Treffen der Staats- und Regierungschefs der G7 in Hiroshima

Selenskyj beim G7-Gipfel in Japan erwartet

Samstag, 20. Mai 2023 | 07:42 Uhr

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird am Nachmittag beim G7-Gipfel im japanischen Hiroshima erwartet. Im Kreis der führenden demokratischen Industriestaaten geht es um weitere militärische und finanzielle Hilfen für die Ukraine im Kampf gegen die russische Invasionsarmee. US-Präsident Joe Biden hatte am Freitag grundsätzlich den Weg freigemacht für eine Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine. Er wird in Japan direkt mit Selenskyj sprechen.

Am Rande des Gipfels würden die beiden einander zu einem bilateralen Gespräch treffen, bestätigte Bidens Nationaler Sicherheitsberater, Jake Sullivan, am Samstag in Hiroshima. Biden freue sich darauf, sich von Angesicht zu Angesicht mit Selenskyj zusammenzusetzen.

Unterdessen einigten sich die G7-Staaten auf eine härtere Gangart gegenüber China. Risiken im China-Geschäft und für die Lieferketten müssten verringert werden. Auch sollen Investitionen in der Volksrepublik vorher zum Schutz wichtiger Technologien besser überprüft werden. “Wir wollen das Risiko verringern, uns nicht abkoppeln”, sagte Sullivan.

In einer gemeinsamen Erklärung wollten sich die G7-Staaten auch gegen “wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen” wenden, was auf China abzielt. Die G7-Staaten sehen mit Sorge, das China bei politischen Streitigkeiten häufig sein wirtschaftliches Gewicht einsetzt und Druck auf andere Staaten ausübt. Zur G7 gehören die USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada sowie die Europäische Union.

Um Chinas wachsendem Einfluss in der Welt zu begegnen, rief EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dazu auf, Länder im globalen Süden mit attraktiven Finanzierungsangeboten enger an den Westen zu binden. Das von China gestartete Investitionsprojekt “Neue Seidenstraße” habe für Schwellen- und Entwicklungsländer wie ein gutes und günstiges Angebot ausgesehen. Viele Länder von ihnen hätten aber schlechte Erfahrungen mit China gemacht. “Sie nahmen chinesische Kredite und endeten in einer Schuldenkrise”, erklärte sie. Für die G7-Staaten eröffne sich deswegen eine Gelegenheit. “Wir sollten Schwellenländern, die bereit sind, mit uns zusammenzuarbeiten, Partnerschaften anbieten, von denen beide Seite profitieren”, sagte sie.

Politisch hat sich China mit seiner Rückendeckung für Russlands Präsident Wladimir Putin im Angriffskrieg gegen die Ukraine ins Abseits manövriert. Mit Sorge wird auch das angriffslustige Auftreten von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping beobachtet. Die Spannungen wachsen: China droht mit einer Eroberung des demokratischen Taiwans und erhebt umstrittene Machtansprüche im Ost- und Südchinesischen Meer, durch das wichtige Schifffahrtswege führen. Kritik gibt es auch an Menschenrechtsverletzungen. China wird zwar weiter als Partner und Wettbewerber gesehen, aber zunehmend als systemischer Rivale.

Am Freitag hatte Biden grundsätzlich einer Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine zugestimmt – im Rahmen einer Koalition mehrerer Bündnispartner. Zunächst sollen Piloten ausgebildet werden. Dann wird nach US-Angaben entschieden, wann und wie viele Flugzeuge von wem geliefert werden. Europäische Verbündete wie die Niederlande und Großbritannien treiben die Kampfjet-Allianz voran. Auch Belgien, Dänemark, Portugal und Frankreich tragen das Projekt mit.

Selenskyj begrüßte die Unterstützung der USA als “historische Entscheidung”. “Dies wird unsere Armee am Himmel erheblich stärken”, twitterte Selenskyj. “Ich freue mich darauf, die praktische Umsetzung dieser Entscheidung während des G7-Gipfels in Hiroshima zu erörtern.”

Zum Abschluss des dreitägigen Gipfels am Sonntag wird der ukrainische Präsident an den Arbeitssitzungen teilnehmen. Es ist das erste Mal seit Beginn des russischen Angriffs am 24. Februar des vergangenen Jahres, dass Selenskyj nach Japan reist.

Die US-Regierung trat dem Eindruck entgegen, ihre Unterstützung der Kampfjet-Koalition sei eine politische Kehrtwende. “Es hat sich nichts geändert”, sagte der Nationale Sicherheitsberater Bidens, Jake Sullivan, am Samstag in Hiroshima. Die USA hätten F-16-Kampfjets nie vom Tisch genommen. Zuvor sei jedoch nicht die Zeit dafür gewesen.

Sullivan sagte, die Entscheidungen über Waffenlieferungen an die Ukraine seien von Anfang an den Erfordernissen im Kriegsgeschehen gefolgt. Nun sei man “an einem Punkt angelangt, an dem es an der Zeit ist, in die Zukunft zu blicken” und zu bewerten, was die ukrainischen Streitkräfte langfristig bräuchten, um russische Aggression abzuschrecken und abzuwehren. Und da kämen die Kampfjets ins Spiel.

Angesprochen auf ein mögliches Eskalationspotenzial in dem Krieg, weil solche Jets womöglich für Attacken über russischem Gebiet eingesetzt werden könnten, betonte Sullivan, alle Waffenlieferungen unterlägen grundsätzlich der Prämisse, dass die USA keine Angriffe auf russischem Boden ermöglichten oder unterstützten. Daran habe sich die Ukraine bisher klar gehalten.

Von: APA/dpa/Reuters