Bericht macht hellhörig

Selbst “Z-Blogger” glauben nicht mehr an Putins Krieg

Freitag, 30. Mai 2025 | 11:52 Uhr

Von: mk

Moskau – Propaganda läuft in Russland nicht nur im Staatsfernsehen, sondern auch auf Telegram. Sogenannte Z-Blogger, die auf ihren Kanälen zum Teil Millionen von Anhängern haben, peitschen die Massen auf den imperialistischen Kurs Moskaus ein und verteidigen den Überfall auf die Ukraine. Doch sie heizen nicht nur die Stimmung auf, sondern teilen auch strategische Kenntnisse rund um die Geschehnisse an der Front. Nun scheint allerdings selbst bei treu ergebenen Kriegs-Influencern ein Umdenken stattzufinden.

Z-Blogger Maxim Kalaschnikov hat sich erst kürzlich bei Kursk an die Front begeben und zog ein ernüchterndes Fazit: Viele Soldaten an der Front sehen demnach keinen Sinn mehr im anhaltenden Krieg.

“Wenn du die russische Regierung wärst, was würdest du für den Sieg tun?“, fragte er in einem Interview einen Offizier, der für Russland gegen die Ukraine kämpft. Die Antwort kam unvermittelt: „Ich würde den ganzen Krieg sofort stoppen.” Dieses Massaker müsse aufhören, meinte der russische Offizier. “In Bezug auf die Verteidigung, ja, da können wir noch etwas tun, aber für eine Offensive benötigen wir zusätzliche Kräfte und Reserven. Ich würde den Krieg stoppen.”

Diese Aussage steht im besonderen Kontrast zu russischen Propaganda-Berichten über “heroische Offensiven” und “neue Siege”, die rund um die Uhr vom Kreml und seinen Gefolgsleuten verbreitet werden.

„Die Kriegsmüdigkeit ist extrem, selbst erprobte Kämpfer glauben, dass sich strategisch grundsätzlich nichts ändern wird und es an der Zeit ist, das Massenmorden auf beiden Seiten zu beenden“, schrieb Kalaschnikov auf Telegram.

Während die Verluste an der Front enorm sind, prägen Erschöpfung und Skepsis die Stimmung der Soldaten. Kalashnikov berichtete von Kämpfen, insbesondere um das Dorf Tjotkino, die weiter andauern. Die Lage sei chaotisch und unkontrollierbar, trotz des Artilleriebeschusses und der Luftangriffe. Dies sei keine Armeestrategie, sondern ein Fleischwolf, kritisierte der anfängliche Kriegsbefürworter.

Dass sich Kalaschnikovs Äußerungen nicht nur gegen die militärische, sondern ebenso gegen die politische Führung Russlands und damit indirekt auch gegen Wladimir Putin richten, zeigt seine Kritik an den sogenannten Friedensverhandlungen, die derzeit stattfinden. Diese bezeichnete er schlichtweg als “Seifenoper”.

Die psychologische Lage in der russischen Armee ist laut Kalaschnikov kritisch. Seine Äußerungen zeigen aber auch: Nicht nur Soldaten haben genug vom Blutvergießen. Selbst loyale Blogger sprechen von Sinnlosigkeit des Krieges. Die innere Krise, die sich auf russischer Seite breit macht, spielt sich demnach nicht nur an der Front ab, sondern auch in den Köpfen derjenigen, die den Krieg zuletzt enthusiastisch unterstützt haben.

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