Hohe Verluste lassen sich nicht mehr länger verbergen – VIDEO

Traurig: Viele junge Russen sterben in Putins Krieg

Freitag, 04. März 2022 | 08:06 Uhr

Kiew/Aleysk – Die Hinweise, dass die in der Ukraine eingesetzten Truppen hohe Verluste erleiden, verdichten sich. Trotz der Propaganda der Regierung Putins und der harten Zensur, der die russischen Medien ausgeliefert sind, wird durch die von der Front eintreffenden Nachrichten von Soldaten und besonders durch die Ankunft der Särge der einfachen russischen Bevölkerung immer klarer, dass ihr Präsident ihr Land in ein Desaster gestürzt hat, dem viele junge Männer zum Opfer fallen.

Twitter/Illia Ponomarenko

Bilder und Videos, die zerschossene russische Panzerkolonnen und ausgebrannte Fahrzeuge zeigen, zeugen bereits seit dem Beginn des von Putin losgetretenen Angriffskrieges davon, dass die russische Armee teilweise hohe Verluste erleidet. Während sich die russische Seite erst nach vier Kriegstagen dazu durchrang, Verluste zuzugeben und diese auf wenige Hundert Soldaten zu beziffern, gaben Quellen aus der ukrainischen Regierung am 2. März an, dass die „ungefähre und vorläufige“ Anzahl der russischen Verluste bei rund 5.840 Toten liege.

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Wie der Kriegsreporter des ukrainischen Mediums „Kyiv Independent“, Illia Ponomarenko, berichtet, zeugt eine WhatsApp-Audionachricht, die der „Kyiv Independent“ von einer Frau erhielt, die 3.500 Kilometer vom Schlachtfeld entfernt in der Stadt Aleysk in der russischen Region Altai wohnt, davon, wie hoch die Verluste der russischen Armee sind und wie sehr das traurige Schicksal der jungen Männer die Menschen in Russland belastet.

In der Audionachricht geht es um die Soldaten der 35. russischen motorisierten Schützenbrigade, deren Einheiten im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt werden. Bei Kampfhandlungen, die in den letzten Februartagen in der Nähe der nordukrainischen Stadt Tschernihiw stattfanden, fand offenbar eine bisher unbekannte, aber wahrscheinlich sehr hohe Anzahl von Soldaten der Brigade den Tod. Ohne den Tod der Militärangehörigen zuzugeben, schickte die russische Führung heimlich Dutzende von Särgen zurück zum Heimatstützpunkt der Brigade in Aleysk.

Twitter/Illia Ponomarenko

In der Stadt Aleysk und seiner Umgebung in der russischen Region Altai, aus der die Soldaten der 35. russischen motorisierten Schützenbrigade stammen, ist die Trauer groß. In der dem Medium übermittelten Sprachnachricht teilt eine nicht näher identifizierte Frau weinend den anderen Mitgliedern der WhatsApp-Gruppe mit, dass die örtliche „Panzerbrigade“ in der Ukraine „völlig zerstört“ wurde. Sie fügt hinzu, dass von einer Einheit der Brigade „nur 18 von 150 Männern überlebten“. Die Frau berichtet außerdem, dass am Tag der Nachricht in der Stadt die erste Sendung von 45 Särgen eingetroffen sei, wobei es sich bei den Kriegsopfern fast ausnahmslos um junge aus Aleysk und den umliegenden Ortschaften stammende Männer handle.

In der WhatsApp-Audionachricht erwähnt die weinende Frau auch, dass einige der Getöteten ihre Nachbarn und Bekannten gewesen seien. Sie erwähnt insbesondere einen Militärangehörigen namens Evgeniy Zhilin. Dieser Name findet sich auch in einem Register von 120.000 russischen Soldaten, die angeblich an der Invasion der Ukraine beteiligt sein sollen. Das Register wurde am 1. März vom ukrainischen Zentrum für Verteidigungsstrategien veröffentlicht. Auch im sozialen Netzwerk VK ist ein gelöschtes Profil eines Evgeniy Zhilin aus Aleysk bekannt. Laut Angaben der Frau erfuhren die Bürger von Aleysk erst am Tag vor der Aufnahme der Sprachnachricht vom Tod vieler junger einheimischer Männer.

Die Angaben der Sprachnachricht werden teilweise durch mehrere Beweise für die Beteiligung der 35. russischen Brigade am Krieg in der Ukraine bestätigt. Es gilt als gesichert, dass die gepanzerten Verbände der Brigade am 26. Februar bei bewaffneten Zusammenstößen in der Nähe der Stadt Tschernihiw nördlich von Kiew weitgehend zerstört wurden, wobei viele russische Militärangehörige getötet oder gefangen genommen wurden. Dabei geriet auch ein Generalstabsoffizier und stellvertretender Bataillonsführer dieser Einheit, Major Leonid Schtschetkin, in Gefangenschaft. Darüber hinaus veröffentlichte die ukrainische Armee ein Video, auf dem russische Soldaten zu sehen sind, die sich ergeben und offen zugeben, Angehörige der in Aleysk stationierten Brigade zu sein.

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Angaben zufolge werden gefangene Soldaten anständig und konform international geltender Abkommen behandelt. Den zumeist jungen Wehrpflichtigen, von denen viele keinen Sinn in diesem Krieg sehen, stehen Angst und Verzweiflung im Gesicht geschrieben.

Twitter/Illia Ponomarenko

Vieles deutet darauf hin, dass in der ersten Kriegswoche auf russischer Seite bereits mehrere Tausend Soldaten ihr Leben verloren haben. Sich auch in Russland häufende Proteste gegen den Krieg zeugen davon, dass immer weniger Russen gewillt sind, ihre Söhne in diesem ungerechten Krieg zu opfern. Die heimkehrenden Särge und die trauernden Angehörigen lassen sich immer weniger vor der Öffentlichkeit verbergen. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein verlorener Konflikt zu einem politischen Wandel führt.

Von: ka