Maßnahmenpaket von SVP-Arbeitsgruppe entzaubert

Team K: “Bildung braucht Lösungen, keinen Bildungspopulismus”

Mittwoch, 12. November 2025 | 15:26 Uhr

Von: mk

Bozen – Die Südtiroler Volkspartei (SVP) hat nach einem Jahr Vorbereitungszeit ein Maßnahmenpaket für die Zukunft der Schule vorgestellt. Vor allem geht es um die deutsche Sprache an deutschen Schulen. Das Team K zeigt sich in einer Aussendung skeptisch: „Die Vorschläge klingen ambitioniert – doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Vieles davon wird bereits umgesetzt, anderes ist rechtlich oder organisatorisch nicht realisierbar. Wir warnen vor Bildungspopulismus, der Erwartungen schürt, ohne echte Lösungen zu liefern.“

Frühzeitige Sprachstandserhebungen seien nichts Neues. „Diese werden in Südtirol seit Jahren durchgeführt und individuelle Förderpläne sind längst Teil der Praxis. Projekte wie das Sprach-Tandem fördern zusätzlich den Austausch zwischen Kindern unterschiedlicher Sprachgruppen. Hier wird Bestehendes neu verpackt. Die gesetzliche Mitwirkungspflicht der Eltern existiert ebenso bereits. Sanktionen bei Nicht-Partizipation sind rechtlich heikel und werfen Fragen zur Umsetzbarkeit auf. Bildung braucht Kooperation, nicht Drohungen“, ist der Landtagsabgeordnete Alex Ploner vom Team K überzeugt.

Auch die weiteren vorgeschlagenen Maßnahmen seien bei genauerer Betrachtung viel heiße Luft auf Papier. „Differenzierter Unterricht nach Sprachniveau ist in Südtirol bereits Standard. Lehrpersonen arbeiten seit Jahren mit Fördergruppen und individuellen Lernplänen. Die SVP verkauft pädagogische Realität als Innovation“, kritisiert Ploner. Das Versetzen allein an Sprachkompetenz zu knüpfen, widerspreche dem Grundsatz der ganzheitlichen Bildung, sei gesetzlich nicht möglich und pädagogisch fragwürdig. Hier werde ein gefährlicher Weg eingeschlagen und vorgeschlagen, aus der Sicht des Team K ein Holzweg, fährt Ploner fort.

„Leistungsanreize für Lehrpersonen klingen gut, aber ohne klare Budgetierung und Definition von ‚besonders komplexen Schulsituationen‘ sind solche Vorschläge reine Symbolpolitik. Das Salurner Modell ist kein neues Konzept, sondern Teil einer bestehenden Praxis. Nachmittagsprogramme zur Sprachförderung gibt es bereits in vielen Gemeinden”, analysiert Alex Ploner die weiteren Punkte des Maßnahmenkatalogs der SVP.

Die SVP präsentiere ein Paket, das mehr verspricht, als es halte. Die Volkspartei verkaufe sich als „die Partei der deutschen Schule”. Dabei werde der eine Teil bereits längst umgesetzt, der andere sei nicht realisierbar, so das Team K: „Statt Schlagzeilen braucht es echte Investitionen in Bildung: mehr Ressourcen für Lehrpersonen, moderne Lernkonzepte und eine Stärkung der Mehrsprachigkeit ohne ideologische Scheuklappen. Zudem braucht es mehr Zusammenarbeit, auch über die politischen Grenzen hinweg.“

„Dass die Zusammenarbeit in der Ausarbeitung dieser Ideen anscheinend nicht einmal parteiintern bei der SVP stattfindet, zeigt die Tatsache, dass der Parteiobmann gestern medienwirksam die Maßnahmen präsentiert hat und heute die eigenen Landesräte Achammer und Pamer bei einigen Vorschlägen schon ihr Veto anbringen. Da auch wir als politische Opposition solche Vorschläge nur über die Presse präsentiert bekommen, werde ich nun über Anfragen Detailinformationen zur Umsetzung der Maßnahmen von der Landesregierung einfordern. Schauen, was am Ende an konkreten und umsetzbaren Lösungen übrigbleibt”, sagt Alex Ploner abschließend.

Freiheitliche plädieren für Willkommensklassen als Schlüssel zum Erfolg

Auch die Freiheitlichen sparen nicht mit Kritik am von der SVP präsentierten Maßnahmenpaket zur Stärkung von Kindergarten und Schule. Zwar enthalte das Paket einige brauchbare Ansätze, insgesamt fehle ihm aber die notwendige Zielstrebigkeit und Langfristigkeit, um die deutsche Schule in Südtirol tatsächlich abzusichern. „Was jetzt gebraucht wird, ist kein weiteres Sammelsurium an Kompromissen, sondern ein klares Überlebenskonzept für unsere muttersprachliche Bildung“, betont Parteiobmann Roland Stauder.

Die bisher bekannten Vorschläge der SVP seien mehr Flickwerk als Zukunftsplan. Anstatt die deutsche Schule wirklich zu stärken, versuche man, widersprüchliche Interessen zu vereinen, und verliere dabei das Wesentliche aus den Augen: den bestmöglichen Unterricht für deutschsprachige Kinder, so die Freiheitlichen.

Für sie liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Einrichtung von Willkommens- bzw. Orientierungsklassen für Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse. „Nur wenn Kinder mit Sprachdefiziten gezielt vorbereitet werden, kann der reguläre Unterricht an den deutschen Schulen wieder reibungslos funktionieren. Alles andere führt zu einer Überforderung aller Beteiligten“, erklärt Stauder. „Wir begrüßen, wenn Kinder aus anderen Ländern unsere Sprache und Kultur erlernen wollen – aber die Bedürfnisse der deutschsprachigen Kinder müssen Vorrang haben. Das ist kein Ausschluss, sondern ein notwendiger Schutz unserer Bildungstradition.“

Otto Mahlknecht warnt vor praxisfernen Ideen im SVP-Papier: „Die Idee eines zusätzlichen Kindergartenjahres mag auf dem Papier gut aussehen, ist in der Realität aber völlig undurchführbar. Sollten Zweieinhalbjährige und Sechsjährige gemeinsam betreut werden? Oder sollen eigene Gruppen geschaffen werden – in einer Zeit, in der bereits massiver Personalmangel herrscht?“

Kinder mit Sprachdefiziten einfach länger im Kindergarten zu behalten, sei keine Lösung: „Was diese Kinder brauchen, ist gezielte Förderung – aber in der Schule, in speziellen Klassen, die auf Sprachförderung ausgerichtet sind. Nicht durch Aufschub, sondern durch klare Strukturen.“

„Es geht hier nicht um organisatorische Details, sondern um die Grundlage unserer Identität, um die Zukunft unserer Kinder und den Kern unserer Autonomie. Wir Freiheitliche stehen zu einem modernen, aber klar strukturierten Bildungssystem, das die muttersprachliche Schule als Herzstück respektiert. Halbherzige Kompromisse oder politische Beruhigungspillen können wir uns nicht länger leisten. Jetzt sind entschlossene Maßnahmen überlebensnotwendig“, so Mahlknecht abschließend.

Freiheitliche Anmerkungen zu den vorgeschlagenen Punkten:

Klassengrößen: „Es ist nicht die Zahl, sondern die Zusammensetzung entscheidend. Acht Kinder in einer Klasse, von denen sechs kein Deutsch sprechen, schafft schlechtere Lernbedingungen als 25 Kinder, die alle Deutsch als Muttersprache haben.“

Mehr Personal: „Das klingt gut, doch wir haben heute schon Lehrermangel.“

Verstärkte Ausbildung der Lehrkräfte in Deutsch als Fremdsprache: „Zweifellos ein wichtiger Schritt. Doch solange ganze Klassen überwiegend aus Kindern bestehen, die kaum oder gar kein Deutsch sprechen, reicht selbst die beste Zusatzausbildung der Lehrer nicht aus, um das Problem zu lösen. Ohne eine grundsätzliche Verbesserung der Klassenzusammensetzung bleibt diese Maßnahme Stückwerk.“

Prämien für Brennpunktschulen: „Stehen längst im Koalitionsprogramm. Es ist höchste Zeit, dass sie endlich umgesetzt werden.“

Sprachstanderhebung im Kindergarten: „Schon heute empfehlen die Kindergärten aufgrund des Sprachstandes, ob der Besuch der deutschen Grundschule sinnvoll ist oder nicht. Die Schulen wissen also bereits, welche Kinder mit welchen Voraussetzungen zu ihnen kommen“

Digitale Einschreibung mit Unterbrechung: „Das ist halbherzig. Wir müssen – so wie in Österreich – die persönliche Einschreibung mit verpflichtendem Gespräch und standardisierter Sprachstandserhebung des Kindes einführen.“

Kommunikation mit Eltern auf Deutsch: „In einer deutschen Schule selbstverständlich – was soll daran neu sein?“

Übertritte in die italienische Schule bei mangelnden Deutschkenntnissen: „Das ist das Mindeste. Wofür gibt es sonst die italienische Schule?“

Ausbau Nachmittagsangebot: „Kann man machen, löst aber nicht das Grundproblem.“

Verpflichtende Sommersprachkurse: „Gut, aber nur ein Mosaikstein.“

Mitwirkungspflicht der Eltern: „Das ist wichtig – mit klaren Sanktionen. In Oberösterreich gibt es Verwaltungsstrafen, auch der Entzug von Sozialleistungen des Landes muss möglich sein.“

Bezirk: Bozen

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