Bundeskanzler Stocker bei Merz

Stockers Reisediplomatie hat begonnen

Freitag, 27. Juni 2025 | 17:26 Uhr

Von: apa

Der erste offizielle Besuch als Bundeskanzler seit Amtsantritt vor fast vier Monaten führte Christian Stocker (ÖVP) nach Berlin, nun stehen weitere bilaterale Besuche an. Für Mitte Juli ist eine Visite in Rom geplant. Außerdem sprach Stocker seinem deutschen Gastgeber Friedrich Merz eine Gegeneinladung nach Wien aus, die freilich noch nicht terminiert ist.

Nicht nur nach der mittäglichen Vier-Augen-Unterredung der beiden Regierungschefs, sondern auch im Gespräch des Kanzlers mit österreichischen Berlin-Korrespondenten am Freitagnachmittag zeigte sich bei keinem einzigen Thema die Nuance einer Differenz zwischen den beiden Nachbarländern. Stocker berichtete von “großer Übereinstimmung in der Sicht der Dinge”.

Beide Regierungschefs gehören konservativen Parteien an, beide sind neu im Amt und beide haben die gleichen Probleme und die gleichen Lösungsansätze.

Antritts- und Kennenlerntermin

Da es sich in Berlin um einen Antritts- und Kennenlerntermin handelte, sei auch nicht geplant gewesen, Verhandlungen über aktuelle Themen zu führen, wie es am Rande des Besuchs hieß. Das persönliche Kennenlernen sei die Voraussetzung dafür, dass künftig bei akuten Problemen schnell abgestimmt und entschieden werden könne.

Die Grenzkontrollen, die Österreich seit 2015 in unterschiedlicher Intensität ausübe, seien nach Stockers Ansicht operativ nötig, “da Schengen noch nicht den robusten Außengrenzschutz bietet”. Dass es dennoch riesige Fortschritte gebe, “führe ich auf den Druck von Österreich zurück”, sagte Stocker.

Stocker erläuterte seine Initiative, Wien als Verhandlungsort für Konfliktgegner anzubieten, etwa Iran und Israel oder Russland und die Ukraine. Wien habe eine lange Tradition als Verhandlungsort und sei Sitz von fünfzig internationalen Organisationen, was es als Schauplatz prädestinieren würde.

“Historische Verantwortung gegenüber Israel”

Auf die Frage, ob es nuancierte Unterschiede in der Haltung der beiden Regierungen gegenüber der israelischen Regierung gebe, verneinte Stocker. “Deutschland und Österreich haben historische Verantwortung gegenüber Israel. Wie die Deutschen sind auch wir Freunde Partner und Unterstützer Israels.” Gleichzeitig müsse man sagen, gerade als Freunde und Partner müsse man auf ein Land einwirken, wenn es Zustände gebe, die nicht akzeptabel seien.

Stocker betonte, er wisse sehr wohl, was am 7. Oktober 2023 den Juden angetan worden sei. Er habe auch Hinweise erhalten, dass die Hamas der Zivilbevölkerung Hilfslieferungen wegnehme, sogar mit Gewalt und im Zuge von Hausdurchsuchungen.

Eine Verbesserung der Situation erreiche man nicht unbedingt durch die Aussetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel. Man müsse alle Kanäle nutzen, Gespräche zu führen. “Gerade als Freund Israels muss ich sagen, Israel sollte die Unterstützung nicht schwerer machen, als es sein muss. Den Preis für die Hamas darf nicht die Zivilbevölkerung in Gaza zahlen müssen.”

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