Von: APA/dpa
“Aber den Tod kann man nicht ewig austricksen”, schreibt Ozzy Osbourne in seinen Memoiren “Last Rites”. “Er weiß genau, wann dein letztes Stündlein geschlagen hat. Und irgendwann wird er kommen, um dich zu holen.” Seine Antwort darauf: “Ich habe ihm gesagt, er soll sich verpissen. Ich habe zu tun.” Der Tod hat dann doch nicht auf ihn gehört. Am 22. Juli starb die Metal-Ikone, “Last Rites” (letzte Ölung) ist nun posthum erschienen.
Osbourne rollt die letzten Jahre seines prall gefüllten Lebens auf und bettet dazwischen Erinnerungen an seine wichtigen Karriereabschnitte ein. “Wenn eine Katze neun Leben hat, dann habe ich mindestens 33”, schreibt Ozzy mit Co-Autor Chris Ayres. “Last Rites” widmet sich dem verzweifelten und von gesundheitlichen Rückschlägen geprägten Kampf des alt gewordenen Rockstars, seine Abschiedstournee “No More Tours II” abschließen zu können. “Vielleicht war ich einfach nicht mehr fit genug für dieses Leben”, schreibt er. “Ein Dominoeffekt. Eins kam zum anderen und zum nächsten.”
Genickbruch, Parkinson, Lungenentzündungen
Die Memoiren enden mit seiner großen Dankbarkeit dafür, es trotz Genickbruchs, Parkinson-Erkrankung und ständigen Lungenentzündungen wenigstens für einen allerletzten Auftritt in seiner Heimatstadt Birmingham noch einmal auf die Bühne geschafft zu haben. “Als ich bei Back to the Beginning (dem Abschiedsfestival, Anm.) auf diesem Thron saß, fühlte ich mich wie zu Hause, ich hatte meinen Frieden.”
Davor erzählt Osbourne von seinem nicht nur an Exzessen reichen Leben, von Begegnungen und tiefen Freundschaften mit Rockstar-Kollegen wie Slash und vor allem Lemmy von Motörhead, ausgiebig über den schmerzlichen Rausschmiss von Black Sabbath Anfang der 80er-Jahre (“weil ich zu abgefucked war, wie sie sagten”) und über seine Solokarriere sowie Wiedervereinigungen mit Sabbath und über die MTV-Serie “Die Osbournes”.
Berührende Worte findet er für den bei einem Flugzeugabsturz jung verstorbenen Gitarristen Randy Rhoads: Ohne ihn seien die ersten Soloalben nicht möglich gewesen. “Er war ein Geschenk Gottes.” Amüsant lesen sich seine Anekdoten aus dem Tourleben – wie etwa Gene Simmons von Kiss dem Sabbath-Bassisten Geezer Butler einen Schrecken einjagte.
Black Sabbath “falsch verstanden”
Raum nehmen auch Ozzys Erinnerungen an die Rückkehr mit Black Sabbaths in Studio für eine letzte gemeinsame Platte (“13” von 2013) ein. Produzent Rick Rubin habe der Band permanent eingetrichtert, nichts Fröhliches zu schreiben. “Das ging mir ein bisschen auf die Nerven. Es erinnerte mich an die Zeit, als die Leute Black Sabbath falsch verstanden hatten und dachten, wie seien eine Art Halloween-Band.” Fans bekommen über das Buch verstreut auch persönliche Backstageeinblicke in die Produktion von Osbournes Soloalbum geboten.
Sucht nach Alkohol, Drogen, Sex und Yorkshire Tee
Ozzy berichtet auch von seiner Anfälligkeit für Süchte aller Art – von den ganz harten Drogen über Sex bis hin zu einem so übermäßigen Eisgenuss, dass der zu Prädiabetes führte: “Nachdem ich clean geworden war, suchte ich mir harmlose Dinge, nach denen ich süchtig werden konnte”, erzählt er mit seinem Co-Autor. “Yorkshire Tee. Bücher mit Wortsuchrätseln. Englische Süßigkeiten. Sportgeräte.” Wenn aber “der Begriff ‘Mäßigung’ in deinem Wortschatz fehlt, ist nichts wirklich harmlos.”
Seine Abstürze beschreibt der Mann, der auch berühmt wurde, weil er einer Fledermaus und einer Taube den Kopf abgebissen hat, so: “Ich bin durch Dächer gefallen. Von Dächern gestürzt. In meinem Range Rover mit vollgepissten Jeans und Eiszapfen an der Nase aufgewacht.”
“Sharon ist die Liebe meines Lebens”
Die rund 350 Seiten sind geprägt von der Verwunderung, überhaupt so alt geworden zu sein, von der Liebe zur Bühne, zu seinen Kollegen, zur Musik, zu seiner Familie und vor allem zu seiner Frau Sharon, der er immer wieder rührende Liebeserklärungen macht voller Dankbarkeit dafür, dass sie ihn ein halbes Jahrhundert lang durch sein Leben trug: “Sharon ist die Liebe meines Lebens. Sie ist mein Herz und meine Seele. Sie hat mich gerettet. Ohne sie wäre ich ganz sicher nicht mehr am Leben.”
Es ist ein Fazit, ein Abschiedsbuch: “Ich werde oft gefragt, ob ich mein Leben noch mal genauso leben würde. Ob ich etwas anders machen würde, wenn ich könnte. Auf keinen verdammten Fall, sage ich dann immer. Wäre ich clean und nüchtern geblieben, wäre ich nicht Ozzy. Hätte ich normale, vernünftige Entscheidungen getroffen, wäre ich nicht Ozzy.”
(S E R V I C E – Ozzy Osbourne: “Last Rites”, übersetzt von Henning Dedekind, Heike Maillard und Violeta Topalova, Heyne Verlag, 352 Seiten, 25,50 Euro)
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