Von: Ivd
Bozen/Brixen – Zwei Monate nach dem Fall Don Giorgio Carli steckt die Diözese Bozen-Brixen in einer tiefen Vertrauenskrise. Nun hat Bischof Ivo Muser auf die vernichtende Kritik des Münchner Rechtsanwalts Ulrich Wastl reagiert und schwere Fehler eingeräumt. „Wir bekennen unsere Schuld in der Wir-Form. Es war keine böse Absicht, aber es war ein Versagen“, erklärte Muser in seinem Schlusswort zur Fachtagung am Freitag.
Wastl hatte der Diözese ein „systemisches Gesamtversagen“ vorgeworfen und betont, nur ein klares Schuldbekenntnis könne verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. „Das ist die letzte Chance“, warnte der Anwalt, der bereits im Januar das Missbrauchsgutachten vorgestellt hatte.
Besonders erschreckend: Vor der Entscheidung, Don Carli von Sterzing nach Innichen zu versetzen, wurde kein einziger Betroffener angehört. Der Priester war in der Vergangenheit wegen sexuellen Missbrauchs einer Jugendlichen angeklagt worden. Die Versetzung musste nach massiven Protesten zurückgenommen werden – doch der Schaden war angerichtet.
Konsequenzen nach „Verantwortungsdiffusion“
Muser räumte „Verantwortungsdiffusion“ ein und kündigte drei konkrete Konsequenzen an: Die dauerhafte Einbindung der Betroffenen in Entscheidungsprozesse, eine organisatorische Neuordnung des Bereichs Aufarbeitung und Prävention unter klar definierten Zuständigkeiten sowie eine lückenlose Dokumentation aller relevanten Entscheidungen. Zusätzlich soll eine unabhängige Interventionsstelle als Kontroll- und Vertrauensinstanz geschaffen werden.
„Wir müssen hinhören, fragen und unsere Entscheidungen danach abwägen, wie sie auf Menschen wirken, die schweres Leid erlitten haben“, betonte der Bischof. Den Verdacht einer Vertuschung wies er entschieden zurück: „Es geht überhaupt nicht darum, etwas zu verdrängen oder zu vertuschen.“
Wastl fordert nun eine transparente und zielstrebige Aufarbeitung, um wenigstens ein bisschen Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Muser versprach: „Wir wollen den Betroffenen gerecht werden und alles tun, um künftige Betroffene zu schützen.“ Ein fehlerfreies Handeln könne er jedoch nicht versprechen, „aber ich bin überzeugt von diesem Projekt. Ich möchte unbedingt, dass es weitergeht“, so der Bischof abschließend.




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