Schwedischer Migrationsminister setzt auf Härte

Schwedischer Minister: Abschiebung “ab einem Hafttag”

Mittwoch, 22. Oktober 2025 | 06:05 Uhr

Von: apa

Der schwedische Migrationsminister Johan Forssell will kriminelle Ausländer ungeachtet ihres Aufenthaltsstatus bereits bei kleinsten strafrechtlichen Vergehen abschieben. “Wenn Sie kein schwedischer Bürger sind und zu einem Tag in Haft verurteilt werden – dann werden Sie abgeschoben”, sagte Forssell der APA am Rande der Wiener Migrationskonferenz. Der konservative Politiker begründete den Vorstoß mit der deutlichen Zunahme von Straftaten, die durch Ausländer begangen werden.

Forssells Pläne werden in Schweden äußerst kontrovers diskutiert, weil sie auch Personen mit dauerhafter Aufenthaltsgenehmigung betreffen würden. Der Parteifreund von Ministerpräsident Ulf Kristersson betonte im Gespräch mit Journalisten, dass es für seinen Vorstoß “starke öffentliche Unterstützung” gebe. Besonders stark sei der Rückhalt gerade unter Personen mit Migrationshintergrund, weil diese selbst oft Leidtragende der Gang-Kriminalität in dem skandinavischen Land sind.

Gesetz soll noch vor Parlamentswahl 2026 umgesetzt werden

Das Gesetz soll im kommenden Jahr umgesetzt werden, noch vor der für Herbst geplanten Parlamentswahl, so Forssell. Er kündigte an, dass es auch Ausnahmen für Härtefälle enthalten werde. Ziel sei aber, der grassierenden organisierten Kriminalität im Land einen Riegel vorzuschieben. “Immer noch bleiben viel zu oft Menschen in Schweden, obwohl sie Gewalttaten in Gangs begangen haben.”

Forssell räumte ein, dass das Gesetz an die Grenzen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) stoßen könnte. “Das könnte ein Problem in der Zukunft sein. Unsere dänischen Kollegen machen diese Erfahrung ständig”, sagte er mit Blick auf ausländische Sexualstraftäter, die das Nachbarland wegen Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) nicht los wird. In diesem Zusammenhang ließ er Sympathien für den auch von Österreich unterstützten Vorstoß erkennen, die EMRK oder ihre Auslegung zu ändern. “Die Konvention wurde uns nicht von Gott gegeben, sondern sie kann von Politikern geändert werden. Wenn wir diesen Weg beschreiten müssen, dann werden wir es tun. So wie es heute ist, kann es nicht bleiben.”

Forssell berichtete, dass in Schweden nicht nur die Asylzahlen einen historischen Tiefststand erreicht hätten, sondern auch die notorischen Schießereien unter Gangs deutlich zurückgegangen seien. Dies liege daran, dass man der Polizei zusätzliche Instrumente in die Hand gegeben habe, etwa zur elektronischen Überwachung von Kommunikationsmitteln wie Handys. Ob dabei israelische Technologie eingesetzt werde, wollte Forssell auf eine entsprechende Frage nicht kommentieren.

“Wir investieren viel in neue Technologien”, sagte Forssell. Er betonte, dass alle Maßnahmen “in vollem Einklang mit dem Völkerrecht und internationalen Konventionen” stünden. “Wir sind hier in Schweden”, spielte der Politiker auf die langjährige demokratische und rechtsstaatliche Tradition des Landes an.

Regierung habe bewiesen, “dass Kurswechsel in Schweden möglich ist”

Schweden wird seit drei Jahren von einer Vier-Parteien-Koalition aus drei konservativen Traditionsparteien und den rechtspopulistischen Schwedendemokraten regiert, die damit erstmals Anteil an den Regierungsgeschäften haben. Obwohl sie die größte Kraft im Regierungslager sind, stellen sie keinen Minister. Forssell betonte, dass die Maßnahmen im Migrationsbereich unter allen vier Koalitionspartnern abgestimmt seien und es dafür auch starke öffentliche Unterstützung gebe.

Angesprochen auf Umfragen, die die Schwedendemokraten anders als die restlichen Regierungsparteien im Höhenflug zeigen, sagte Forssell, dass “es Zeit braucht, alle politischen Maßnahmen umzusetzen”. Die Regierung habe gezeigt, “dass es möglich ist, einen Kurswechsel in Schweden durchzuführen”. Der Paradigmenwechsel sei erfolgt, aber noch nicht umgesetzt. “Jetzt liegt es an den Wählern zu entscheiden, ob wir das fortsetzen oder dorthin zurückkehren, wo wir gewesen sind”, sagte er mit Blick auf die im Jahr 2022 abgewählten Sozialdemokraten, die mit ihren linken Bündnispartnern gute Aussichten auf ein Comeback nach der Wahl im September 2026 haben.

Aufnahmelager in Drittstaaten werden kommen

In der europäischen Asyl- und Migrationspolitik sieht Forssell den Ball bei der Europäischen Kommission, insbesondere was Rückführungen in Staaten wie Afghanistan oder Syrien betrifft. Auch das Thema von Aufnahmezentren in Drittstaaten solle auf EU-Ebene geregelt werden. Der konservative Minister zeigte sich überzeugt, dass es trotz des jahrelangen Tauziehens – etwa rund um das italienische Aufnahmelager in Albanien – letztlich zu solchen Zentren kommen werde. “Denn was ist denn die Alternative?” Es gehe darum, dass die Bürger nicht auch noch den letzten Rest ihres Vertrauens in die Migrationspolitik verlieren. Deshalb brauche es Lösungen.

Angesprochen auf den im EU-Asyl- und Migrationspakt vorgesehenen Solidaritätsmechanismus sagte Forssell, dass Schweden zu diesem stehe. Weil man aber in den vergangenen Jahren schon sehr viele Migranten aufgenommen habe, sei man diesbezüglich eher an der Variante finanzieller Kompensationszahlungen interessiert.

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