Von: luk
Bozen – Am heutigen 4. Mai ist Francesco Boccia nach Bozen gekommen, um mit Landeshauptmann Arno Kompatscher über die Phase 2 und die autonomen Handlungsspielräume des Landes Südtirol zu sprechen. Es ist dies der zweite offizielle Besuch des Regionen- und Autonomieministers in Südtirol nach seinem Antrittsbesuch im Januar dieses Jahres im Landhaus in Bozen.
Der Regionenminister wurde gegen 13.45 Uhr im Landhaus 1 erwartet. Im Anschluss an das vertrauliche Gespräch, das länger gedauert hat, als geplant, haben Landeshauptmann Kompatscher und Minister Boccia im Landhaus 1 auch eine virtuelle Erklärung an die Medien abgegeben.
Darin wurden mehrere Themanblöcke angeschnitten. Der wichtigste Punkt war wohl das geplante Landesgesetz zur früheren Öffnung in der Provinz Bozen. Dem Regionenminister wurden die Eckpunkte des Gesetzentwurfs von Landeshauptmann Kompatscher erklärt. Minister Boccia meinte jedoch, dass Südtirol den staatlichen Vorgaben folgen und bis zum 18. Mai warten sollte. Dann werden den einzelnen Regionen mehr Spielräume gegeben. Mit Blick auf die epidemiologische Situation in Südtirol sprach er von einer guten Entwicklung, dennoch sei die Sache nicht ausgestanden. In der Pressekonferenz betonte Boccia, dass man sich auch in Rom eine Öffnung herbeisehnt, doch man wolle dies mit Bedacht und in Sicherheit tun. Somit bestätigte Francesco Boccia die bisherige Linie der italienischen Regierung.
Landeshauptmann Arno Kompatscher nahm dies zur Kenntnis und gab Minister Boccia insofern recht, als dass es weiterhin Vorsichtsmaßnahmen braucht, um den Virus keinen neuen Boden zu geben. Allerdings werde Südtirol mit dem Landesgesetz wie geplant fortfahren. Boccia nahm dies zur Kenntnis. Wie üblich werde die italienische Regierung das Gesetz dann begutachten.
Vor laufenden Kameras rief er aber zu Geduld auf. Nächste Woche würden die Infektionszahlen überprüft und dann könnte gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium ein neuer Fahrplan mit weiteren Lockerungen in einzelnen Regionen ausgearbeitet werden.
Weitere Themen waren die Hilfen, die die italienische Regierung den Regionen und damit auch Südtirol zukommen haben lassen. Boccia hat daran erinnert, dass Südtirol Unterstützung aus Rom bekommen hat. So etwa bei bei Beatmungsgeräten, Schutzmasken und medizinischem Personal. Auch über die Finanzregelung wurde gesprochen.
Insgesamt war die Stimmung freundschaftlich, es war aber zu spüren, dass beide Parteien auf ihren Standpunkt beharren.
Minister Francesco Boccia wünschte den Südtirolern am Ende der Pressekonferenz alles Gute. Er hoffe, bald wieder in dieses schöne Land kommen zu können, dann aber ohne Schutzmaske.
Regionale Differenzierung: Positionen unterschiedlich
“Der Besuch von Regionenminister Boccia zum Auftakt von Phase 2 hat es mir ermöglicht, die Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus in Südtirol darzulegen und das Landesgesetz vorzustellen, mit dem wir nach Überwindung der akuten Notlage nun im Sinne unserer Autonomie Verantwortung übernehmen wollen”, erklärte Landeshauptmann Kompatscher. Nach den verschiedenen Videokonferenzen und telefonischen Kontakten der vergangenen Wochen habe man heute die Standpunkte persönlich geklärt. “Wir vertreten zwar unterschiedliche Positionen, was die regionale Differenzierung angeht, haben aber mit dem heutigen Gespräch eine gute Basis für die Arbeit der nächsten Wochen gelegt”, sagte der Landeshauptmann.
Minister Boccia erklärte, dass die Notlage noch nicht ausgestanden sei und sich die Menschen an “eine neue Normalität gewöhnen” müssten, solange kein Impfstoff gefunden ist. Der Minister sprach sich gegen regionale Sonderwege vor dem 18. Mai aus. Boccia nahm aber zur Kenntnis, das Südtirol sich dafür entschieden habe, den eigenen Weg weiterzugehen. Seine Ämter würden diese Vorgehensweise und das Gesetz entsprechend prüfen.
Neues Landesgesetz: Sicherheit und Verantwortung im Fokus
Landeshauptmann Kompatscher erläuterte das neue Landesgesetz, das die Landesregierung in der vergangenen Woche vorgelegt hat und das in dieser Woche dem Landtag zur Behandlung vorliegt. Dabei erklärte der Landeshauptmann, dass Südtirol auch angesichts der guten Entwicklungen in der Phase 2 die Dinge wieder selbst in die Hand nehmen und den eigenen Gestaltungsspielraum nützen möchte, um das soziale und wirtschaftliche Leben wieder in Schwung zu bringen. Entsprechende Zahlen zur epidemiologischen Entwicklung legte bei dem Treffen Gesundheitslandesrat Thomas Widmann vor. “Der Fokus unserer Gesetzesvorlage liegt auf Sicherheit und Verantwortung”, betonte Landeshauptmann Kompatscher. Die Wiederaufnahme der verschiedenen Tätigkeiten sei nur mit größtmöglicher Disziplin und unter Eigenverantwortung aller Beteiligten möglich. Auch werde die Entwicklung überwacht und bei Bedarf würden Lockerungen zurückgenommen.
Finanzregelung: Verhandlungen werden fortgeführt
Verständnis signalisierte Minister Boccia in Bezug auf die Finanzregelung zwischen Staat und Land. Die Forderungen Südtirols seien legitim und gut begründet. Sie müssten allerdings in einem größeren Rahmen beurteilt werden. Die Verhandlungen werden fortgesetzt.
SVP: “Wir bleiben dabei: Südtirol geht seinen eigenen Weg”
SVP-Obmann Philipp Achammer bekräftigt auch nach dem zwischen Landeshauptmann Arno Kompatscher, Landesrat Thomas Widmann und Regionenminister Francesco Boccia erfolgten Treffen die von der Südtiroler Volkspartei und der Landesregierung getroffene Entscheidung: „Das heutige Treffen bot uns die Gelegenheit, um im Rahmen eines konstruktiven Gesprächs einerseits die derzeitige Situation und andererseits die weitere Vorgangsweise mit der römischen Regierung zu besprechen. Der Besuch des Ministers ändert aber nichts an unserer getroffenen Entscheidung: Südtirol geht seinen eigenen Weg mit einem eigenen Landesgesetz zur Gestaltung der Phase 2 weiter. Daran wird sich auch nach dem Treffen nichts ändern!“
Der SVP-Obmann ist davon überzeugt, dass es jetzt an der Zeit sei, dass Südtirol die Zügel jetzt selbst in die Hand nehmen. „Es geht hierbei darum, dass Südtirol seiner besonderen Position innerhalb Italiens Rechnung trägt. Auch das Trentino hat diesen Weg eines eigenen Landesgesetzes ja zuletzt eingeschlagen. Angesichts der derzeitigen Situation ist es wichtig, dass wir mit Vorsicht und in guter Abstimmung mit dem Trentino diesen Weg konsequent weitergehen. In dieser Phase ist es absolut notwendig, dass wir unseren Familien und Betrieben Sicherheit und Planbarkeit sowie eine vernünftige Perspektive bieten. Die Zahlen und die Umstände der Infizierten machen dies zurzeit möglich“, so der SVP-Obmann.
„Der Entwurf für das Landesgesetz zur Gestaltung der Phase 2 ist von der Landesregierung in der vergangenen Woche genehmigt worden. Heute liegt dieser dem ersten Gesetzgebungsausschuss zur Behandlung im Landtag vor und wenn alles gut geht, dann werden wir bereits gegen Ende dieser Woche das Landesgesetz verabschiedet haben. Damit wäre der Grundstein für Südtirols Weg aus der Coronakrise zurück in eine schrittweise Normalität gelegt“, so Philipp Achammer abschließend.