Von: APA//Reuters/dpa
Die USA haben nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ein mögliches neues Format für Friedensgespräche mit Russland unter Beteiligung Europas angeboten. Kiew werde über das Format entscheiden, sobald klar sei, ob die am Freitag wieder aufgenommenen bilateralen Gespräche mit US-Unterhändlern positiv verliefen, sagte Selenskyj am Samstag vor Reportern in Kiew. Am Wochenende sollte im US-Staat Florida verhandelt werden.
Die USA hätten erklärt, sie würden ein separates Treffen mit Vertretern Russlands abhalten. “Und sie haben das folgende Format vorgeschlagen, soweit ich das verstehe: Ukraine, Amerika, Russland und, da es dort Vertreter Europas gibt, wahrscheinlich auch Europa”, sagte Selenskyj.
Am Sonntag und Montag hatten führende europäische Staaten, die USA und die Ukraine in Berlin über eine Konfliktlösung verhandelt. In Florida wollten die US-Unterhändler mit Vertretern Russlands sprechen. Die Erfolgsaussichten gelten als gering, zeigte sich Kreml-Chef Wladimir Putin doch am Freitag demonstrativ unnachgiebig.
Vor Tagen kündigte ein hochrangiger US-Beamter an, dass man sich in Florida in Arbeitsgruppen treffen wolle. Militärvertreter sollen demnach auch dabei sein. Auch ukrainische und europäische Regierungsvertreter werden in Florida erwartet, darunter der außenpolitische Berater von Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz, Günter Sautter. Er machte sich bereits am Freitag auf den Weg, um dort “informelle Gespräche mit der US-Regierung” zu führen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr.
Medienberichten zufolge ist ein Treffen mit dem Ukraine-Sonderbeauftragten von US-Präsident Donald Trump, Steve Witkoff, geplant, an dem auch Vertreter von Großbritannien und Frankreich teilnehmen sollen. Gespräche der deutschen und russischen Seite sind nicht vorgesehen. Die russische Delegation soll den Berichten zufolge von Putins Berater Kirill Dmitrijew angeführt werden. Er soll mit Witkoff über die Ergebnisse der zweitägigen Gespräche in Berlin sprechen.
Bei den Sicherheitsgarantien gibt es Bewegung
In den Verhandlungen geht es um zwei zentrale Punkte: Sicherheitsgarantien und Gebietsfragen. Bei den geplanten Garantien für den Fall eines Waffenstillstands gab es nach Angaben von allen Seiten Fortschritte. “Was die USA hier in Berlin an rechtlichen und an materiellen Garantien auf den Tisch gelegt haben, ist wirklich beachtlich”, sagte etwa Deutschlands Kanzler Merz. Gemeint ist nach seinen Angaben vor allem die Bereitschaft der USA, der Ukraine Garantien in der Nähe von Artikel 5 des NATO-Vertrags zu geben. Danach wird ein Angriff auf einen Staat wie ein Angriff auf alle behandelt.
Die Europäer machten das Angebot, mit Unterstützung der USA eine “multinationale Truppe” aufzustellen, die für Sicherheit zu Land, auf See aber auch am Boden in der Ukraine sorgen soll. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj scheint sich seinerseits damit abgefunden zu haben, dass ein NATO-Beitritt seinens Landes derzeit unrealistisch ist.
In der Gebietsfrage gibt es keine Bewegung
Die schwierigste Frage bis ganz zum Schluss dürfte die Gebietsfrage bleiben. Zu Russlands Kernforderungen für einen Waffenstillstand gehört, dass die Ukraine im östlichen Gebiet Donezk auch jene für die Verteidigung des Landes strategisch wichtigen Städte aufgibt, die Russland bisher nicht erobern konnte. Selenskyj lehnt solche Geschenke an den “Aggressorstaat” ab und verweist auf die Verfassung des Landes, die Gebietsabtretungen grundsätzlich nicht zulässt.
Merz sagte aber, dass Selenskyj bereit sei, das Gebiet jenseits der bestehenden Frontlinie in der Ukraine als “russisch besetztes Territorium” anzuerkennen. Zudem sprach er von einer “entmilitarisierten Zone” zwischen den beiden Kriegsparteien, also einer Art Pufferzone.
Wie Russland bisher reagiert hat
Offiziell hat Russland auf die in den Medien kursierenden Vorschläge nicht reagiert. Moskau warte darauf, von Washington unterrichtet zu werden und werde im Vorfeld keine Megafon-Diplomatie betreiben, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Der generelle Unmut über eine Unterstützung der Ukraine vor allem durch die EU ist in den russischen Kommentaren allerdings nicht zu überhören. Außenminister Sergej Lawrow warf den Europäern nach den Nachverhandlungen in Berlin vor, eine destruktive Rolle bei den Friedensgesprächen zu spielen. Kremlchef Putin schimpfte bei einer Besprechung mit hochrangigen Militärs gar über “europäische Ferkel”. Bei der gleichen Veranstaltung drohte er damit, die “historischen Territorien” Russlands militärisch zurückzuerobern, sollte die Ukraine im Gebietsstreit nicht einlenken.
Putin wiederholt alte Forderungen
Auch bei seiner großen Jahrespressekonferenz am Freitag zeigte Putin Härte. Russland sei zum Frieden bereit – zu seinen Bedingungen, gab er bekannt und brüstete sich in der landesweit vom Fernsehen übertragenen Veranstaltung mit weiteren militärischen Erfolgen. Zu den seit langem bekannten Forderungen Moskaus gehören unter anderem ein Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt sowie die Abtretung weiterer Gebiete an Russland.
Hinter der in Moskau immer wieder gewählten Formulierung, dass “in Kiew die Ursachen für den Konflikt” beseitigt werden müssten, verbirgt sich zudem der Anspruch, die politische Landschaft im Nachbarland mitgestalten zu können. Dies machte Putin auch bei der Jahrespressekonferenz deutlich, als er die Einbeziehung der nach Russland geflohenen Ukrainer – angeblich fünf bis sogar zehn Millionen Menschen – bei einer möglichen Präsidentenwahl im Nachbarland forderte. Seine Wahlleiterin Ella Pamfilowa bot daraufhin an, die Abstimmung in Russland zu organisieren und auszuzählen – eine von vornherein für Kiew unannehmbare Bedingung.
Selenskyj schließt Wahlen in besetzten Gebieten aus
Selenskyj schloss am Samstag Wahlen in den von Russland besetzten Gebieten aus. Wahlen können nur abgehalten werden, wenn die Sicherheit für den Wahlvorgang gewährleistet sei, betonte er. Das russische Regime hatte bereits mehrere Urnengänge in ukrainischen Landesteilen organisiert, die offenkundig manipuliert waren. Auf Basis von gefälschten “Volksbstimmungen” hatte Russland vier Regionen der Ukraine annektiert.




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