Für viele ist Bonazzas Verhalten „inakzeptabel“

Wutausbruch im Gemeinderat und Neonazi-Treffen: Aufruhr um CasaPound

Donnerstag, 13. Februar 2020 | 11:28 Uhr

Bozen – Bei einer Diskussion über das Foibe-Massaker im Bozner Gemeinderat hat sich Andrea Bonazza zu wüsten Beschimpfungen hinreißen lassen. Neben der verbalen Attacke droht dem Gruppensprecher von CasaPound allerdings auch Ärger von anderer Seite, berichtet die Tageszeitung Alto Adige. Weil die sogenannten „Faschisten des dritten Jahrtausends“ an einem Neonazi-Treffen in Budapest teilgenommen haben sollen, droht die Partisanenvereinigung Anpi mit einer Anzeige.

In einer gemeinsamen Pressemitteilung fordern linke Bewegungen und Vereine – unter anderem SOS Bozen, Linx, „Omas gegen Rechts“, „Bozen solidale“ und die Grünen – die sofortige Schließung sämtlicher Treffpunkte und Versammlungsräume, die in Zusammenhang mit faschistischen Vereinigungen stehen.

Zielscheibe von Bonazzas Ausbruch im Gemeinderat waren Bürgermeister Renzo Caramaschi und Stadträtin Maria Laura Lorenzini.

Ausgangspunkt war der Einwand von Stadtrat Giovanni Benussi. Bozens Ex-Bürgermeister kritisierte, wie der „Tag der Erinnerung“ am Montag organisiert worden war, um an die Opfer des Foibe-Massakers zu gedenken. Im und nach dem Zweiten Weltkrieg hatten jugoslawische Partisanen aus Rache Verbrechen an der italienischen Bevölkerung verübt – hauptsächlich in Julisch Venetien, in den istrischen und dalmatinischen Küstengebieten. Die Opfer wurden dabei in Karsthöhlen geworfen, die sogenannten Foiben, oftmals bei lebendigem Leibe. Betroffen waren neben Italienern slawische Nichtkommunisten, die von den neuen Machthabern als mögliche Gefahr angesehen wurden.

Laut Benussi habe man jenen, die das Ausmaß des Massakers bis vor Kurzem noch geleugnet hätten, zu viel Platz eingeräumt. So weit so gut. Doch dann eskalierte die Situation. Bonazza schrie den Bürgermeister an: „Ich schäme mich für Sie!“ Die Gemeinderatsmitgliedes Mittelinks-Lagers bezeichnete er als „ekelerregend“, während er zur Stadträtin Maria Laura Lorenzini lediglich meinte: „Sei still!“

Caterina Pifano von der gemischten Fraktion stand auf und verließ vorzeitig den Saal. So eine Sprache sei „inakzeptabel“, erklärt sie entrüstet gegenüber dem Alto Adige. Stadtrat Juri Andriollo spricht hingegen von einem „unwürdigen Schauspiel voller Anschuldigungen und Beleidigungen“. „Für das, was passiert ist, muss man sich schämen. Gewalt – auch wenn sie nur verbaler Natur ist – zeugt immer nur Hass“, bedauert Caramaschi.

Bonazza selbst verteidigt sein Verhalten. „Ich musste intervenieren, nachdem ich das Gelächter der Linken und Grünen gesehen habe, während Benussi von der Tragödie der Foibe erzählt hat. Ich konnte meine Wut jenen gegenüber nicht zurückhalten, die Tausende von ‚unbequemen‘ Italienern beleidigen, die von Titos kommunistischen Partisanen massakriert wurden“, meinte Bonazza.

Ironischerweise war er selbst am Gedenktag in Bozen gar nicht anwesend. Vielmehr sind Fotos einer Wiener Presseagentur aufgetaucht, die Bonazza neben einem Kreuz mit einem Nazi-Helm zeigen. Offenbar haben Mitglieder von CasaPound an einem Treffen von Rechtsextremen in Budapest teilgenommen. Während man in ganz Europa an die Opfer des Holocausts erinnerte, versammelten sich am 8. Februar in Budapest mehrere 1.000 Personen, um die Kollaboration des ungarischen Heeres mit den Nazis im Kampf gegen die Rote Armee zu feiern.

Nach dem Vorfall im Gemeinderat und wegen Bonazzas Teilnahme an dem Treffen kündigt der Bozner Vorsitzende der Partisanenvereinigung Anpi, Guido Margheri, gleich mehrere Anzeigen an. PD-Sekretär Alessandro Huber spricht von einer „Beleidigung der demokratischen Tradition“, während Chiara Rubini erklärt, dass es „keinen Platz“ für ein Gemeinderatsmitglied geben dürfe, das bei einem Neonazi-Treffen in Ungarn der getötete SS-Soldaten gedenkt.

Bonazza meint darauf nur, dass er die Opfer beider Seiten würdige. Er sei auch in Syrien gewesen. „In Budapest habe ich der unzähligen toten jungen Menschen gedacht, die gestorben sind, um sich vor der russischen Invasion zu verteidigen“, erklärte er. Das Foto spricht eher eine andere Sprache.

Von: mk

Bezirk: Bozen