Von: apa
Die “Pension Schöller” bürgt bereits seit 135 Jahren für Lacher. Ab 17. Juni sollen neue hinzukommen. Verantwortlich dafür sind aber nicht mehr Wilhelm Jacoby und Carl Laufs, die Autoren des Lustspiel-Klassikers, in dem normale Pensionsgäste als Insassen einer Nervenklinik vorgeführt werden, sondern Rudi Schöller. Der Kabarettist schickt einen Spin-off seines seit 2021 bestehenden Comedy-Podcast in die Dienstagnacht von ORF 1. Zehn Folgen sind abgedreht.
Die Räume, in denen Rudi Schöller den Empfangschef gibt, sind in die Jahre gekommen: Möbel in schwerem Kaukasisch-Nuss-Holz, Wände mit Blümchentapeten und an der improvisierten Rezeption ein Tastentelefon aus Bakelit. Der Retro-Charme, der die Location umweht und alle Wes Anderson Fans glücklich machen wird, sei quasi original, und das offizielle Narrativ, er habe die Wohnung von seiner Tante Anni geerbt, “stimmt fast”, beteuert er im APA-Interview. Tatsächlich habe sein Freund und Produzent die Wohnung in Wien-Währing geerbt und als Zeitkapsel bewahrt. “Wir haben nichts geändert!”
Mit dem Vormärz zur Bekanntheit
Dem aus Steyr stammenden Gastgeber sieht man nicht an, dass er kürzlich seinen 50er gefeiert hat. Er hat sich viel von der bubenhaften Ausstrahlung, mit der er sich 1997 als Student gemeinsam mit seinem Bruder Karli mit dem Programm “warten” als Kabarett-Nachwuchsstars positionierte und mit bloß einer Viertelstunde Programm den “Grazer Kleinkunstvogel” eroberte, bewahrt. Die beiden Brüder, die einst gemeinsam eine Schulband gründeten, haben freilich seither unterschiedliche Berufswege eingeschlagen.
Während Karli der Kleinkunst den Rücken kehrte und den Familienbetrieb (Mischfutterproduktion und Agrarhandel) übernahm, checkte Rudi im Skript-Departement von FM4 ein und war später an der Entwicklung der ORF-Sendung “Wir sind Kaiser” beteiligt. “Ich hatte die Idee für die Figur des stummen Dieners Vormärz – nichts ahnend, dass das auf Jahre hinaus mein Schicksal bestimmen würde.” Dem Vormärz verdankt er seine Bekanntheit – und den Schmäh von jenen, die daraufhin mit ihm ins Gespräch kamen (“Oh, Du kannst ja auch reden!”), kann er nicht mehr hören.
Fan der Stand-up-Comedy
Heute ist er nicht mehr sicher, ob es trotz der “sehr spannenden Zeit” tatsächlich die richtige Entscheidung war. “Wenn ich den Fokus mehr auf eigene Programme gelegt hätte, wäre vielleicht mehr gegangen.” Mit “Vormärz spricht” folgte 2018 wieder ein eigenes Kabarettprogramm, der Nachfolger “Es gibt nur einen Rudi Schöller” wurde 2020 gleich ein Opfer der Corona-Lockdowns. “In der Zeit habe ich viel nachdenken können und bin zum Schluss gekommen: Ich will wieder mehr auf die Bühne. Ich habe mich dann viel mit der US-amerikanischen Stand-up-Comedy auseinandergesetzt und gesehen, dass viele von denen, die ich bewunderte, ihre eigenen Podcasts hatten. Bei uns war der Podcast-Boom erst im Entstehen. Als ich die ‘Pension Schöller’ aufgesperrt habe, war ich ganz vorne mit dabei.”
Den erfolgreichen Formaten der Vorbilder folgend, wurden andere Kollegen als Pensionsgäste zum Talk eingeladen. Die “Pension Schöller” boomte, die Gästeliste umfasst bis heute rund 70 Namen. Und auch jene zehn, die er ab 17. Juni jeweils dienstags um 22 Uhr auf ORF 1 (und bereits 24 Stunden vorher auf ORF ON) begrüßt, waren allesamt schon in seinem Podcast zu Gast. “Alle, die ich angerufen habe, haben zugesagt. Das macht mich schon ein wenig stolz”, sagt er. Den Auftakt machen Manuel Rubey und Simon Schwarz (17. Juni).
Traumhafte Gespräche
Schon am 24. Juni folgt Josef Hader, der einst, so geht die Fama, die Schöllerbacher-Buben beim allerersten Kabarettbesuch ihres Lebens davon überzeugte: “So etwas wollen wir einmal auch machen …” – “Der Dreh war für uns alle etwas Besonderes”, sagt Rudi Schöller. “Josef Hader ist ja für mich und alle anderen Kabarettisten das, was für die Musiker die Beatles sind. ‘Im Keller’ ist quasi ‘Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band’ und ‘Privat’ das ‘White Album'”. Bis 26. August checken im Wochentakt weitere Kolleginnen und Kollegen ein: Katharina Straßer, Christoph Fritz, Gery Seidl, Andreas Vitásek, Lydia Prenner-Kasper, Viktor Gernot, Malarina und Thomas Stipsits.
Bei diesen Besuchen gibt es nicht nur rustikales Ambiente und frugales Frühstück (Kaffee oder Tee, Semmeln und Marmelade, Eckerlkäse und Wurst), sondern auch besonders zugewandte Betreuung durch den Gastgeber. Rudi Schöller erweist sich nicht nur als einfühlsamer Gesprächspartner mit therapeutischer Nebenwirkung, sondern erscheint den Gästen auch im Traum. Das erklärt auch die Wahl des neben dem Freud-Museum gelegenen Café Göttlich & Freud in Wien-Alsergrund als Interviewort, bei dem der Schöpfer der Traumdeutung seinem jungen Kollegen beim Gespräch buchstäblich über die Schulter schaut.
Wäre es nicht interessanter, statt eines abermaligen “Kabarettisten interviewen Kabarettisten”-Formats andere, branchenfremde Prominente mit ihren Träumen zu konfrontieren? Diese Frage trifft einen wunden Punkt. Davon träume er tatsächlich, schmunzelt Rudi Schöller. Und wenn die erste Staffel Erfolg habe, sei es nicht unwahrscheinlich, dass sich dieser Traum realisieren lasse …
(Das Gespräch führte Wolfgang Huber-Lang/APA)
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