Von: lup
Bozen – Mit großem Befremden nimmt der Südtiroler Heimatbund (SHB) die römischen Bestrebungen zur Kenntnis, den 4. Oktober, den Gedenktag des Heiligen Franz von Assisi, als offiziellen Nationalfeiertag zu etablieren. „Diese Initiative ist nicht nur Ausdruck eines verklärten Geschichtsbildes, sondern reiht sich ein in eine gefährliche Tendenz der politischen Instrumentalisierung religiöser und kultureller Symbole für staatliche Identitätsbildung“, warnt Obmann Roland Lang.
Dass ausgerechnet San Francesco – eine Figur, die für Demut, Armut und Friedensliebe steht – vom faschistischen Regime bereits in den 1930er-Jahren zur Symbolfigur des „wahren Italiens“ stilisiert wurde, ist historisch belegt. Der Journalist und Geschichtswissenschaftler Gian Antonio Stella verweist in einem Beitrag im Corriere della Sera auf die absurden Parallelen, die unter Mussolini zwischen dem Heiligen und dem „Duce“ gezogen wurden: „Oh, quanto spirito francescano c’è nella vita di Mussolini!” (Oh, wie viel franziskanischer Geist steckt im Leben Mussolinis!“). Der Priester Paolo Ardali hat dazu 1926 ein eigenes Buch herausgegen mit dem vielsagenden Titel „San Francesco und Mussolini“ in dem er das Leben der beiden vergleicht. Diese kruden Analogien reichten von der Kriegserfahrung beider Männer bis hin zur angeblichen „Liebe zu den Vögeln“ – eine tatsächlich groteske Gleichsetzung, die zeigt, wie tief die Propaganda der Schwarzhemden in religiöse Narrative eingriff. „Auch aktuelle Kommentare auf sozialen Medien und in rechten Kreisen zeigen, dass diese Mythen weiterleben“, so Lang.
„Die Einführung des Nationalfeiertages am 4. Oktober reiht sich ein in eine identitätspolitische Strategie, die auf eine einheitlich-zentralistische Geschichtserzählung abzielt – auf Kosten der kulturellen und historischen Vielfalt der Regionen, insbesondere Südtirols. Ein Heiliger, der von Mussolini zur nationalen Ikone stilisiert wurde, verdrängt mit staatlicher Unterstützung regionale Identitäten. In Südtirol hat Franz von Assisi nie die Rolle eines Landespatrons gespielt. Der Hl. Josef hat schon von der Liturgie her eine viel größere Bedeutung. Wir haben unsere eigenen Heiligen und unsere eigene Geschichte“, so der SHB.
Der Südtiroler Heimatbund fordert eine kritische Aufarbeitung der ideologischen Instrumentalisierung des Hl. Franz von Assisi im Faschismus, die Anerkennung regionaler Schutzheiligen und kultureller Eigenständigkeit und eine klare Distanzierung der Politik von historischen Narrativen, die direkt aus der Tradition der faschistischen Propaganda stammen.
„Daher appellieren wir an alle politisch Verantwortlichen Südtirols – auch im Landtag – dieser Entwicklung entschieden entgegenzutreten. Es darf keine staatliche Geschichtsschreibung geben, die auf Kosten regionaler Identitäten betrieben wird“, schließt Lang.
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