Von: mk
Bozen – Die Landesregierung hat dem Landtag ein Sammelgesetz vorgelegt, mit dem zahlreiche bestehende Landesgesetze angepasst werden. Der Landtag hat das Omnibus-Gesetz am 3. Juli genehmigt. Damit gibt es wichtige Neuerungen für verschiedene Bereiche, die auf Vorschlag der Landesregierungsmitglieder eingeführt wurden.
Weniger Bürokratie, mehr lokale Produkte, mehr Möglichkeiten für Gemeinden
Mit dem neuen Sammelgesetz nimmt die Landesregierung vor allem wichtige Vereinfachungen vor. Unter anderen wirkt sich das für öffentliche Körperschaften wie Gemeinden aus. Artikel 1 sieht neue, automatisierte Abrechnungsmodalitäten mit den Gemeinden vor. “Es soll also weniger Anträge und viel mehr automatische Zuweisungen geben, denn es handelt sich um öffentliche Gebietskörperschaften und wir bauen damit Bürokratie ab”, erklärte Landeshauptmann Arno Kompatscher.
Auch die Vertretung in Kollegialorganen wird in Artikel 2 klarer geregelt. Neu ist laut Kompatscher, dass bei Abwesenheit eines effektiven Mitglieds künftig auch eine Vertretung durch eine Person eines anderen Geschlechts möglich ist. Zudem wird sichergestellt, dass auch die politische Minderheit im Bezirksrat vertreten ist.
Mit Artikel 3 wird eine wichtige Forderung des Rates der Gemeinden umgesetzt: Gemeinden können künftig Unternehmen finanziell unterstützen, deren Tätigkeit von besonderem öffentlichem Interesse ist – unabhängig davon, ob sich das Unternehmen in einem strukturschwachen Gebiet befindet oder nicht. “Den Gemeinden steht es frei, diese Regelung zu nutzen. Sie kann ein wertvolles Instrument sein, um die lokale Wirtschaft zu stärken”, sagt Kompatscher. Die Zuschüsse belaufen sich laut Landeshauptmann zwischen 5000 und 10.000 Euro, immer im Rahmen der EU-Vorgaben.
Eine Erleichterung zum Ankauf heimischer landwirtschaftlicher Produkte enthält der Artikel 32. Demnach können öffentliche Einrichtungen künftig direkt landwirtschaftliche Erzeugnisse oder lokal hergestellte Produkte ohne öffentliche Auftragsverfahren ankaufen, und zwar bis zu 20.000 Euro pro Unternehmen. “Kindergärten, Schulen oder Mensen können beispielsweise direkt ab Hof einkaufen und müssen also keine komplizierte Vergabeprozedur mehr durchführen”, erklärt Kompatscher.
Kostenlose Verhütungsmittel auf Verschreibung
Neu ist, dass die kostenlose Bereitstellung von Verhütungsmitteln in Artikel 44 im Sammelgesetz als Grundsatzbestimmung festgeschrieben wird. Auf ärztliche Verschreibung können Männern und Frauen künftig Verhütungsmittel kostenlos bereitgestellt werden.
Bezahlt werden die Verhütungsmittel in diesen Fällen vom Landesgesundheitsdienst. Die konkrete Umsetzung, etwa wer anspruchsberechtigt ist, wie die Verschreibung abläuft und welche Produkte verschrieben werden können, wird in einem zweiten Schritt durch einen Beschluss der Landesregierung geregelt.
“Wir wollen vor allem jungen Menschen den Zugang zu Verhütung erleichtern, und zwar als Beitrag zur Selbstbestimmung, zur Gesundheitsvorsorge und zur Prävention ungewollter Schwangerschaften und Geschlechtskrankheiten”, betont Gesundheitslandesrat Hubert Messner. Dafür sind laut Artikel 44 im Sammelgesetz ab 2025 zunächst 669.800 Euro vorgesehen, in den Folgejahren je 869.800 Euro.
WOBI bekommt mehr Spielraum bei Vermögensverwaltung
Im Bereich des öffentlichen Wohnbaus wird im Artikel 36 des Sammelgesetzes dem Institut für den sozialen Wohnbau WOBI künftig mehr Flexibilität bei der Verwaltung seines Vermögens eingeräumt.
“Dazu gehören etwa die Möglichkeit zur Übertragung von Immobilien an das Land oder deren Einbringung in vom Land Südtirol kontrollierte Entwicklungsfonds wie Euregio Plus sowie eine engere Zusammenarbeit mit den Gemeinden”, sagt Wohnbaulandesrätin Ulli Mair.
Landessportbeirat gestärkt und breiter aufgestellt
Mit dem Artikel 9 wird der Landessportbeirat künftig um zusätzliche Mitglieder erweitert, darunter eine feste Vertretung des Schulsports sowie Vertreterinnen und Vertreter von Sportfachverbänden, Gemeindenverband und Südtiroler Sporthilfe. Zudem wird erstmals auch ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis bei der Zusammensetzung festgelegt. “Wir schaffen ein zeitgemäßes und vielfältiges Gremium, das den Sport in all seinen gesellschaftlichen Dimensionen besser abbildet und stärken damit die Qualität der sportpolitischen Beratung im Land”, erklärt der Landesrat für Sport Peter Brunner.
Obergrenze für Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst entfällt
Mit der Änder Art. 1-bis im Omnibus-Gesetz werden Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst vereinfacht. “Grundsätzlich wollen wir die Nebentätigkeit als zusätzliche Verdienstmöglichkeit für alle Bediensteten erleichtern, sofern sie keine Interessenskonflikte verursacht und die Arbeit in der öffentlichen Verwaltung nicht beeinträchtigt”, erläutert Personallandesrätin Magdalena Amhof. Die finanzielle Obergrenze entfällt, während potenzielle Interessenskonflikte und zeitlicher Aufwand stärker berücksichtigt werden, um die dienstliche Tätigkeit nicht zu beeinträchtigen. Besondere Regelungen gelten für das Landeslehr- und Kindergartenpersonal, Teilzeitbedienstete sowie bei der Ausübung von landwirtschaftlichen Tätigkeiten.
Mehr Sicherheit für die Bürger bei Enteignungen
Mit Änderungen am Landesgesetz (Artikel 31) über Enteignungen wird der Schutz des Privateigentums durch eine größere rechtliche Klarheit gestärkt. Es werden keine völlig neuen Grundsätze eingeführt, aber es wird die gefestigte Rechtsprechung übernommen und das Verfahren konkreter, um den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern mehr Sicherheit zu geben. Zudem wird eine präzisere und transparentere Methode eingeführt, die den Wert der zu enteignenden Güter ermittelt. Auch eine verpflichtende Bezugnahme auf die jährlichen Schätzungen des Landesamtes für Schätzung muss enthalten sein.
Mit einer Ergänzung des Landesgesetzes über das Vermögen (Artikel 25-bis) passt sich das Land an staatliche Vorgaben an und führt die Pflicht ein, Vermögensdaten öffentlicher Körperschaften über eine eigene digitale Plattform zu übermitteln.
“Diese Maßnahmen sind ein Schritt hin zu einer transparenteren und effizienteren öffentlichen Verwaltung, die den Bürgerinnen und Bürgern mehr Sicherheit bietet und die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen stärkt”, erklärt Landesrat für Hochbau, Valorisierung des Vermögens, Grundbuch und Kataster Christian Bianchi.
Erleichterungen für Unternehmen
Vereinfachungen bringt auch Artikel 33, der das Landesgesetz zur Förderung der Wirtschaft abändert. Zwei neue Bestimmungen sollen lokale Unternehmen gezielt entlasten. Eine Neuerung betrifft die Gewährung von Förderungen für Betriebsausgaben und den Erwerb von Dienstleistungen. Diese werden künftig im Rahmen der De-minimis-Regelung möglich. Mit der Änderung wird es allgemein möglich, Betriebskosten im Rahmen der EU-Beihilfevorschriften förderfähig zu machen. “Das ist ein sinnvoller Schritt, um Fördermodelle besser an die aktuellen Organisations- und Geschäftsformen der Unternehmen anzupassen”, erklärt Wirtschaftslandesrat Marco Galateo. “Man denke etwa an den Softwarebereich, wo es längst üblich ist, Programme über regelmäßige Abos statt durch den einmaligen Kauf von Lizenzen zu nutzen. Bei der Digitalisierungsförderung wird es dank dieser Bestimmung künftig auch möglich sein, z.B. die Kosten für Social-Media-Manager zu fördern”, sagt Galateo.
Die zweite Neuerung betrifft die Möglichkeit, künftig auch Veranstaltungen von Unternehmen zu finanzieren, selbst wenn diese teilweise einen wirtschaftlichen Rückfluss erzielen. “Ein Beispiel sind Events mit Vorträgen und Workshops, bei denen Ausstellungsflächen verkauft werden. Mit dieser Bestimmung schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass auch Initiativen von Unternehmen förderfähig sind – sofern sie im allgemeinen Interesse liegen und eine Vielzahl von Akteuren ansprechen”, erklärt Galateo.
Holzbaufonds wird ausgeweitet und mehr Förderung für touristisch schwach entwickelte Gebiete
Der Anwendungsbereich des Holzbaufonds wird mit dem neuen Sammelgesetz ausgeweitet, erstens auf Vorhaben zur Wiedergewinnung oder Neubau in Holz von Mietwohnungen, die unter die Wohnbauförderung fallen (jetzt bereits: Errichtung von Gebäuden und Bauwerken mit öffentlicher Nutzung). Zweitens können künftig neben den öffentlichen Gebietskörperschaften wie Gemeinden, Bezirksgemeinschaften etc. auch Organisationen ohne Gewinnabsicht ansuchen, wie Stiftungen oder kirchliche Körperschaften.
Die Bauvorhaben müssen ausschließlich oder vorwiegend mit zertifiziertem Holz verwirklicht werden, das aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern im Umkreis von 200 Kilometern stammt, bisher waren es 500 Kilometer. “Ziel des Holzbaufonds ist es, die Verwendung des einheimischen Holzes als Baustoff zu fördern und einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz durch die Förderung der Holzbauweise zu leisten”, sagt Landesrat Luis Walcher.
Zudem gibt es auch den Ende vergangenen Jahres eingeführten Waldfonds, in den Private für die Umsetzung von Projekten zur Bewusstseinsbildung zur Bedeutung des Waldes einzahlen. Holzbaufonds und Waldfonds sind zwei wichtige Instrumente zur Förderung der Forstwirtschaft und der Holzwirtschaft.
“Im Bereich Tourismus haben wir uns zum Ziel gesetzt, die touristische Entwicklung der Tourismusorganisationen in der Aufteilung der Landesmittel künftig zu berücksichtigen”, unterstreicht Landesrat Luis Walcher: “Es wird folglich ein neues Kriterium eingeführt, und zwar der touristische Entwicklungsstand des Einzugsgebietes der Tourismusorganisation. Damit werden schwach entwickelte Gebiete, die nicht auf hohe Einnahmen aus der Ortstaxe zurückgreifen können, künftig stärker unterstützt. Die Landesregierung wird hierzu anschließend an die Verabschiedung der Gesetzesänderung die Beitragsrichtlinien abändern.”
Mit diesem Schritt unterstreicht die Landesregierung ihr Ziel, eine ausgewogene Tourismusentwicklung in allen Landesteilen zu fördern und benachteiligten Gebieten bessere Entwicklungsperspektiven zu eröffnen.
Vereinfachungen für Vereine und Organisatoren
Eine wichtige Vereinfachung beinhaltet das Sammelgesetz im Artikel 6 auch für Vereine und andere Organisatoren öffentlicher, kultureller Vorführungen wie Theater, Musik oder Film. “War bisher eine Bewilligung dafür notwendig, reicht künftig unter bestimmten Voraussetzungen eine sogenannte zertifizierte Meldung des Tätigkeitsbeginns ZeMeT. Diese muss mindestens fünf Tage vor der Veranstaltung bei der zuständigen Gemeinde eingereicht werden”, führt Ehrenamtslandesrätin Rosmarie Pamer aus. Nicht wettbewerbsorientierte Sportveranstaltungen unterliegen ebenfalls nur noch einer einfachen Mitteilung, die 60 Tage vor der Veranstaltung an die betroffenen Gemeinden, das Regierungskommissariat und zur Kenntnis an den Landeshauptmann zu senden ist.
“Die Neuregelung vereinfacht das Prozedere und reduziert den Aufwand für die Veranstalter”, unterstreicht Pamer und hebt hervor, dass die Veranstalter nach wie vor Verantwortung tragen und die Sicherheitsauflagen von der neuen Regelung unangetastet bleiben. “Allerdings wird durch die Neuregelung die Planbarkeit für die veranstaltenden Vereine verbessert.”
Nach der Verabschiedung des Sammelgesetzes steht die Behandlung des neuen Landesgesetzes zum Ehrenamt auf der Tagesordnung des Südtiroler Landtages. “Ein äußerst wichtiger Schritt für die Vereine und andere Freiwilligenorganisationen im Land. Ziel des Gesetzes ist es, die gemeinnützigen Organisationen – also Vereine und Stiftungen ohne Gewinnabsicht – im Land zu unterstützen und zu stärken”, betont Landesrätin Pamer.
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