Holpriger Anfang, doch nun ist es schon lange ein Megaevent

Vom Senfbrot-Start zur Super-Sause: 40 Jahre Donauinselfest

Freitag, 16. Juni 2023 | 11:52 Uhr

Vier Jahrzehnte ist es inzwischen her, dass die Wiener SPÖ reif für die Insel war. Das von den Stadt-Roten organisierte Donauinselfest feiert mit der heurigen Ausgabe von 23. bis 25. Juni seine 40. Ausgabe. Was als halbimprovisierte Sause mit drei Bühnen und selbst geschmierten Broten begann, hat sich im Lauf der Jahrzehnte zum größten Freiluftevent Europas mit aktuell 700 Stunden Programm gemausert. Eines ist aber gleich geblieben: Der Eintritt war stets frei.

Am Beginn der Eiland-Party stand das “Kulturelle Frühlingsfest”, das 1983 als eine Art Vorläufer über die Bühne ging. Initiiert wurde es von SPÖ-Urgestein Harry Kopietz, der damals noch als junger Bezirksrat in Floridsdorf wirkte und von da an fast ein Vierteljahrhundert Mr. Donauinsel blieb. Statt der prognostizierten 15.000 Besucherinnen und Besucher strömten damals 160.000 Gäste auf die erst teilfertige Donauinsel und feierten zu Auftritten von Minisex, Tom Pettings Hertzattacken oder Heli Deinboek.

In Sachen Versorgung war man von dem großen wie unerwarteten Ansturm latent überfordert. “Wir sind mit zwei Dutzend Autos in ganz Wien herumgefahren, haben Würstelstände leer gekauft, haben die Feuerwachen leer gemacht mit den Restbeständen an Essen und Trinken und haben am Schluss nur mehr Senfbrote verkauft”, erinnerte sich Kopietz – der zum 20er des Donauinselfests das inzwischen vergriffene Buch “Vergiss Woodstock!” herausgegeben hat – in einem Interview mit der “Wiener Zeitung”. Auch in Sachen Sponsoren fragte man anfangs eher “Greißler und Fleischhacker” als Großunternehmen um Geld.

1984 fand dann das erste reguläre Donauinselfest statt. In den Folgejahren wurde das Open-Air-Event größer und professioneller, das Lineup internationaler. Die Palette der Stars reichte von Kim Wilde über die Beach Boys, vom Retortenduo Milli Vanilli bis zu Joe Cocker, von Milow bis Mando Diao, von Wanda bis Jan Delay.

Durchaus Legendenstatus hat der Auftritt von Falco 1993, als bei strömendem Regen ein Blitzeinschlag die Bühnentechnik kurzfristig außer Gefecht setzte und der Falke trotz lebensbedrohlicher Umstände weiter konzertierte. Mit mehr als 200.000 Fans sorgte zwei Jahre später die Kelly Family für das bisher größte Popkonzert des Landes, der vierstündige Auftritt von Udo Jürgens 1992 lockte ähnlich viel Publikum vor die Bühne. Für einen der ebenso meistbesuchten und wohl auch berührendsten Gigs der Inselgeschichte sorgte 2007 Rainhard Fendrich, der zwei Tage nach dem Tod von Georg Danzer ein Gedenkkonzert für seinen Freund spielte.

Fixer Bestandteil des Open-Air-Wochenendes war jahrelang ein großes Feuerwerk. Darauf wird seit eineinhalb Jahrzehnten allerdings wegen Sicherheitsbedenken verzichtet. Und auch die Bühnenvielfalt ist in den vergangenen Jahren wieder etwas kleiner geworden. Bespielten einige Zeit lang Ö3, Radio Wien und FM4 drei Tage lang jeweils eigene Standorte, teilen sich die drei Radiosender inzwischen die Hauptbühne und kuratieren jeweils einen der drei Tage für ihr Publikum. Dafür gibt es inzwischen mehr Nachmittagsprogramm – von Fun und Sport bis Kinderunterhaltung.

Damit wollen die Organisatoren die Besucherströme etwas entzerren. Denn es kann vor allem am Abend schon einmal eng werden auf dem viereinhalb Kilometer langen Gelände zwischen Nord- und Reichsbrücke. Hunderttausende pro Tag strömen im Normalfall zum Event. Den bisherigen Rekord erreichte man bei der 32. Ausgabe 2015 mit 3,3 Millionen Gästen, insgesamt wurden seit der Premiere rund 60 Mio. Insulaner gezählt.

In die Millionen geht seit geraumer Zeit auch das jährliche Budget, das zu einem nicht unwesentlichen Teil von der Stadt kommt. Allein für die heurige Jubiläumsausgabe steuert das Rathaus rund 2 Mio. Euro bei und kommt damit für gut ein Drittel der Gesamtkosten auf. Diese Freigiebigkeit sorgte schon einmal für kritische Töne seitens des Rechnungshofs.

Auch andere Zahlen können sich sehen lassen: Laut Organisatoren wurden seit Anbeginn des Festes geschätzte 7,5 Mio. Paar Würstel, 1,8 Mio. Portionen Pommes, 15 Mio. Liter Softdrinks und 10 Mio. Krügerl Bier verkauft sowie 125 Tonnen Eiswürfel in diverse Getränke gemischt.

Gänzlich gecancelt musste das Donauinselfest in seiner 40-jährigen Geschichte übrigens noch nie werden, obwohl die Rahmenbedingungen teils alles andere als gemütlich waren. Ein Kälteeinbruch 1987 bescherte der Sause gerade einmal elf Grad, 2009 suchten starke Regenfälle samt überschwemmten Treppelwegen und Verschlammungen das Areal heim. Ein Jahr davor nahm die Fußball-Europameisterschaft mit Wien als einem der Austragungsorte die ganze Stadt in Beschlag, weshalb man das Fest in den Herbst verschob. Auf September-Termine setzten die Veranstalter auch in den ersten beiden Corona-Jahren, wobei 2020 wegen der strikten Pandemieauflagen lediglich eine extrem abgespeckte Version des Festes stattfand, bei der nur ganz wenige Gäste mit Sitz- und Abstandspflicht erlaubt waren und die daher vorrangig fürs Fernsehen abgehalten wurde. Ein Jahr später setzte man auf ein Ticketsystem, um die Besucherströme zu regulieren. Seit dem Vorjahr herrscht auf der Insel wieder Normalität – falls man von einer solchen angesichts drei Tage Ausnahmezustand überhaupt sprechen kann.

(S E R V I C E – www.donauinselfest.at)

Von: apa