rolle der Pionierinnen und die Schwierigkeit von Frauen, in Entscheidungsgremien gehört zu werden, bis hin zu Frauenquoten, der Freude an der Politik und den Angriffen und Beleidigungen in den sozialen Medien und andernorts. Von den Abgeordneten kam die Aufforderung – vor allem an die jungen Frauen –, sich zu trauen und mit dem Bewusstsein für die eigenen Fähigkeiten den Weg in die Politik zu gehen.
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