Ehepaar Van der Bellen besuchte auch Mandela-Haus in Soweto

Van der Bellen will stärkere Präsenz Österreichs in Afrika

Donnerstag, 03. Juli 2025 | 19:53 Uhr

Von: apa

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich für eine stärkere Präsenz Österreichs in Afrika ausgesprochen. Die Botschaft in Pretoria sei für zehn Länder zuständig, kritisierte Van der Bellen zum Abschluss seines ersten Besuchstags in Südafrika. “In Afrika bei diesen Entfernungen, wie soll das funktionieren? So geht das nicht. Du musst physisch präsent sein”, betonte der Bundespräsident. Er äußerte auch sein Bedauern, dass kein Minister ihn beim Staatsbesuch begleite.

Van der Bellen wird am morgigen Freitag von seinem südafrikanischen Amtskollegen Cyril Ramaphosa in Pretoria empfangen. Dabei werde nicht nur das Vier-Augen-Gespräch für internationale Verhältnisse mit 30 Minuten “relativ lang” sein, auch beim Delegationsgespräch werde die südafrikanische Regierung einige Minister aufbieten. “Es ist bedauerlich, dass alle unsere Minister aus irgendwelchen Gründen gerade unabkömmlich waren”, sagte Van der Bellen weiter.

Der Bundespräsident kritisierte allgemein die “Blindheit” der europäischen Staaten gegenüber Afrika. Man nehme die arabischen Länder oder auch die Sahelzone bei Putschversuchen wahr, “der Rest ist zufällig, was man gerade wahrnimmt”. Österreich habe auf dem Kontinent “den Vorteil und Nachteil”, dass es nie Kolonialmacht gewesen sei. Durch die Kolonialvergangenheit entstehen zwar automatisch Kontakte, doch zeige das Beispiel Frankreich, dass dies auch nach hinten losgehen könne. “Da hätten wir einen Pluspunkt als nichtkoloniales Land”, sagte er.

Besuch schon vor sieben Jahren vereinbart

Van der Bellen ist als erstes österreichisches Staatsoberhaupt überhaupt in Südafrika. Im Gespräch mit Journalisten berichtete er, dass er den Besuch schon vor sieben Jahren mit Ramaphosa am Rande der UNO-Generalversammlung vereinbart habe. Die Visite sei dann aber zwei Mal aufgrund der Pandemie verschoben worden. “Der erste Termin ist geplatzt wegen Corona hier, der zweite wegen Corona bei uns.”

Zum Auftakt seines Besuchs hatte Van der Bellen Südafrika als Hort der Stabilität auf dem Kontinent gelobt. “Die politische und wirtschaftliche Stabilität von Südafrika ist beeindruckend”, sagte Van der Bellen am Donnerstag in einem Gespräch mit einheimischen Experten zum Auftakt seines viertägigen Staatsbesuchs. Im Austausch mit zwei Wirtschaftsexperten und einer Spitzenjournalistin interessierte er sich insbesondere für Südafrikas G20-Präsidentschaft und die Beziehungen zu den USA.

Austausch mit Journalistin und Experten

Die stellvertretende Herausgeberin der Tageszeitung “Daily Maverick”, Ferial Haffajee, beklagte den wachsenden Einfluss von sozialen Medien auf die Politik. Insbesondere TikTok befeuere populistische Tendenzen. Die nach den Wahlen im Vorjahr gebildete Zehn-Parteien-Regierung wertete sie als segensreich für die südafrikanische Demokratie, auch wenn das Kabinett in kurzen Abständen von Krisen gebeutelt wird. “Aktuell haben wir gerade die zehnte Krise, und ich glaube nicht, dass die Regierung sie überstehen wird. Das habe ich aber bei den neun vorigen auch schon gesagt”, sagte sie zur Erheiterung der Zuhörer.

Koalitionsregierungen werden aber der Normalfall bleiben, weil der jahrzehntelang das politische Leben Südafrikas dominierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) seine absolute Mehrheit nicht mehr zurückgewinnen werde. Van der Bellen fühlte sich diesbezüglich an Österreich erinnert, wo SPÖ und ÖVP auch mehrere Jahrzehnte lang gemeinsam 90 bis 95 Prozent der Stimmen hatten und es nun nicht einmal mehr für eine gemeinsame Mehrheit reiche.

Sorge um Beziehungen zu den USA

Die Wirtschaftsexpertin Busiswe Mawuso zeigte sich besorgt über die schlechten Beziehungen mit den USA. Sollte US-Präsident Donald Trump tatsächlich hohe Zölle verhängen, “wird das eine wirtschaftliche Katastrophe” für Südafrika, dessen größter Absatzmarkt die USA sind. Die Gründe für die schlechteren Beziehungen seien insbesondere politische, etwa das Engagement Südafrikas für die Palästinenser, die Kontakte zum Iran oder die Mitarbeit in der BRICS-Gruppe mit Brasilien, Russland, Indien und China.

Ein positiveres Bild zeichnete der Investmentexperte Duncan Bonnet. Anders als die anderen afrikanischen Länder sei Südafrika nämlich nicht von ausländischen Investitionen abhängig. In den vergangenen Jahren habe es sich insbesondere im Bereich erneuerbare Energien etablieren können. “50 Prozent aller Erneuerbaren-Programme in Afrika befinden sich in Südafrika”, betonte er. Auch im Bereich der Finanztechnologie, etwa mobilen Bezahlsystemen, sei Südafrika zu einem weltweiten Exporteur geworden.

Erstes österreichisches Staatsoberhaupt in Südafrika

Van der Bellen ist das erste österreichische Staatsoberhaupt, das Südafrika besucht. Er war am Vormittag am Flughafen Johannesburg eingetroffen. Am Nachmittag besuchte er noch eine Recyclinganlage des Vorarlberger Familienunternehmens ALPLA bei Johannesburg, das Haus von Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela in Soweto und eine Kinder-Musikschule, die vom Auslandsösterreicher Robert Brooks gegründet wurde und ebenfalls im berühmten Township liegt.

Van der Bellen wird von seiner Ehefrau Doris Schmidauer und einer Wirtschafts- und Kulturdelegation begleitet, darunter WKÖ-Vizepräsidentin Martha Schulz und Belvedere-Direktorin Stella Rollig. Auch der Generalsekretär des Außenministeriums, Nikolaus Marschik, gehört der Delegation an. Nach dem Treffen mit Ramaphosa am Freitag ist auch die Unterzeichnung von zwei Absichtserklärungen zur konsularischen Zusammenarbeit und Lehrlingsausbildung geplant. Auch an einem Wirtschaftsforum will Van der Bellen teilnehmen. Am Samstag und Sonntag wird sich die österreichische Delegation in Kapstadt aufhalten.

Der Bundespräsident zeigte sich beeindruckt von der Alpla-Fabrik und würdigte sie als “schönes Beispiel, was man da alles erreichen kann mit ein paar schönen Ideen, wenn man entsprechend investiert”. Mit Blick auf die Kinder-Musikschule betonte der Wirtschaftsprofessor, dass man dazu neige, “die Bedeutung von Kunst und Kultur zu unterschätzen”. Er zog diesbezüglich einen Vergleich zu Japan, wo Wien und Salzburg als Musikhauptstädte gelten. “Das ist die Eintrittskarte, der Rest entwickelt sich dann”, spielte Van der Bellen aus sich daraus ergebende wirtschaftliche Möglichkeiten an.

Wichtigster Wirtschaftspartner in Afrika

Südafrika ist schon jetzt der wichtigste Wirtschaftspartner Österreichs auf dem Kontinent, fast ein Drittel des gesamten Handelsvolumens mit Afrika entfällt auf das Land. Dieses spielt auch weltpolitisch eine wichtige Rolle, hat es doch den Vorsitz in der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) inne. Aufgrund seiner historisch guten Kontakte zu Russland beteiligt es sich auch an den Vermittlungsaktivitäten im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Internationale Beachtung findet auch das Engagement des Landes für die Palästinenser, das mit der im Kampf gegen das Apartheidregime erfahrenen weltweiten Solidarität begründet wird.

Südafrika will Österreich auch bei der Stärkung seiner Beziehungen zu anderen afrikanischen Staaten unterstützen. “Wir haben Österreich angeboten, uns bei der Afrika-Strategie einzubringen”, sagte der südafrikanische Botschafter in Österreich, Rapulane Molekane, im APA-Interview. Besonderes Interesse zeigte er an der österreichischen Lehrlingsausbildung, mit der die Industrialisierung Südafrikas unterstützt werden soll. Auch der österreichischen Kandidatur für einen nicht-ständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat ist man in Pretoria – ungeachtet der großen Meinungsverschiedenheiten im Nahost-Konflikt – durchaus zugetan.

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