Gründung einer Initiativgruppe für Seltene Krankheiten

Raus aus dem Schattendasein

Dienstag, 28. Februar 2017 | 08:15 Uhr

Bozen – Der letzte Tag im Februar ist der „Internationale Tag der Seltenen Erkrankungen“. Aber nicht nur am 28. Februar wollen Betroffene auf ihre besonderen Probleme aufmerksam machen. Im März gründet der Dachverband eine übergreifende Initiativgruppe. Dachverband, Patientenorganisationen und Selbsthilfegruppen als Brückenbauer.

Allein in Südtirol leben laut „Landesregister der Seltenen Krankheiten“ 2.700 Menschen mit einer der etwa 8.000 weltweit bekannten Seltenen Erkrankungen, die zumeist chronisch und oft lebensverkürzend sind. Betroffene haben mit vielen Einschränkungen und Belastungen zu kämpfen: verlässliche Informationen sind rar, es gibt kaum Therapien oder Medikamente, der Weg zur Diagnose ist für viele eine Odyssee. „Anrecht auf eine spezielle Ticketbefreiung haben aktuell nur Personen mit einer der circa 3.000 vom Staat anerkannten seltenen Erkrankungen“, erklärt etwa Francesco Benedicenti, Verantwortlicher des Landeskoordinierungszentrums der seltenen Krankheiten. „Die gute Nachricht ist, dass nun die Regierung Gentiloni ein Dekret zu den Grundleistungen (LEA) erlassen hat, das die Liste der anerkannten seltenen Krankheiten deutlich ausweitet. Schon bald sollte also eine Ticketbefreiung für fast alle seltenen Krankheiten möglich sein.“

„Zwar leiden die Betroffenen unter verschiedensten Krankheiten, es gibt jedoch bestimmt gemeinsame Anliegen. Diese wollen wir besser als bisher sammeln und dann bei den zuständigen Behörden und Diensten deponieren und uns dafür einsetzen“, sagt Martin Telser, Präsident des Dachverbandes für Soziales und Gesundheit. Der Dachverband für Soziales und Gesundheit will nun eine Initiativgruppe für Seltene Erkrankungen gründen. Anfang März ist ein erstes Treffen aller bisher bekannten Südtiroler Selbsthilfegruppen oder Patientenvereinigungen geplant.

Den Teilnehmern soll über die Initiativgruppe die Möglichkeit zum Austausch von Informationen und Erfahrungen geboten werden. Und es ist eine Gelegenheit zum gemeinsamen Kennenlernen. Gerade das Bedürfnis nach Austausch mit Gleichbetroffenen ist bei Menschen mit Seltenen Erkrankungen sogar oft noch größer als bei Betroffenen ‚gängiger‘ Erkrankungen: die Unsicherheiten, die eine solche Krankheit allgemein mit sich bringt, sind größer – da will man sich austauschen, Nähe finden zu Menschen, denen es genauso geht, die aber oftmals weit entfernt wohnen.

„Immer wieder kommen Menschen zu uns, deren Erkrankung so selten ist, dass der Aufbau einer Gruppe örtlich nicht leicht gelingt. Und so nutzen wir alle Netzwerke regional und sogar europaweit, um Betroffenen die Möglichkeit zum Austausch zu geben. Im Kern geht es um die Chance, sich als „normal“ unter Gleichen zu erleben – nicht als Exot, der bis zur Diagnosestellung die Erfahrung gemacht hat, dass die Symptome nicht richtig erkannt, die Erkrankung nicht richtig therapiert, manchmal noch nicht einmal als Krankheit ernst genommen wurde“, sagt Telser.

Wer Gleichbetroffene sucht, kann sich an den Dachverband wenden. Die dortige Dienststelle für Selbsthilfegruppen unterstützt und koordiniert die bestehenden Gruppen, und ist auch Anlaufstelle, wenn jemand Gleichbetroffene sucht bzw. eine Gruppe gründen möchte. Im Dachverband gibt es zudem eine eigene Dienststelle für Patientenorganisationen, wo jene Begleitung geboten wird, die über die eigentliche Selbsthilfearbeit hinausreicht.

Von: mk

Bezirk: Bozen