Transit verlagert sich nicht von selbst auf die Schiene

Wipptaler informieren sich beim Logistik-Dialog in der Schweiz

Donnerstag, 22. November 2018 | 17:23 Uhr

Wipptal/Altdorf – Eine Delegation aus dem Wipptal besuchte im Rahmen einer Lehrfahrt des Interreg-Rates Wipptal Mitte Oktober den Logistik-Dialog in Altdorf im Kanton Uri in der Schweiz. Ziel war es, das im Rahmen der Bürgermeisterkonferenz im Juni gemeinsam definierte Schwerpunktthema „Mobilität & Transit“ im Wipptal zu vertiefen und von den Erfahrungen der Schweiz mit dem Gotthard-Basistunnel zu lernen.

Bereits im Rahmen der grenzüberschreitenden Bürgermeisterkonferenz im Juni diesen Jahres haben sich die Bürgermeister des Nordtiroler und Südtiroler Wipptales dazu entschieden, gemeinsam die politischen Weichen zur verstärkten Zusammenarbeit für ein lebenswertes Wipptal mit geringerer Verkehrsbelastung zu stellen und gemeinsame Konzepte und Aktionen in diesem Bereich zu entwickeln. Parallel dazu wurde auch das Thema eines integrierten Verkehrsplanes über die Grenze hinweg besprochen, um auch der lokalen Bevölkerung aber auch allen Nord- und Südtirolern die Möglichkeit zu geben, das Wipptal aber auch die Landeshauptstädte Innsbruck und Bozen ohne eigenem PKW bis in die Nacht hinein zu erreichen. Ein erster konkreter Schritt folgte Mitte Oktober im Rahmen einer Lehrfahrt des Interreg-Rates zum diesjährigen Logistik-Dialog in Altdorf, im Kanton Uri in der Schweiz. Die Tagung zum Thema „Die Zukunft des Gütertransports in den Alpen: lokal, national und international“ wurde von der AlpenInitiative Schweiz organisiert, die sich den Schutz der Alpen vor Verkehr zum Ziel gesetzt hat. Vonseiten des Nord- und Südtiroler Wipptales haben Alfons Rastner, Obmann des Planungsverbandes Wipptal, Bürgermeister Fritz Karl Messner als Mitglied des Interreg-Rates sowie Carmen Turin, Mika Vrancic und Joachim Hofmann als Vertreter des CLLD-Managements Wipptal teilgenommen.

Bereits mit dem Bau des Gotthard-Basistunnels haben sich die Schweizer das Ziel gesetzt, den kombinierten Transitverkehr mit Schiene und Straße verstärkt auszubauen und zu verbessern. So ganz will das aber auch den Schweizern nicht gelingen. „Wir sind gerade mal bei 60% der Auslastung des Gotthard-Basistunnels angelangt und die Tendenz des Gütertransportes auf der Schiene ist schon wieder rückläufig!“, so Jon Pult, Präsident der Alpen-Initiative. Es fehle vielfach der Wille sowie die Innovationsbereitschaft im Logistik-Bereich um neue Wege einzuschlagen. Durch das stetige Wirtschaftswachstum und das Konsumverhalten ist dagegen zu erwarten, dass die Logistik und der Verkehr ständig steigen.

Die Schweizer haben sich im Rahmen eines Bürgerentscheides und in Abstimmung mit der EU dafür ausgesprochen, dass bis 2018 nicht mehr als 650.000 LKW die Schweizer Alpen überqueren dürfen. Deshalb sieht die Verfassung des Landes eine entsprechende Verlagerung des Transitgüterverkehrs von der Straße auf die Schiene vor. Dies war eine zentrale Bedingung der Schweizer für den Bau des Gotthard-Basis-Tunnels. Auch in diesem Jahr kann dieses Ziel wahrscheinlich nicht erreicht werden. 2017 zählte die Schweiz 948.000 Lastwagen auf der Straße. Für 2018 werden ähnliche Zahlen erwartet. „Wenn es den Schweizern nicht gelingt, den Transitverkehr mit ihren 16 Schwerverkehrskontrollzentren von der Straße auf die Schiene zu bekommen, dann kann man sich vorstellen, welcher Verkehrsdruck auf der Brenner-Achse lastet. Alleine und geschweige denn von alleine geht da gar nichts!“, so Alfons Rastner, Obmann des Planungsverbandes Wipptal.

Die Schweiz durchqueren jährlich eine knappe Million LKW. Im Gegensatz dazu sind es aktuell rund 2,5 Millionen LKW über den Brenner. Es wurde berichtet, dass weiterhin mit einer Zunahme des Güterverkehrs gerechnet werden muss, was auch durch verschiedene Prognosen belegt wird. Umso wichtiger ist es deshalb, proaktiv an einer Verlagerunspolitik von der Straße auf die Schiene zu arbeiten.

Es gibt aber auch positive Beispiele und auch vonseiten der Wirtschaft und des Handels klare Bekenntnisse dazu, dass es auch anders geht. Die COOP, eine der größten Supermarktketten der Schweiz zeigt, dass Innovation in Logistik und Warentransport sehr wohl möglich sind, indem 1.200 Verkaufsstellen (900 Supermärkte und 300 Tankstellen) über die Kombination Schiene und E-LKWs beliefert werden. Zusätzlich beziehen sie den Sprit über Treibstoffe aus biogenen Abfällen. Ziel von COOP ist es die CO² Neutralität bis 2023 zu erreichen. Ein klares Bekenntnis für die Schiene und den Klimaschutz.

Nach verschiedenen Fachreferaten vonseiten der Initiatoren der Tagung, wurden im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und den Initiatoren der Tagung das „Thema Verkehr und Logistik“ aus verschiedenen Gesichtspunkten beleuchtet. Dabei wurde von mehreren Podiumsteilnehmern bestätigt, dass nur durch Zusammenkommen und durch Abbauen von Grenzen in den Köpfen ein Vorwärtskommen im Bereich von Transport und Logistik erreicht werden kann, dies sei aber derzeit eher im Rückwärtsgang. „Es ist für uns Gemeinden entlang der Brennerachse sehr wichtig, dass wir uns mit anderen, ebenso vom Transitverkehr belasteten Gemeinden zusammentun und gemeinsam an einer alpenweiten Lösung arbeiten. Von daher war es sehr wichtig, dass uns die Lehrfahrt erstmals die Möglichkeit geboten hat, uns mit anderen in dieser Thematik zu vernetzen“, meint Fritz Karl Messner, Bürgermeister der Stadtgemeinde Sterzing. Auch die stellvertretende Landeshauptfrau von Tirol, Ingrid Felipe teilt diese Meinung und fordert ein gemeinsames Vorgehen, um die Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Es dürfe nämlich nicht geschehen, dass die Verkehrspolitik einer Alpenregion auf Kosten einer anderen Region geht.

Von: mk

Bezirk: Wipptal