Von: APA/dpa/Reuters
Wegen angeblich ausufernder Kriminalität in Washington setzt US-Präsident Donald Trump die Nationalgarde in der US-Hauptstadt ein. Die Polizei der Stadt solle unter Bundeskontrolle gestellt werden, sagte Trump am Montag. Ziel sei es, die öffentliche Sicherheit wiederherzustellen. Belege für Trumps Behauptungen, dass die Situation “außer Kontrolle” sei, gibt es nicht – ein Blick auf die Kriminalitätsstatistik zeigt einen Rückgang der gemeldeten Delikte.
Seit Wochen hetzt Trump gegen Obdachlose und Kriminelle in der Hauptstadt. Er hatte im Vorfeld einen Einsatz gegen diese angekündigt. “Die Obdachlosen müssen wegziehen, SOFORT”, schrieb er etwa am Sonntag auf seiner Plattform Truth Social. Dazu postete er Fotos, die Zelte und Verschmutzung am Straßenrand zeigen. “Wir werden euch Unterkünfte anbieten, aber WEIT WEG von der Hauptstadt.” Nach seinen Worten soll die Stadt sicherer und schöner als je zuvor werden. Kriminelle wolle er ins Gefängnis bringen.
“Ich setze die Nationalgarde ein, um Recht, Ordnung und öffentliche Sicherheit in Washington, D.C. wiederherzustellen”, sagte Trump im Beisein von Regierungsvertretern wie Verteidigungsminister Pete Hegseth und Justizministerin Pam Bondi. “Unsere Hauptstadt ist von gewalttätigen Banden und blutrünstigen Kriminellen überrannt worden.” 800 Nationalgardisten würden eingesetzt. Der Garde werde es erlaubt, ihre Arbeit ordnungsgemäß zu verrichten. “Wir werden das Militär einsetzen, wenn es notwendig ist”, fügte Trump hinzu.
Trump greift demokratisch dominierte Städte an
Der 1790 gegründete District of Columbia unterliegt dem sogenannten Home Rule Act. Das Gesetz räumt dem Kongress die oberste Aufsicht über den Regierungsbezirk ein, gestattet den Bürgern dort jedoch die Wahl eines Bürgermeisters und eines Stadtrats. Trump sagte vergangene Woche, seine Anwälte prüften, wie das Gesetz aufgehoben werden könne. Dazu müsste der Kongress es wahrscheinlich aufheben. Während in den 50 Bundesstaaten der Gouverneur die jeweilige Nationalgarde befehligt, hat der Präsident in D.C. umfassende Befugnisse.
Trumps Ankündigung ist sein jüngster Versuch, von Demokraten regierte Städte in den Griff zu nehmen, indem er die Exekutivgewalt über traditionell kommunale Angelegenheiten ausübt. Kritik, er wolle eine Krise herbeiführen, um die Ausweitung der präsidialen Macht zu rechtfertigen, weist er zurück.
Die demokratische Bürgermeisterin von Washington, Muriel Bowser, wies Trumps Erklärungen zurück und sagte, die Stadt erlebe “keinen Anstieg der Kriminalität”. Sie betonte, dass die Gewaltkriminalität im vergangenen Jahr ihren niedrigsten Stand seit mehr als drei Jahrzehnten erreicht habe. Nach Angaben der Polizeibehörde der Stadt sank die Gewaltkriminalität in den ersten sieben Monaten des Jahres 2025 um 26 Prozent, nachdem sie im Jahr 2024 bereits um 35 Prozent gesunken war. Die Gesamtkriminalität sank um sieben Prozent. Allerdings bleibt Waffengewalt ein Problem. Laut der Waffenkontrollorganisation Everytown for Gun Safety hatte Washington im Jahr 2023 die dritthöchste Mordrate durch Schusswaffen unter den US-Städten mit über 500.000 Einwohnern.
Auch der Staatsanwalt des Bundesbezirks, Brian Schwalb, zeigte kein Verständnis für Trumps Aktion. “Die Maßnahmen der Regierung sind beispiellos, unnötig und rechtswidrig”, schrieb er auf X. Es gebe keine Notlage aufgrund der Kriminalität.
Trump hingegen hat bereits die nächste Stadt im Visier, bei der er sich ein solches Manöver vorstellen kann. “Wenn es nötig ist, werden wir dasselbe in Chicago tun, das eine Katastrophe ist. Wir haben dort einen Bürgermeister, der völlig inkompetent ist”, sagte er bei der Pressekonferenz.
Nationalgarde auf Trumps Befehl nicht das erste Mal im Einsatz
Es ist nicht das erste Mal, dass Trump die Nationalgarde in einer Stadt einsetzt. Im Juni hatte der US-Präsident insgesamt 4.000 Soldaten der Nationalgarde und 700 Marineinfanteristen der regulären Streitkräfte im Raum Los Angeles eingesetzt. Die meisten davon sind mittlerweile zurückbeordert. Grund dafür waren massive Proteste gegen die Sicherheitskräfte der US-Einwanderungsbehörde ICE. Die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes wird derzeit vor Gericht ausgefochten.
Die Nationalgarde ist eine militärische Reserveeinheit und Teil der US-Streitkräfte. Üblicherweise haben die Bundesstaaten die Kontrolle über die Nationalgarde. In nationalen Notfällen kann der US-Präsident das Kommando übernehmen. Die Nationalgarde kann etwa bei Naturkatastrophen, Unruhen und Notfällen im Inneren eingesetzt werden. Insgesamt verfügen die USA früheren Angaben zufolge über mehr als 325.000 Nationalgardisten.
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