Kommentar

Toponomastik: Gefangen in der Vergangenheit

Donnerstag, 09. März 2017 | 10:34 Uhr

Bozen – Seit dem 23. Februar hatte es so ausgesehen, als könne es diesmal endlich gelingen, die leidige Südtiroler Ortsnamensfrage aus der Welt zu schaffen. Nach dem gefundenen Kompromiss hätte eine paritätische Kommission in jedem Einzelfall entschieden, welche Namen einsprachig deutsch oder zweisprachig deutsch und italienisch in ein Landesregister eingetragen werden. Am Mittwoch aber wollte sich anscheinend ein Mitglied der Sechser-Kommission nicht mehr an vorherige Absprachen erinnern und versenkte mit neuen Forderungen den mühsam ausgehandelten Kompromiss.

stnews/luk
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Nach monatelanger Arbeit und mühseliger Suche nach dem Konsens ist bei den „Vätern“ des Lösungsversuchs – Karl Zeller und Francesco Palermo – der Katzenjammer groß, während die Zündler und Scharfmacher auf beiden Seiten, die nie und nimmer an einem Konsens in dieser Frage interessiert waren und wohl bereits an die nächsten Landtagswahlen denken, in Jubelstürme ausbrechen. Auch wenn die Sechserkommission in zwei Wochen einen neuen Anlauf versuchen will, ist die Gefahr groß, dass trotz vieler Ideen und Vorschläge eine Einigung wieder im Sand verläuft.

Für Außenstehende ist leider offensichtlich, dass in Südtirol die Kompromisslosen den Konsensfähigen wieder einmal ans Schienbein treten konnten. Wieder einmal scheint derjenige, der am lautesten schreit, mehr Gehör zu finden, als der stille Verhandler. Bevor die wichtigen Zukunftsthemen wie Autonomieausbau, Migration und Integration und sozialer Ausgleich angegangen werden, wäre es besser, man würde die Gespenster der Vergangenheit wie die Toponomastik endlich vom Tisch bekommen.

Aber Südtirols Gesellschaft ist noch nicht so weit. Südtirol wird seine Gespenster der Vergangenheit noch nicht los, weil gerade mit Gespenstern noch Stimmung betrieben wird und Stimmen geholt werden können. Südtirol ist noch gefangen in der Vergangenheit. Das ist die traurige Erkenntnis.

Von: ka

Bezirk: Bozen