Debatte um Augias-Kommentar sorgt für politische Reaktionen

Sinner nur ein “widerwilliger Italiener”?

Samstag, 17. Mai 2025 | 15:47 Uhr

Von: luk

Bozen/Rom – Eine provokante Aussage des bekannten Journalisten und Schriftstellers Corrado Augias hat eine politische Debatte ausgelöst.

In einem Kommentar für die italienische Tageszeitung “La Repubblica” hatte Augias den Südtiroler Tennisstar Jannik Sinner als „Zufallsitaliener“ bezeichnet – als einen Italiener „der eben nur zufällig durch die Situation und Geschichte der Region Trentino Südtirol” Italiener sei.

An einer anderen Stelle schreibt der Journalist in Bezug auf die Nummer eins der Tenniswelt von einem „widerwilligen Italiener“ und kritisiert Sinners „holpriges Italienisch“.

Die Äußerungen haben insbesondere in Südtirol für Empörung gesorgt. Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher reagierte in einem Brief, der auf dem Internetauftritt von “La Repubblica” veröffentlicht wurde. Darin verteidigt er nicht nur Sinner, sondern auch das Modell der Autonomie und die Mehrsprachigkeit Südtirols.

„Die Autonomie“, so Kompatscher, „ist eine Erfolgsgeschichte, auf die der Staat, dessen Bürger wir beide sind – wenn auch mit sehr unterschiedlichen Nachnamen, Herr Dr. Augias -, mit Stolz blicken sollte. Sie ist weltweit eines der wenigen Beispiele für das friedliche Zusammenleben ethnischer Gruppen und die erfolgreiche Lösung gewaltsamer Konflikte.“

Kompatscher betont, dass das Autonomiemodell allen Bürgerinnen und Bürgern das Recht garantiere, ihre Sprache und Kultur zu bewahren, sowohl im Alltag als auch im Kontakt mit den Institutionen. Viele Südtirolerinnen und Südtiroler entwickelten ihre Identität im Spannungsfeld mehrerer Kulturen, ohne dabei ihre Wurzeln zu verleugnen.

Die Aussagen Augias’ hätten ihn deshalb persönlich betroffen gemacht: „Es schmerzt mich immer wieder, wenn das ‘Italienischsein’ der deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler beurteilt wird“, schreibt Kompatscher. Er sehe in dieser Haltung eine bedenkliche Tendenz, Menschen ihre Zugehörigkeit abzusprechen, wenn sie nicht dem traditionellen, über Jahrzehnte geprägten Bild des Italieners entsprächen.

„Es beunruhigt mich, dass wir offenbar noch immer nicht aus der Geschichte gelernt haben, aus jener Vorstellung eines homogenen, national einheitlichen Volkes, die maßgeblich zum Desaster der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beigetragen hat“, so Landeshauptmann Kompatscher abschließend.

Bezirk: Bozen, Pustertal

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