Von: mk
Bozen – Die Gleichstellungsrätin veröffentlicht alle zwei Jahren Daten zur Beschäftigungssituation von Frauen und Männern in Südtiroler Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie folgt damit den Bestimmungen des Artikels 46 des Gesetzesdekretes Nr. 198/2006 zur Chancengleichheit zwischen Mann und Frau. Die Unternehmen mussten der Gleichstellungrätin der Autonomen Provinz Bozen die Daten für den Zeitraum 2016/17 bis spätestens 30. April 2018 zustellen. Insgesamt haben 136 Südtiroler Unternehmen teilgenommen. Gleichstellungsrätin Michela Morandini hat das Arbeitsförderungsinstitut nun schon zum fünften Mal in Folge damit beauftragt, anhand der eingelangten Berichte den Stand der weiblichen Beschäftigung in den großen privaten Südtiroler Unternehmen zu untersuchen, insbesondere in Bezug auf Zusammensetzung der Belegschaft, Zu- und Abgänge, Berufsbilder, Vertragsformen, Entlohnung und Ausbildung.
Der Bericht zur Situation von Frauen in Südtiroler Mittel- und Großbetrieben der Privatwirtschaft wurde heute – im Beisein von Präsidialsekretärin Maria Elisabeth Rieder, Generalsekretär Florian Zelger und AFI-Präsidentin Christine Pichler – von Gleichstellungsrätin Morandini sowie den Autorinnen und AFI-Forscherinnen Silvia Vogliotti und Elisa Ganzer vorgestellt.
„Gleiche Chancen und gleiche Rechte – ein primäres Ziel der Politik in einer demokratischen Gesellschaft“, eröffnete Präsidialsekretärin Maria Elisabeth Rieder die heutige Pressekonferenz, „es ist daher kein Zufall, dass Institutionen, welche die Einhaltung dieses Prinzips überwachen, beim Landtag angesiedelt sind – wie etwa die Volksanwaltschaft, die Kinder- und Jugendanwaltschaft und auch die Gleichstellungrätin.“
„Seit nunmehr zehn Jahren wird die Situation von Frauen in Südtirols Großbetrieben erhoben. Fakt ist, dass, trotz zahlreicher Interventionen, keine wesentlichen Schritte in Richtung Gleichstellung am Arbeitsplatz gemacht wurden“, fasst Gleichstellungsrätin Morandini das Ergebnis des Berichts zusammen, „auch aus dieser Untersuchung wird ersichtlich, dass sich die vorherrschenden gesellschaftlichen Geschlechterrollen vorwiegend negativ auf Berufsbiografien von Frauen auswirken.“
„Bei einem Vergleich nach Arbeitsbedingungen und Vertragstypen ergibt sich ein Bild, das sich nicht wesentlich von denen der vorherigen Biennien unterscheidet“, urteilt AFI-Präsidentin Christine Pichler. Es bleibt die starke horizontale Segregation, denn in vielen Branchen, vor allem in „typisch männlichen“, ist die Frauenquote weiterhin niedrig. Auf dem Weg zur Führungsverantwortung stoßen Frauen nach wie vor an eine „gläserne Decke“, denn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf Frauen lastet weiterhin und fast ausschließlich auf den Frauen und bremst deren Beförderung – nur 7,9 Prozent der Führungskräfte sind Frauen.
„Beförderungen gehen überwiegend an Männer und nur zu 32 Prozent an Frauen“, bestätigt AFI-Vizedirektorin Silvia Vogliotti, „während befristete Arbeit vor allem weiblich ist: 26,8 Prozent der Frauen haben eine befristete Anstellung, aber nur 13,9 Prozent der Männer.“
Die Stabilisierung des Arbeitsverhältnisses betrifft ebenfalls mehr Männer (53,4 %) als Frauen (46,6 %), während letztere den Großteil der Teilzeitstellen innehaben (83,2 %). „Wenig geändert hat sich auch beim fakultativen Wartestand, der zu 80,3 Prozent von Frauen und zu 19,7 Prozent von Männern beansprucht wird“, berichtet AFI-Forscherin Elisa Ganzer, „Elternurlaub wird sogar zu 92,7 Prozent von Frauen in Anspruch genommen.“
Der Bericht zeigt auch auf, dass Ausbildungskurse zu 71,6 Prozent von Männern besucht werden. Schließlich zeigt sich auch der Gender Pay Gap wieder zu Ungunsten der Frauen, deren durchschnittliches Jahreseinkommen bei 20.888 Euro liegt, während die Männer im Schnitt 38.125 Euro verdienen. Auf allen Karrierestufen ist die Entlohnung von Frauen erheblich geringer als die von männlichen Beschäftigten.
„Wir werden diese Daten nutzen, um von der Politik und bei allen zuständigen Stellen geeignete Maßnahmen einzufordern“, kündigt Michela Morandini an und zeigt sich gleichzeitig auch optimistisch: „Ich glaube, dass es durch ein Beharren auf diese Ziele möglich sein wird, neue Arbeitsmodelle zu entwickeln. Wir werden immer wieder lästig sein.“