Von: apa
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in einem weiteren Fall eine geplante Abschiebung nach Syrien vorübergehend gestoppt. Das bestätigte das Innenministerium auf APA-Anfrage. Das Ressort sah die Entwicklung in einer schriftlichen Stellungnahme gelassen. Es handle sich bei der Maßnahme – wie bereits in einem Fall zuvor – um eine sogenannte “Interims Measure”. Dies sei “keine Überraschung” und “absolut nichts Ungewöhnliches”.
Vielmehr entspreche das Vorgehen dem üblichen Ablauf, betonte das Innenministerium: “Es werden weiterhin alle Vorbereitungen für die Durchführung dieser und weiterer Abschiebungen nach Syrien getroffen.” Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) nehme die Einstweilige Anordnung des EGMR zur Kenntnis, hieß es zudem.
Es handle sich bei der Anordnung um eine bis zum 8. September 2025 befristete Maßnahme, merkte das Ministerium an. Bis zu diesem Zeitpunkt werde der EGMR den Fall eingehend prüfen und das BFA eine ausführliche Stellungnahme abgeben. Diese wird vom EGMR auch eingefordert, um den Sachverhalt prüfen zu können. Es handle sich beim Betroffenen um einen mehrfach vorbestraften und verurteilten Straftäter, so das Ministerium.
Minister Karner “nicht überrascht”
Ressortchef Gerhard Karner (ÖVP) betonte am Rande einer Pressekonferenz, dass die bereits erfolgte Abschiebung eines Syrers “rechtskonform” über Istanbul nach Damaskus stattgefunden habe. Er werde auch weiterhin dafür kämpfen, dass in Zukunft weitere Abschiebungen dorthin erfolgen. Dass der EGMR nun die Abschiebung eines weiteren Syrers aufgeschoben habe, überrasche ihn nicht, so auch Karner.
Auch im ersten Fall habe es vom EGMR eine kurze Frist für eine Stellungnahme gegeben. Die österreichischen Behörden schieben laut dem Minister pro Jahr über 13.000 Menschen ab, etwas mehr als die Hälfte davon freiwillig. “Nachschau zu halten” sei nicht Aufgabe der österreichischen Behörden und wäre auch “unmöglich”, meinte Karner auf das Verschwinden des bereits abgeschobenen Syrers angesprochen und danach gefragt, wie dies verhindert werden kann.
“Es ist unsere Verantwortung, für Sicherheit in Österreich zu sorgen, dazu gehört, dass Straftäter und Gefährder außer Landes gebracht werden.” Die Abschiebung nach Syrien sei “kein einfacher Prozess”, aber nach Gesprächen mit dem dortigen Amtskollegen möglich gewesen, so Karner. Es sei dies ein “enorm wichtiges Signal”, und selbst wenn es sich nur um einen Fall handle: “Wenn wir nur ein Verbrechen damit verhindert haben, ist das ein großer Erfolg.”
FPÖ sieht Karners Kurs gescheitert
Als ein “weiteres Totalversagen der ÖVP-geführten Bundesregierung” und eine “Bankrotterklärung für die Sicherheitspolitik” von Innenminister Karner bezeichnete FPÖ-Chef Herbert Kickl die jüngste Entwicklung. Für ihn entlarvt der Fall “einmal mehr, dass der angebliche ‘strenge Kurs’ der ÖVP an der Bürokratie und der eigenen Unfähigkeit scheitere”, schrieb er in einer Aussendung.
Syrien sei weiterhin ein Land im Kriegszustand und könne die Einhaltung der grundlegendsten Menschenrechte nicht gewährleisten, betonte die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung in einer Aussendung. Einstweilige Anordnungen des EGMR ergingen nur in absoluten Ausnahmefällen. Amnesty International Österreich forderte Innenminister Karner und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) zudem auf, im Fall des verschwundenen Syrers Klarheit zu schaffen und alle geplanten Abschiebungen nach Syrien umgehend zu stoppen.
Aktuell sind 0 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen