Von: APA/dpa
US-Präsident Donald Trump signalisiert nach den Bombardierungen der Atomanlagen im Iran durch das US-Militär Unterstützung für einen Wechsel der Führung der Islamischen Republik. “Es ist nicht politisch korrekt, den Begriff “Regime Change” zu verwenden”, schrieb der Republikaner auf Truth Social. “Aber wenn die derzeitige iranische Führung nicht in der Lage ist, den Iran wieder großartig zu machen, warum sollte es dann nicht einen Regime Change geben??? MIGA!!!”
Mit dem Kürzel aus vier Buchstaben spielte Trump auf seinen Slogan “Make America Great Again” (MAGA) an – hier bezogen auf den Iran. Die USA rechtfertigen ihre Angriffe auf die iranischen Atomanlagen mit der Gefahr einer nuklearen Bewaffnung Teherans. US-Außenminister Marco Rubio hatte in einem Interview des Senders CBS erneut betont, die Angriffe hätten nicht das Ziel gehabt, die iranische Führung zu stürzen. Ähnlich hatten sich Verteidigungsminister Pete Hegseth und Vizepräsident JD Vance geäußert.
Irans Außenminister will Putin treffen
Irans Außenminister Abbas Araqchi will nach eigenen Aussagen heute in Moskau zu Gesprächen mit Kremlchef Wladimir Putin zusammenkommen. Moskau und Teheran hatten in diesem Jahr eine strategische Partnerschaft beschlossen. Sie enthält aber keine Klausel über einen militärischen Beistand. Die Außenminister der EU-Staaten beraten heute in Brüssel über die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten. Es wird vor allem um die Frage gehen, wie die Europäer möglicherweise zu einer Rückkehr zur Diplomatie beitragen können.
In Wien kommt heute die Internationale Atomenergie-Agentur (IAEA) zu einer Sondersitzung zusammen. US-Präsident Trump will sich nach Angaben des Weißen Hauses um 1900 Uhr MESZ mit seinem Sicherheitsteam treffen.
Israel setzt Angriffe fort
Der Verbündete Israel setzte unterdessen seine Luftangriffe im Iran fort. Kampfflugzeuge attackierten nach Armeeangaben militärische Ziele wie Raketenabschussvorrichtungen, Militärsatelliten und Radaranlagen. Irans Staatsfernsehen meldete Explosionen im Osten der Hauptstadt Teheran. Iran griff daraufhin in der Nacht erneut Israel an, diesmal laut örtlichen Berichten aber nur mit einer Rakete. Sie sei abgefangen worden, Verletzte gab es keine.
Die US-Streitkräfte hatten zuvor im Iran mit bunkerbrechenden Bomben die tief in einem Berg gelegene Uran-Anreicherungsanlage Fordo und die Atomanlage in Natans attackiert. Zudem wurden nach Angaben des US-Militärs die Atomanlagen in Isfahan von einem U-Boot mit Marschflugkörpern beschossen. Die USA hätten der stark gesicherten Anlage Fordo “sehr schweren Schaden” zugefügt, sagte Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu laut der “Times of Israel”. Einzelheiten zum genauen Ausmaß der Schäden nannte er jedoch nicht.
Trump beteuert: “Monumentale” Schäden
Wie groß die erzielten Schäden an den Atomanlagen seien, werde geprüft, betonte US-Generalstabschef Dan Caine. Der oberste Militär der USA widersprach damit indirekt Präsident Donald Trump, der kurz nach den Angriffen von einer völligen Zerstörung gesprochen hatte. Auf seiner Plattform Truth Social verteidigte Trump seine Wortwahl. Wie Satellitenbilder zeigten, seien alle Atomanlagen im Iran “monumental” beschädigt worden. Die Formulierung der vollständigen Zerstörung sei zutreffend, behauptete Trump.
“Zu diesem Zeitpunkt ist niemand – auch nicht die IAEA – in der Lage, unterirdische Schäden an Fordo zu bewerten”, sagte dagegen der Chef der Internationalen Atomenergieagentur IAEA, Rafael Grossi, bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats. An der Anlage seien Krater zu sehen. In Isfahan seien anscheinend Tunneleingänge, die zur Lagerung von angereichertem Material benutzt worden seien, getroffen worden. In Natans sei eine Kraftstoffanreicherungsanlage getroffen worden. Laut dem Iran gebe es außerhalb der drei Anlagen keinerlei Strahlungsanstieg, berichtete Grossi.
Wird der Iran Vergeltung üben?
Der Iran drohte den USA mit Konsequenzen. Zu möglichen Gegenschlägen des Irans könnten weitere Luftangriffe auf Israel, Attacken auf US-Truppen im Nahen Osten, Terroranschläge in den USA sowie eine Schließung der Schifffahrtsstraße von Hormus gehören. US-Außenminister Rubio warnte Teheran davor, die für Öltransporte aus dem Persischen Golf wichtige Seeroute zu blockieren. Zugleich gab sich Washington aber weiter gesprächsbereit gegenüber der Führung in Teheran.
Ob der Iran Vergeltung üben wird, bleibt abzuwarten. Fraglich ist jedoch, ob die Islamische Republik nach den massiven Raketenangriffen auf Israel und der Zerstörungen vieler seiner Abschussrampen und Raketenlager durch die israelische Luftwaffe überhaupt noch zu größeren Angriffen in der Lage ist. “Aber wir wissen, dass der Iran über andere Fähigkeiten verfügt”, zitierte das “Wall Street Journal” Michael Singh vom Washington Institute for Near East Policy. Dazu gehörten die Cyberkriegsführung und verbündete Terrorgruppen.
US-Behörden warnen Staatsbürger vor erhöhter Gefährdungslage
Das US-Außenministerium rief amerikanische Staatsbürger denn auch weltweit zu besonderer Vorsicht auf. Es bestehe sowohl im Inland als auch im Ausland ein erhöhtes Risiko, heißt es auf der Website der Behörde. Reisende wurden aufgefordert, sich vor Auslandsaufenthalten über aktuelle Reisehinweise und mögliche Sicherheitswarnungen zu informieren. Zuvor hatte bereits das US-Heimatschutzministerium vor einer Bedrohungslage im eigenen Land gewarnt. Der Konflikt mit dem Iran erhöhe die Gefahr von Cyberangriffen proiranischer Akteure sowie von gewaltsamen Übergriffen extremistischer Einzeltäter.
“Wir werden uns nicht in einen Zermürbungskrieg hineinziehen lassen – aber wir werden diese historische Operation auch nicht beenden, bevor wir alle unsere Ziele erreicht haben”, sagte Israels Regierungschef Netanyahu laut der Nachrichtenseite “Ynet” in Jerusalem in Bezug auf den andauernden Krieg im Iran und im Gazastreifen. “Wir kommen diesen Zielen Schritt für Schritt näher. Wir sind kurz davor, sie zu erreichen”, wurde er von der “Times of Israel” zitiert.
Europäer rufen Iran zu Verhandlungen auf
Die Bundesregierung warnt unterdessen nach den US-Angriffen im Iran vor weiterer Eskalation in Nahost. Gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premier Keir Starmer rief Bundeskanzler Friedrich Merz den Iran zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Der deutsche Außenminister Johann Wadephul verlangte, Teheran müsse direkte Gespräche mit den USA aufnehmen. Der Iran lehnt weitere Gespräche jedoch strikt ab.
NATO-Generalsekretär Mark Rutte sieht in den US-Angriffen auf Ziele im Iran keinen Verstoß gegen internationales Recht. “Ich würde nicht zustimmen, dass es gegen internationales Recht verstößt, was die USA getan haben”, sagte Rutte am Montag auf einer Pressekonferenz in Den Haag. Seine “größte Angst” hinsichtlich des Konflikts im Nahen Osten sei, “dass der Iran eine Atomwaffe besitzen und einsetzen könnte”, fügte der NATO-Generalsekretär hinzu. Mit einer Atomwaffe könne Teheran “Israel, die gesamte Region und andere Teile der Welt in den Würgegriff” nehmen, argumentierte Rutte. Die NATO-Partner seien sich “seit langem einig, dass der Iran keine Atomwaffe entwickeln darf”.
Der deutsche Kanzler Friedrich Merz hat die Angriffe der USA und Israels auf den Iran begrüßt. “Es gibt für uns und auch für mich persönlich keinen Grund, das zu kritisieren, was Israel vor einer Woche begonnen hat”, sagte der CDU-Vorsitzende am Montag auf dem Tag der Industrie des Wirtschaftsverbandes BDI. “Und es gibt auch keinen Grund, das zu kritisieren, was Amerika am letzten Wochenende getan hat”, fügte er mit Blick auf die US-Angriffe auf iranische Atomanlagen hinzu.
“Es ist nicht ohne Risiko. Aber es so zu belassen, wie es war, war auch keine Option”, betonte der Kanzler mit Blick auf das iranische Atomprogramm. Es gebe sicher die Gefahr einer Eskalation, sagte Merz. Aber er sei einigermaßen optimistisch, dass es dazu nicht kommen müsse, wenn er sich die bisherigen Reaktionen des Iran anschaue. Wenn die Straße von Hormuz gesperrt werde, werde es aber mittelbare Konsequenzen geben.
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