Spanischer Regisseur holt in Venedig den Goldenen Löwen

Goldener Löwe in Venedig für Almodóvars “The Room Next Door”

Samstag, 07. September 2024 | 21:58 Uhr

Von: APA/dpa/AFP

Der spanische Kult-Regisseur Pedro Almodóvar hat für sein Beziehungsdrama “The Room Next Door” den Goldenen Löwen des Filmfestivals in Venedig erhalten. Der 74-Jährige nahm den Hauptpreis des renommierten Festivals am Lido am Samstagabend entgegen. “The Room Next Door” ist der erste auf Englisch gedrehte Film des Spaniers. Die australische Schauspielerin Nicole Kidman gewann den Preis für die beste Schauspielerin, bester Schauspieler wurde der Franzose Vincent Lindon

Das Drama “The Room Next Door” erzählt von zwei Freundinnen, die sich mit dem Sterben auseinandersetzen müssen. Tilda Swinton verkörpert eine Frau mit Krebs im Endstadium, die eine alte Freundin (Julianne Moore) um einen komplizierten Gefallen bittet. Sie möchte im Moment ihres selbst gewählten Todes nicht allein sein. Der Film basiert auf dem Roman “Was fehlt dir” von Sigrid Nunez.

Almodóvar ist der international bekannteste Regisseur Spaniens. Sein Film “Alles über meine Mutter” gewann 2000 einen Oscar. Einen weiteren Oscar erhielt der 74-Jährige im Jahr 2003 für “Sprich mit ihr”. Über seinen Film sagte das frühere Enfant terrible des spanischen Films: “Das ist mein erster Film auf Englisch, aber sein Geist ist spanisch.”

Der spanische Regisseur nutzte seine Auszeichnung für ein Plädoyer für das Recht auf Sterbehilfe, um die es in dem prämierten Film geht. “Ich glaube, dieser Welt richtig und würdig Lebewohl zu sagen, ist ein Grundrecht jedes Menschen”, sagte er. Dieses Recht sollten Religionen nicht beschneiden. Die Menschen müssten frei sein “zu sterben, wenn ihnen ihr Leben unerträglich wird”, sagte der Regisseur.

In “Babygirl” spielt Kidman (57) eine Frau, die lange unterdrückte sexuelle Wünsche auslebt. Das Erotikdrama der niederländischen Regisseurin Halina Reijn erzählt auf innovative Weise von weiblicher Lust. Kidman verkörpert eine Geschäftsfrau, die eine Affäre mit einem deutlich jüngeren Praktikanten (Harris Dickinson) anfängt.

Die 57-Jährige konnte den Preis allerdings nicht selbst entgegennehmen. In ihrem Namen las die Regisseurin Halina Reijn eine Mitteilung vor: “Heute kam ich in Venedig an, um kurz darauf zu erfahren, dass meine schöne, tapfere Mutter Janelle Ann gestorben ist. Ich stehe unter Schock und muss zu meiner Familie, aber dieser Preis ist für sie. Sie hat mich geformt, sie hat mich geführt und sie hat mich gemacht. Ich bin unendlich dankbar, dass ich ihren Namen durch Halina an euch alle weitergeben darf.” Ihr Herz sei gebrochen, teilte Kidman mit.

Den Preis als bester Hauptdarsteller bekam der französische Schauspieler Vincent Lindon für seine Rolle in “Jouer avec le feu” (“The Quiet Son”). In dem Film des Regie-Duos Delphine und Muriel Coulin spielt er einen alleinerziehenden Vater, der seinen Sohn vor dem Einfluss einer rechtsextremen Gruppe bewahren will. Es ist Lindons erste Auszeichnung beim Filmfestival von Venedig in seiner vier Jahrzehnte währenden Karriere.

Der Große-Jurypreis-Gewinner “Vermiglio” erzählt vom Leben einer Familie in einem italienischen Bergdorf während des Zweiten Weltkriegs. Als ein Deserteur auftaucht, gerät die Dynamik der Geschwister durcheinander. Der Film fokussiert sich vor allem auf die weiblichen Figuren und ihr vom Katholizismus und patriarchalen Strukturen geprägtes Leben.

Den Silbernen Löwen für die beste Regie gewann der US-Amerikaner Brady Corbet für “The Brutalist”. Das Historiendrama erzählt von einem jüdischen Architekten, der nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA ein neues Leben beginnen will. Hauptdarsteller des dreieinhalbstündigen Epos ist Adrien Brody.

Murilo Hauser und Heitor Lorega gewannen für “Ainda estou aqui” (internationaler Titel: “I’m Still Here”) die Auszeichnung für das beste Drehbuch. Das Drama erzählt von einer Familie, die die grausamen Auswirkungen der brasilianischen Militärdiktatur in den 1970er Jahren miterlebt.

Einen Spezialpreis der Jury erhielt die georgische Filmemacherin Dea Kulumbegashvili für “April”. Das Drama handelt von einer Frauenärztin, die im ländlichen Georgien illegal Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Die 1986 geborene Kulumbegashvili verwendet in ihrem Film lange Einstellungen und kombiniert dokumentarisch anmutende Szenen mit Traum-Sequenzen.

Die Auszeichnungen wurden von einer internationalen Jury verliehen. Ihre Vorsitzende war die französische Schauspielerin Isabelle Huppert. Die 81. Filmfestspiele Venedig, die am 28. August begonnen hatten, zählen neben den Filmfestspielen in Cannes und der Berlinale zu den drei bedeutendsten der Welt. Im diesjährigen Wettbewerb hatten 21 Werke um die Preise konkurriert.