Kritik an Gesetzesvorschlag von Lega-Senator Simone Pillon

Unterberger: Gleichwertige Aufgabenteilung zwischen Eltern statt Sorgerechtsreform

Donnerstag, 11. April 2019 | 15:20 Uhr

Rom – Soll die paritätische Elternschaft für getrennte Eltern geschaffen werden, dann braucht es weder den Gesetzesvorschlag von Lega-Senator Simone Pillon noch das von Vertretern der Fünf-Sterne-Bewegung angesprochene weitere Reformgesetz. Vielmehr sind Maßnahmen für eine Gleichstellung der Geschlechter nötig. Dies betonte zumindest SVP-Senatorin Julia Unterberger gestern in der Justizkommission bei der Behandlung des Pillon-Entwurfes zur Neuregelung des Sorgerechtes für Kinder nach einer Trennung.

“Bei den meisten Paaren herrscht leider immer noch die traditionelle Rollenteilung”, erklärt Julia Unterberger, “die Frauen widmen sich den Kindern und dem Haushalt, während sich die Männer auf die Arbeit und die Karriere konzentrieren.” Deshalb seien die Richter auch nach der Novellierung des Familienrechtes im Jahre 2006 und der Einführung des gemeinsamen Sorgerechts nur in seltenen Fällen in der Lage, nach Trennungen eine gänzlich paritätische Unterbringung der Kinder zu verfügen: “Oft verlangen Väter auch gar keine gleichberechtigte Unterbringung der Kinder, weil eine solche mit ihren beruflichen Anforderungen nicht vereinbar ist.”

“Es braucht dringend Maßnahmen, damit Männer schon am Beginn einer Elternschaft einen Teil der Familienpflichten übernehmen und damit auch den Frauen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern”, meint Julia Unterberger. Der Regierungsvertrag zwischen Fünf-Sterne-Bewegung und Lega nehme diesbezüglich aber einzig und allein die Frauen in die Pflicht – und vergesse dabei die Männer.

Orientieren könne man sich laut Julia Unterberger an den skandinavischen Ländern: “Dort werden sowohl Mütter als auch Väter schon von Anfang an in die Lage versetzt, Familie und Beruf miteinander in Einklang zu bringen. Kommt es zu einer Trennung, dann haben beide Eltern die Zeit und auch das Geld, um ihre Kinder in gleichem Ausmaß zu betreuen.”

In Bezug auf die Situation in Italien sei es gar nicht möglich, von einem auf den anderen Tag die gewohnte Aufgabenteilung komplett umzukrempeln: Meist habe die Frau zugunsten des Partners auf ihre Karriere verzichtet und das Gericht sei mit völlig unterschiedlichen finanziellen Situationen konfrontiert, weiß Julia Unterberger. “Deshalb kann die Unterhaltszahlung für die Kinder von Seiten des finanziell besser gestellten Elternteiles nicht abgeschafft werden.” Der Gesetzesvorschlag wolle die Straftat der unterlassenen Unterhaltszahlungen abschaffen, gleichzeitig seien keine Strafen vorgesehen, wenn ein Vater die Kinder an seinen zwölf Tagen nicht betreut und damit auch keinen direkten Unterhalt leistet. Genauso nachteilig sei, dass die gemeinsam genutzte Wohnung im Trennungsfall nicht mehr den Kindern und dem Elternteil, der die Hauptbezugsperson für sie ist, zugewiesen werden soll.

Schlimm sei auch die verpflichtende Mediation vor einer Trennung. “In rund 20 Prozent der Trennungen ist Gewalt im Spiel. Da muss schnell eine Lösung herbeigeführt werden, um die Frauen zu schützen”, fordert Julia Unterberger. Der vorliegende Gesetzentwurf beinhalte jedoch keine Gewaltschutzmaßnahmen. “Im Gegenteil er beinhaltet Maßnahmen gegen diejenigen, die Gewalt zur Anzeige bringen.” Laut Vorschlag solle das Gericht gegen die Frau vorgehen, wenn die angezeigte Gewalt nicht nachweisbar sei oder sich als unwahr herausstelle. Wer solle dies aber zeitnah überprüfen? Die Folge sei, dass Frauen entmutigt würden eine Anzeige zu erstatten – dies in einem Land, in dem alle zwei Tage eine Frau umgebracht wird.

Die Hauptkritik am Gesetzesentwurf sei jedoch, dass er alle Fälle über einen Kamm scheren will. “Es kann nicht von oben herab eine allgemeingültige Regel festgelegt werden, die in allen Fällen richtig ist”, meint Julia Unterberger. Vielmehr müsse das Gericht die Möglichkeit haben jeden Fall einzeln zu bewerten. “Man kann nicht so einfach entscheiden, dass ein Kind zwölf Tage bei einem Elternteil und dann zwölf Tage beim anderen Elternteil leben soll, ohne die Gewohnheiten des Kindes zu berücksichtigen, womöglich noch in Situationen, in denen die Eltern in verschiedenen Städten leben.”

“Vielmehr muss jede Situation einzeln bewertet werden”, unterstreicht Julia Unterberger. Und vor allem müsse es Anreize geben, die eine paritätische Aufgabenteilung zwischen Mann und Frau bei bestehender Ehe fördern. “Nur so sei es auch, im Falle einer Trennung möglich, eine ausgeglichene Situation herzustellen, sei es in Bezug auf die finanziellen Verpflichtungen, als auch hinsichtlich der Zeit, welche jeder Elternteil mit dem Kind verbringt.”

Von: mk

Bezirk: Bozen