Vom Herzschrittmacher zur Herzkapsel

Kleinster Herzschrittmacher der Welt im Bozner Spital eingesetzt

Mittwoch, 24. August 2016 | 15:38 Uhr

Bozen – Es handelt sich dabei um eine völlig neue Technologie, zu dessen Einführung ausgewählte Exzellenzzentren in Italien, darunter auch die Kardiologie Bozen, einbezogen wurden.

Nicht viel größer als eine Pille, mit nur einem Zehntel der Größe eines herkömmlichen Schrittmachers, gleicht das “Micra™ Transcatheter Pacing System” der amerikanischen Firma Medtronic wirklich einer “Herzkapsel”, die im Inneren der Herzkammern eingepflanzt wird: es wiegt zwei Gramm, ist nicht länger als zwei cm und hat eine Batteriedauer, die 14 Jahre erreichen kann.

Der erste Eingriff in Bozen wurde von Dr. Felix Pescoller durchgeführt, Arzt an der seit Jahren von Dr. Rainer Oberhollenzer geleiteten Abteilung für Kardiologie am Zentralkrankenhaus in Bozen. “Die große Neuheit besteht einerseits in den extrem kleinen Dimensionen des neues Apparats, zum anderen in der revolutionären Implantationsmethode”, erklärt Dr. Pescoller. “Micra wird über die Femoralvene direkt in die rechte Herzkammer eingeführt und dort verankert. Micra ist in der Lage, durch elektrische Impulse eine zu langsame Herzfrequenz zu stabilisieren. Trotz der kleinen Dimensionen ist der Schrittmacher voll funktionsfähig und es können von außen Informationen über Herzrhythmus und Schrittmacherfunktion abgefragt werden.

Dr. Werner Rauhe, Leiter der Equipe für Elektrophysiologie, unterstreicht die große Neuerung, die mit dieser Technologie einhergeht: “Bisher war eine Schrittmacherimplantation mit der Schaffung einer subkutanen Tasche verbunden, in die der Schrittmacher eingelegt wurde, der über Kabel mit dem Herzen verbunden wird. Dieser neue Schrittmacher braucht keine chirurgischen Schnitte in die Haut und keine Kabel in den Blutgefäßen, welche anfällig für Infektionen sind.”

Die klinische Wirksamkeit des neuen Systems wurde kürzlich durch eine Studie, in der weltweit führenden medizinischen Zeitschrift, dem New England Journal of Medicine, nachgewiesen, bei der die Daten der ersten 720 Eingriffe weltweit untersucht wurden.

Der geschäftsführende Direktor der Kardiologie in Bozen, Dr. Rainer Oberhollenzer, führt aus, dass die elektrische Stimulation des Herzen ohne Kabel einen neuen Meilenstein darstellt: “Es hat in den letzten Jahrzehnten zwar kontinuierliche Weiterentwicklungen der Herzschrittmachersysteme gegeben, die Idee, das Herz von innen ganz ohne elektrische Kabel zu stimulieren, war bis vor kurzem undenkbar. Ich bin froh, dass die Kardiologie Bozen bei dieser Entwicklung von Anfang an dabei sein kann. Die Technologie hat das Potenzial, die mit einem Schrittmachereingriff verbundenen Komplikationen zu halbieren und die Infektionsgefahr durch die Elektrokatheter zu eliminieren. Wie bei jeder neuen Technologie ist es entscheidend, dass der Arzt eine korrekte Auswahl der Patienten trifft und diese neue Technologie den Patienten vorbehalten wird, die effektiv einen großen gesundheitlichen Nutzen daraus ziehen können”.

Von: luk

Bezirk: Bozen