Von: bba
Brixen – Wie gestaltete sich die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg und die Pariser Friedensverträge in der Zwischenkriegszeit? Und welche Bedeutung kam dieser Erinnerung für die Prägung eines spezifischen Kriegsbildes in den Nachfolgestaaten der 1918 zusammengebrochenen Habsburgermonarchie zu? Diese Fragen diskutieren 24 Historikerinnen und Historiker aus 13 verschiedenen Staaten im Rahmen einer internationalen Tagung, die am 7. und 8. November 2019 vom Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte der Freien Universität Bozen an der Bildungswissenschaftlichen Fakultät in Brixen organisiert wird.
Die zahlreichen Publikationen, die anlässlich der Erinnerungsjahre 2014/18 erschienen sind, verfestigten das Bild des Ersten Weltkrieges als eine der prägendsten Zäsuren des 20. Jahrhunderts. Das Kriegsgeschehen, die bis dahin nicht gekannte Gewalteskalation und materielle Nöte erschütterten die europäischen Gesellschaften ebenso tiefgreifend wie die politischen, teils revolutionären Umwälzungen durch den Zerfall der multiethnischen Imperien und der ihnen folgende Aufstieg des nationalstaatlichen Prinzips. Alle diese Ereignisse bedurften sowohl auf kollektiver wie auch individueller Ebene des Versuchs einer sinnstiftenden Verarbeitung. Letztere fand ihren Ausdruck nicht zuletzt in den unterschiedlichen Narrativen der Kriegserinnerung in der Zwischenkriegszeit. Dieser Erinnerungs- und Verarbeitungsprozess bildete auch die Basis für Interpretationen des Krieges, die sich zu durchaus unterschiedlichen Deutungsstereotypen verfestigten, deren Wirkmächtigkeit vielfach die Zäsur von 1945 weit überdauerte. Verschiedene Aspekte und Akteure der Kriegserinnerung waren bereits Gegenstand von Untersuchungen, eine systematische und vergleichende Zusammenschau unter Berücksichtigung unterschiedlicher sozialer, ethnischer, religiöser und politischer Gruppen oder geschlechtsspezifischer Fragestellungen ist bislang für den Raum Zentraleuropa jedoch noch nicht erfolgt.
Die Tagung „Erinnerungsbilder und Gedächtniskonstruktionen. Das Erbe des Ersten Weltkriegs in Zentraleuropa (1918–1939)“ möchte daher den Fokus auf unterschiedliche Ebenen der Kriegserinnerung in Zentraleuropa legen. Hierbei geht es primär um den Raum der ehemaligen Habsburgermonarchie sowie ihrer Nachfolgestaaten. Im Sinne einer vergleichenden Perspektive werden aber auch andere europäische Regionen in den Blick genommen. Im Mittelpunkt steht die Frage danach, wie sich die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg und die Pariser Friedensverträge in der Zwischenkriegszeit herausgebildet hat. Ziel ist es, Ähnlichkeiten ebenso wie Unterschiede in den lokalen, regionalen und nationalen Ausformungen der Kriegserinnerung nach 1918 in Zentraleuropa herauszuarbeiten.
Die Tagung ist eine gemeinsame Veranstaltung des Kompetenzzentrums für Regionalgeschichte der Freien Universität Bozen, des Centrums für jüdische Studien der Karl-Franzens-Universität Graz sowie des Instituts für Geschichte der Universität Wien.
Termin: 7.–8.11.2019, Fakultät für Bildungswissenschaften, Regensburger Allee 16, Brixen (Hörsaal A1.50).
Internationale Tagung: Erinnerungsbilder und Gedächtniskonstruktionen. Das Erbe des Ersten Weltkriegs in Zentraleuropa (1918-1939) – Images of Remembrance and the Construction of Memories. The Legacy of the First World War in Central Europe (1918-1939)
Die Tagung ist öffentlich und ohne Anmeldung zugänglich. Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch mit Simultanübersetzung.