Von: apa
Meran – Der Dreierlandtag der Europaregion Tirol bestehend aus dem Bundesland Tirol, Südtirol und dem Trentino hat Mittwochnachmittag eine gemeinsame Sitzung im Kurhaus von Meran abgehalten. Diese stand auch unter dem Eindruck des schreckliches Amoklaufs in einer Grazer Schule mit zehn Todesopfern. Zu Beginn gab es eine Schweigeminute für ebenjene und ihre Angehörigen. In der Debatte wurde dann auch laut über eine Reform des Formats Dreierlandtag nachgedacht.
Die Präsidentin des Tiroler Landtages, Sonja Ledl-Rossmann (ÖVP), sprach angesichts des schrecklichen Amoklaufes in Graz von einem “Ereignis, das uns zutiefst betroffen macht”. Ihr Amtskollege, Südtirols Landtagspräsident Arnold Schuler (SVP) wiederum von einem “Gefühl der Ohnmacht”, das zurück bleibe, und der Frage, “was wir tun können, um unseren Jugendlichen einen sicheren Raum bieten zu können”. Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) berichtete indes, dass er seinem steirischem Amtskollegen Mario Kunasek (FPÖ) und Landeshauptmannstellvertreterin Manuela Khom (ÖVP) am Mittwoch “im Namen aller Tirolerinnen und Tiroler unser aller Anteilnahme” zum Ausdruck gebracht habe. Auch in schweren Stunden wolle man “nahe beieinander sein” – auch das bedeute Europaregion Tirol.
Ledl-Rossmann: “Dreierlandtag kein Parlament im klassischen Sinn”
Indes waren im Vorfeld einmal mehr Unkenrufe und politische Kritik ob der Sinnhaftigkeit des alle zwei Jahre in einem der drei Euregio-Länder stattfindenden Dreierlandtags laut geworden. Zu zahnlos sei dieser, zu wenig konkret, sich zu sehr in Allgemeinplätzen verlierend. Landtagspräsidentin Ledl-Rossmann wollte das so nicht gelten lassen. Seit dem ersten Dreierlandtag im Jahr 1991 sei “viel passiert”, habe dieser “zahlreiche Impulse gesetzt, um unsere drei Länder immer näher zusammenzubringen”. Der Dreierlandtag sei “kein Parlament im klassischen Sinn, hier werden keine Gesetze beschlossen”. “Vielmehr ist er ein Forum, ein Think-Tank, eine Plattform zum Austausch und Anstoßen neuer, spannender Projekte und Initiativen”, so die ÖVP-Politikerin, die sich aber gleichzeitig auch nicht gegen Änderungen verwahrte: Ledl-Rossmann lud alle ein, bis zum nächsten Dreierlandtag im Jahr 2027 Vorschläge einzubringen und sicherte zu, diese zu berücksichtigen.
Auch ihre Amtskollegen Schuler (SVP) und Trentinos Claudio Soni (Noi Trentino per Fugatti), sowie die drei Landeshauptleute – Mattle, Südtirols Arno Kompatscher (SVP) und Maurizio Fugatti (Lega) – gaben ein Bekenntnis zum Dreierlandtag ab. Tirols Landeshauptmann erinnerte daran, dass der erste Zweierlandtag zwischen Tirol und Südtirol bereits 1971 – und damit vor dem Südtiroler Autonomiestatut ein Jahr darauf – stattgefunden habe. Der erste Dreierlandtag dann wiederum 1991 und damit vor dem EU-Beitritt Österreichs. Mattle sprach von einem “prosperierenden Miteinander in der Europaregion”, man habe “immer einen gemeinsamen Weg gefunden.” Es möge dabei zwar die “Lebendigkeit etwas verloren gegangen sein”, aber: Gemeinsamkeit sei etwas “ganz Wesentliches” und in Zeiten wie diesen wichtiger denn je.
Kompatscher will aufgewerteten Dreierlandtag
Am deutlichsten sprach Kompatscher eine mögliche Reform des Dreierlandtages an. Es sei notwendig, diesen und die EVTZ, den territorialen Verbund Tirol, Südtirol, Trentino und damit die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino, besser zu vernetzen. Es sollte kein Nebeneinander sein. “Der Dreierlandtag gehört aufgewertet und ist stärker mit der später entstandenen Euregio zu verknüpfen. Das stärkt beide Einrichtungen, die Länder und ihre Menschen”, erklärte Kompatscher. Der Dreierlandtag könne nicht die großen internationalen Fragen beantworten, aber er könne einen Beitrag zu einigen Themen leisten. Es gehe nicht darum, unterschiedliche Positionen und Widersprüche kleinzureden, es sei aber doch “im Bestreben nach dem Besseren wichtig, einen gemeinsamen Weg zu finden”, betonte Südtirols Landeschef.
Indes wurden am Mittwoch die insgesamt drei Leitanträge aus den drei Regionen angenommen. Tirols Leitantrag betraf etwa die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Rettungsdiensten. Rechtliche Graubereiche müssten beseitigt werden, lautete die Aufforderung des Dreierlandtags an die nationalen Regierungen. Vier Anträge in den Sachbereichen Bildung wurden ebenfalls genehmigt: So sollen ein Projekt der Hochschulen der Euregio für einen Euregio-Jugend-Medien-Monitor, mehr grenzüberschreitender Austausch von Schülern, Gesundheit im Jugendalter und die Einrichtung eines Arbeitstisches der Euregio zum Besuch und zur Nutzung von Bibliotheken durch Jugendliche beschlossen.
Eine mögliche Verstimmung zwischen Tirol und Südtirol wegen der extremen Verkehrsbelastung am vergangenen Pfingstwochenende über den Brenner – aus Innsbruck war Kritik wegen einer einspurigen Führung des Grenztunnels auf Südtiroler Gebiet laut geworden – war indes zunächst wenig zu spüren. Ebenso wenig wie eine solche ob der gesamten Transitproblematik, die die Europaregion Tirol nicht immer einheitlich auftreten lässt.
Der Verkehr dürfte am zweiten und letzten Sitzungstag, dem Donnerstag, ein etwas größeres Thema werden. Dahingehend werden auch drei Beschlussanträge zur Abstimmung stehen, die etwas Konfliktpotenzial bergen könnten. So plädieren die Trentiner Abgeordneten etwa für eine Aussetzung des Lkw-Nachtfahrverbotes.
Aktuell sind 1 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen